Das Tageszentrum Wiese 30, eine therapeutische Tagesstätte, lädt für den 10. Februar von 17:00 bis 19:00 Uhr zu einer “AG-Gedenkstein” ein. Anlass bildet ein Findling auf der gegenüberliegenden Straßenseite der Einrichtung, der an die politischen Ereignisse des 1. Mais 1929 erinnern soll und in den 1950er Jahren enthüllt wurde. Nach dem Wunsch der Initiatoren dieser AG-Gedenkstein soll dort zukünftig eine zusätzliche Gedenktafel die historischen Zusammenhänge erläutern.
Dies ist sicher eine gute Idee, allerdings wohl kein leichtes Unterfangen. Zu einem handelt es sich bei dem „Blutmai“, an den der Findling erinnern soll, um den zentralen „Mythos“ des Roten Wedding. Mythos deshalb, weil es sich eben nicht – wie oft überliefert – um einen niedergeschlagenen Arbeiteraufstand handelt. Die Polizei erschoss, das geht aus Untersuchungen hervor, unbewaffnete Zivilsten. Zum anderen stammte der Befehl, am 1.Mai rücksichtlos gegen die eigene Bevölkerung vorzugehen, von einem SPD-Polizeipräsidenten.
Zu den Fakten gehört im Übrigen auch, dass die hier vor Ort ansässige SPD in den 1950er und 1960er Jahren zuließ, dass bedeutende historische Zeugnisse abgerissen wurden – wie die Roten Häuser in der Prinzenallee, die Pharussäle in der Müllerstraße oder der Meyer’s Hof in der Ackerstraße. Die Geschichte der Arbeiterbewegung wurde von der damaligen SPD einem in der damaligen Zeit gängigen Antikommunismus geopfert. In der Einordnung des Gedenksteins ist vor allem aber auch zu beachten, dass die West-Berliner Denkmale der 1950er bis 1970er Jahre selbst schon Medien des Kalten Krieges waren.
Wenig ausgeprägte Erinnerungskultur
Bemerkenswert ist auch, dass es im Wedding in den dann folgenden 1960er bis 1980er Jahren keine kritische Reflektion der Geschichte gegeben hat, wie sie damals in anderen West-Berliner Bezirken wie Schöneberg oder Kreuzberg üblich war. Das ist schon allein daran zu erkennen, dass am „Wilden Konzentrationslager“ des Ballhauses Glaskasten in der Prinzenallee nicht einmal eine Gedenktafel angebracht worden ist.
Da nützt auch die Diskussion um die kolonialen Straßennahmen und die kürzlich eingeweihte Informationsstele am Eingang des Afrikanischen Viertels, wenig. Viel eher wäre ein grundsätzlich Betrachtung der Straßennamen notwendig. Denn der Leopoldplatz wurde in den letzten Jahren zwar umgestaltet, ein Hinweis auf den Namensgeber ist bis heute nicht zu finden. Über die Umbenennung der Tromsöer Straße am U‑Bhf. Osloer Straße ist bis heute auch nicht nachgedacht worden. Die Straße erhielt im Jahre 1940 den Namen der norwegischen Stadt, unmittelbar nachdem die Deutschen im Zweiten Weltkrieg dort einmarschiert waren.
Nun soll der Gedenkstein an der Panke am 26. Februar in der „AG Geschichte“ der Bezirksverordnetenversammlung von Mitte behandelt werden. Man kann sich nun fragen, ob es wohl zielführend ist, wenn Politiker über Geschichte beraten. Es bleibt nur zu hoffen, dass sie sich nicht über die politische Inhalte einer Gedenktafel zu streiten.
Vielmehr wäre es sinnvoll, dass sich unserer politischen Repräsentanten darauf einigen, ein unabhängiges Gutachten zur Erinnerungskultur in Berlin-Mitte in Auftrag zu geben. Darin sollte die Gesichte des Gedenkens im Wedding im Speziellen und dann auch im ganzen Bezirk Mitte (das heißt auch zum Teil im ehemaligen Ost-Berlin!) darstellt sowie Perspektiven für die Zukunft aufgezeigt werden. Das Gutachten sollte die Frage beantworten, was diese Orte und Denkmale für nachkommende Generationen in einer transkulturellen Gesellschaft leisten können. Erst auf dieser Grundlage sollten weitere Entscheidungen für das Vorgehen in der Wiesenstraße getroffen werden.
Vielleicht entstehen dann auch Tafeln, die Hinweise darauf geben, wo sich der Betrachter in regionalgeschichtlichen ober berlinweiten Museen weiterführend informieren kann. In dem Falle des Gedenksteines in der Wiesenstraße wäre das in nur wenigen hundert Metern Entfernung möglich, nämlich im bei vielen Menschen im Wedding wenig bekannten Mitte Museum in der Pankstraße.
Autor: Eberhard Elfert
Tageszentrum Wiese 30
Wiesenstraße 30
10. Februar, 17- 19 Uhr
Der Findling befindet sich an der Walter-Röber-Brücke der Wiesenstraße über die Panke
[…] bleibt auch der Gedenkstein, der sich auf die Ereignisse von 1929 bezieht, absolut unkonkret. Er verweist nur auf 19 Menschen, […]
[…] (auf Höhe der Pankebrücke), das absichtlich auf den 2. Mai gelegt wurde. Anlass bildet hier ein Gedenkstein, der an den „Blumai 1929“ erinnern soll und der eine nicht ganz so einfache Inschrift trägt. […]
[…] bei dem sogenannten Blutmai handelt es sich um ein sehr unterschiedlich interpretiertes Ereignis, vor allem aber um ein […]
Fehlende Erinnerungskultur ist doch ein allgemeines Problem.
Die Spanische Allee wurde von Hilter zu Ehren der Legion Condor umbenannt, die sich im spanischen Bürgerkrieg an Kriegsverbrechen beteiligte. Sie hieß davor Wannseestraße.
Fragt man nach, warum man denn diese Straße nicht wieder zur Wannseestraße machen kann, wird auf ein Informationstäfelchen verwiesen, in dem die historischen Hintergründe dargelegt werden. Die Tafel steht nur leider etwas abseits.