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Wo Männer noch weinen dürfen:
“Curry und Chili”: Bereit für den schärfsten Imbiss?

Es gibt mehr Schärfegrade, als man vermuten würde. Und dieser Imbiss auf der Mittelpromenade bereitet sie euch alle zu.
10. April 2019
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Foto: Samu­el Orsenne

Der Imbiss Cur­ry & Chi­li in der Oslo­er Straße/Ecke Prin­zen­al­lee ver­kauft eine Cur­ry­wurst, die selbst gestan­de­nen Män­nern die Trä­nen in die Augen treibt. Beim Wett­es­sen qua­li­fi­zie­ren sie sich für den „schärfs­ten Club der Welt“. Ein Bei­trag über den schärfs­ten Imbiss der Stadt.

Es ist Welt­frau­en­tag – und ich bin dort, wo Män­ner noch wei­nen dür­fen. Die­se Erlaub­nis steht in gro­ßen Let­tern auf dem Dach der Imbiss­bu­de in der Oslo­er Stra­ße. Män­ner­trä­nen sind hier defi­ni­tiv schon geflos­sen: Denn das „Cur­ry & Chi­li“ ver­kauft die schärfs­te Cur­ry­wurst Ber­lins. Die ist mit einer Sau­ce gar­niert, die auf der soge­nann­ten Sco­ville-Ska­la den Wert 7 777.777 erreicht. (Zum Ver­gleich: Tabas­co­sauce erreicht maxi­mal 5.000, han­dels­üb­li­ches Pfef­fer­spray gera­de ein­mal zwei Mil­lio­nen Sco­ville.) Wie die Ein­heit berech­net wird, erklärt mir Tarek Yasin, der heu­te am Grill steht. Die Zahl gibt an, wie viel Flüs­sig­keit nötig wäre, um einem bestimm­ten Gericht die Schär­fe zu neh­men. Soll hei­ßen: Wer einen Trop­fen der här­tes­ten Sau­ce zu sich nimmt, die „Cur­ry & Chi­li“ im Ange­bot hat, braucht weit über sie­ben Mil­lio­nen Trop­fen Was­ser, um den Geschmack zu neutralisieren.

Ist das der schäftste Imbiss der Stadt? Curry & Chili
Ist das der schäfts­te Imbiss der Stadt? Schar­fe Sau­ce gibt es hier jeden­falls in zehn ver­schie­de­nen Schärfegraden.

Verzehr auf eigene Gefahr

Die­se Zah­len sind so schwer fass­bar, dass eini­ge sie unter­schät­zen. Tarek kann vie­le Geschich­ten erzäh­len: von gro­ßen, bul­li­gen LKW-Fah­rern, die sich nach nur einem Bis­sen erst mal hin­le­gen muss­ten; von TV-Mode­ra­to­ren, die ihre Sen­dung nicht zu Ende brin­gen konn­ten – aber auch von zier­li­chen Frau­en, die den schar­fen Snack ohne Pro­ble­me ver­drück­ten. „Man sieht den Leu­ten nicht an, wie scharf sie essen kön­nen“, sagt der Grillmeister.

Auf einem klei­nen Trepp­chen wird die Aus­wahl an Sau­cen prä­sen­tiert, num­me­riert von eins bis zehn. Dar­un­ter steht deut­lich les­bar „Ver­zehr auf eige­ne Gefahr“. Die­se War­nung in Kom­bi­na­ti­on mit dem auf­fäl­li­gen Flam­men-Design des Stands nimmt mir den Mut. Ich bestel­le eine Wurst à la Num­mer eins. Sie ist scharf – aber schaff­bar. Wäh­rend ich esse, lau­sche ich den Bestel­lun­gen der ande­ren Gäs­te. Einer möch­te sei­ne Wurst mit der Drei, ein ande­rer traut sich sogar an Sau­ce Num­mer vier. Höhe­res bekom­me ich nicht zu hören. „Ab fünf wird es rich­tig schwie­rig“, erzählt Tarek.

Curry & Chili: der schärfste Club der Welt

Trotz­dem haben es eini­ge geschafft, in den „schärfs­ten Club der Welt“ auf­ge­nom­men zu wer­den. Sie haben in nur sechs Mona­ten eine Wurst mit jeder der zehn Sau­cen geges­sen. Und jeder die­ser Tri­um­phe über die eige­nen Geschmacks­ner­ven wird auf der Wurst­bu­de ver­ewigt: Über 200 stol­ze Club­mit­glie­der strah­len von den Wän­den – und sehen dabei erstaun­lich fit aus. „Die meis­ten bit­ten uns, mit dem Foto­gra­fie­ren ein biss­chen zu war­ten“, lacht Tarek. Was er über die Aus­wir­kun­gen des Zehner-Wurst-„Genusses“ erzählt, macht Angst.

Als „Deutsch­lands schärfs­ter Imbiss“ – der Pokal steht im Fens­ter – ver­an­stal­tet das „Cur­ry & Chi­li“ auch Wett­essen. Ein Sani­tä­ter ist dabei immer anwe­send, denn im End­ef­fekt ist Schär­fe kein Geschmack, son­dern ein Schmerz. Und dage­gen wehrt sich der Kör­per mit allen Mit­teln. War­um sich die Leu­te das antun, fra­ge ich. Tarek ver­mu­tet, es geht ihnen um die Her­aus­for­de­rung. Wie zum Beweis reicht er mir eine bun­te Plas­tik­ga­bel, auf deren Spit­ze ein klei­nes Tröpf­chen rote Flüs­sig­keit hängt: Sau­ce Num­mer vier. Die Eins habe ich ganz gut über­stan­den, also pro­bie­re ich tap­fer. Nach nur weni­gen Sekun­den spü­re ich das Krib­beln. Ange­nehm ist das nicht. Von der Fan­ta rät Tarek mir ab, die macht es nur schlim­mer. „Am bes­ten hilft etwas Fet­ti­ges oder ein Milch­pro­dukt“, sagt er.

Seit 2005 am Grill

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Wäh­rend ich dar­auf war­te, dass das Bren­nen in mei­nem Mund nach­lässt, fällt mir etwas auf. An dem Stand kommt man schnell ins Gespräch. Ich bin nicht die Ein­zi­ge, die genau hin­hört, wenn jemand sei­ne Bestel­lung abgibt. Eine jun­ge Frau gönnt sich eine Por­ti­on Pom­mes mit Chi­li-Mayon­nai­se und gra­tu­liert mir zu unse­rem gemein­sa­men Ehren­tag. Sofort sind wir uns einig, dass wir bei­de nie auf der „Wall of Fame“ der Schar­fes­ser zu fin­den sein wer­den. Bevor sie aufs Rad steigt, zeigt sie mir noch, wel­che Schnäpp­chen sie heu­te am Mau­er­park-Floh­markt ergat­tert hat.

Die Frau ist nur eine von vie­len Kun­den, die an die­sem Sonn­tag vor­bei­kom­men. „Heut­zu­ta­ge muss man den Leu­ten etwas Beson­de­res bie­ten“, sagt Tarek. Den Imbiss hat er mit sei­nem bes­ten und ältes­ten Freund Frank auf­ge­baut, der – wenig über­ra­schend – ger­ne scharf isst. So war die Idee schnell gebo­ren und die bei­den gebür­ti­gen Wed­din­ger ste­hen nun schon seit fast zehn Jah­ren am Grill. Ihr Stand ist mitt­ler­wei­le über Stadt- und Lan­des­gren­zen hin­weg bekannt. Gäs­te aus aller Welt haben hier schon die ein­zel­nen Sau­cen-Stu­fen erklom­men. Mir scheint, Schär­fe ver­bin­det. Trotz­dem bin ich froh, als Tarek mir zur Schmerz­lin­de­rung ein Bröt­chen mit Mayon­nai­se reicht.

Cur­ry & Chi­li, Sau­cen­ver­kauf

Web­site

Mit­tel­pro­me­na­de Stra­ßen­bahn­hal­te­stel­le Oslo­er Str./Prinzenallee

Text und Fotos: Alex­an­dra Resch

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5 Comments Leave a Reply

  1. […] Eine Imbiss­bu­de, bei der Wed­din­ger noch wei­nen dür­fen. Der Grund ist ganz ein­fach: die­ser Imbiss auf dem Mit­tel­strei­fen der Oslo­er Stra­ße ist Deutsch­lands schärfs­ter. Regel­mä­ßig fin­den hier Schär­fe­wett­be­wer­be statt, die die Teil­neh­mer an ihre phy­si­schen und psy­chi­schen Gren­zen brin­gen. Eine sen­so­ri­sche Erfah­rung der etwas ande­ren Art! > mehr dazu […]

  2. Mal­te lei­det wohl unter Rea­li­täts­ver­lust. Ers­tens ist die Wurst (mit Darm) bei bei­den Buden die­sel­be, zwei­tens gibt es beim Gesun­di nur rotes Cur­ry, schlabb­ri­ge Bröt­chen und ne rich­ti­ge Plör­re als Ket­chup. Und wer bit­te hat gesagt, dass man sei­ne Wurst scharf essen muss? Ver­steh einer die­se Leute..

  3. Lei­der schmeckt die Cur­ry nicht beson­ders und die Pom­mes sind auch nicht toll und irgend­was ein­fach sau scharf machen ist ja nun echt kei­ne Kunst.
    Habe lan­ge gegen­über gewohnt und es echt eini­ge Male ver­sucht war aber immer ne schlech­te Cur­ry. Fin­de den am Ubahn­hof Gesund­brun­nen um Län­gen bes­ser. Selbst die Geflü­gel­cur­ry vorm Dm ist noch besser.

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