Heather Allan lebt und arbeitet auf dem Gelände der Wiesenburg. Die renommierte britische Bildhauerin organisiert gerade in Kooperation mit der Humboldthain-Grundschule ein Skulpturenprojekt mit 12-jährigen Mädchen und Jungen. Sie sucht noch eine alte Trompete, weil ihre neuesten Figuren alle Instrumente tragen. Heather Allan ist eine der Bewohnerinnen eines urbanen Paradieses, das vor gut zwei Wochen noch als akut gefährdet galt. Und es in seiner heutigen Anmutung auch immer noch ist. Wenn sich jetzt dennoch ein leiser Hoffnungsschimmer am Horizont abzeichnet, dass das alternative Wohn- und Kulturgelände zwischen Ringbahn, Panke und Wiesenstraße eine Zukunft hat, dann liegt das nicht etwa am neuen Eigentümer, der Wohungsbaugesellschaft Degewo, sondern am kollektiven Aufschrei der dort lebenden und arbeitenden Menschen. Die waren einigermaßen entsetzt, als sie aufgefordert wurden, binnen 14 Tagen große Teile des Geländes zu räumen. Und auch die unangekündigt anmarschierenden Räumungskräfte, die das Gelände wie im Handstreich besetzten, Gebäude markierten und Bäume fällten, trugen nicht gerade dazu bei, Vertrauen in die Absichten der Degewo aufzubauen. Die sieht das natürlich komplett anders. Offenbar aufgeschreckt vom großen Medienecho, wurde am 4. April eine Pressemitteilung veröffentlicht, in der sich die Wohnungsbaugesellschaft als Retter der historischen Wiesenburg feiert. Zur Erinnerung: 1896 bebaute der Berliner Asyl-Verein für Obdachlose das Gelände, dessen Räumlichkeiten bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges wohnungslose Männer und Frauen beherbergte und bis 1933 als jüdisches Heim diente. Im Zweiten Weltkrieg wurden die Gebäude teilweise schwer beschädigt. Ein paar engagierten Menschen um die Verwalterfamilie Dumkow ist es zu verdanken, dass das Gelände beräumt, Ruinen gesichert und sich hier heute zahlreiche Künstler mit ihren Ateliers eingerichtet haben. Nun habe, so Degewo-Sprecher Lutz Ackermann, ein baustatisches Gutachten ergeben, dass Teile der Wiesenburg vom Einsturz bedroht seien. Um die Sicherheit von Bewohnern und Besuchern zu gewährleisten, würden einzelne Grundstücksflächen abgesperrt.
Für die Wiesenburgler gibt es noch eine gute Nachricht, wie von Cordula Fay zu erfahren war. Die Referentin für Quartiersentwicklung bekräftigte den Willen ihrer Firma, „Bewohner und Nutzer bei der weiteren Entwicklung“ mit einbeziehen zu wollen. „Das Land Berlin hat die Wiesenburg an uns übertragen, damit wir diesen besonderen bewahren und für nachbarschaftliche und soziale Aktivitäten im Quartier öffnen“, ließ sich Cordula Fay vernehmen. Ganz so, als ob sich die Wiesenburg seit Jahren vom benachbarten Kiez abgeschottet hätte. Nicht nur Heather Allen kann da ganz andere Geschichten erzählen …
Autor: Ulf Teichert
Dieser Artikel erschien bei unserem Kooperationspartner Berliner Abendblatt, Ausgabe Wedding
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