Es ist nur ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein großer Schritt für die Menschheit. Den Satz des ersten Menschen auf dem Mond kennt jeder. Im Brunnenviertel ist am Montag (14.3.) ein ebenso kleiner großer Schritt gegangen worden. Es wurde eine Vereinbarung für eine Zwischennutzung geschlossen und ein Schlüssel für einen leerstehenden Sportplatz in der Putbusser Straße 12 übergeben. Keine große Sache? Oh doch!
Ein Pop-Up-Treff für Jugend und Zukunft
Auf dem ehemaligen Gelände des Diesterweg-Gymnasiums zwischen Putbusser und Swinemünder Straße hat ab sofort der Caiju e.V. Schlüsselgewalt. Per Taasdahl ist der Geschäftsführer des Vereins, der bereits im Brunnenviertel präsent ist. Aktiv werden sollen auf dem Gelände Kinder und Jugendliche. „Wir betreiben in Hellersdorf schon ein solches Projekt, jetzt entsteht auch hier ein JuPoint – ein Pop-Up-Treff für Jugend und Zukunft“, sagte Traasdahl bei der Vertragsunterzeichung. Was das ganz genau ist, kann er nicht ausführen, denn die Eigenverantwortung und die Beteiligung der Jugendlichen ist der Kern des Projekts. Das bedeutet: die Kids entscheiden nicht mit, sondern selbst.
Ganz grundsätzlich ist der JuPoint ein Treffpunkt für Kinder und Jugendliche. „Mit einem alten Bienenwagen als Ausgangspunkt bauen Jugendliche einen neuen Treffpunkt für den Kiez“, sagt Traasdahl. Hier sollen sie ihre Ideen umsetzen können, gemeinsame Aktivitäten planen. Dafür zunächst keinen Strom, kein Wasser oder sanitäre Anlagen zu haben, sehe Caiju nicht als Problem, sondern als Herausforderung, ökologische und energiesparende Lösungen zu finden. Das Projekt wird mit Mitteln aus dem Programm „Sozialer Zusammenhalt“ vom Quartiersmanagement Brunnenstraße gefördert.
Kleine Tat – große Freude im Kiez
„Ich bin froh, dass Caiju die Klausel unterschrieben hat, denn ich muss ganz klar sagen: es ist eine Zwischennutzung“, sagte Bezirksstadträtin Stefanie Remlinger bei der Schlüsselübergabe. Wie lange der JuPoint an dem Standort sein kann, könne auch sie nicht sagen. Die Fläche sein eine mögliche Ausweichfläche für eine große Baumaßnahme in der Ernst-Reuter-Schule. „Aber dass kann nicht bedeuten, dass wir als Bezirksamt alles blockieren, was bis dahin möglich wäre“, sagte die Stadträtin. Immerhin habe sich das neu gewählte Bezirksamt genau das auf die Fahnen geschrieben: Dinge ermöglichen. Das bedeutet eine 180-Grad-Wende, denn in der Vergangenheit herrschte im Amt eher die Stategie vor, sich alle Handlungsoptionen offenzuhalten und keine Zwischennutzungen zu erlauben.
Entsprechend groß war die Freude bei den beteiligten Kiezakteuren. Zu dem recht kurzfristig angesetzten öffentlichen Termin kamen neben Stefanier Remlinger dennoch Jugendstadtrat Christoph Keller, Quartiersmanagerin Katja Niggemeier, Anna Madenli vom Jugendamt, Quartiersratssprecherin Susanne Bürger, Stadtteilkoordinator Jochen Uhländer, Angelika Ende für den Bezirksstadtrat Ephraim Gothe sowie einige Aktive aus dem Kiez. „Es freut mich, dass schon eine so kleine Tat so große Freude auslösen kann“, kommentierte Stefanie Remlinger die Stimmung bei der Schlüsselübergabe.
Wie es zu Stillstand und Verfall kam
Um die Bedeutung dieser kleinen Tat zu verstehen, ist ein kurzer Blick auf die Geschichte des ehemaligen Schulstandorts nötig. Das Diesterweg-Gymnasium ist 2011 wegen vermeintlich sinkender Schüler:innenzahlen an dem Standort geschlossen worden, die Schüler:innen zogen in ein Gebäude in der Böttgerstraße. Seitdem steht das Gebäude leer. Trotz Machbarkeitsstudie für eine Zwischennutzung sowie hartnäckigen Versuchen, den Standort genossenschaftlich wiederzubeleben beziehungsweise in Kooperation mit dem städtischen Wohnungsunternemen degewo als Wohnprojekt umzunutzen (siehe: ps wedding), geschah de facto nichts Greifbares. Das Gebäude stand leer, kostete den Bezirk jahrelang Unterhalt und verfiel immer weiter. Und was gab es alles für Ideen! Auch eine Nutzgung als Unterkunft für Geflüchtete wurde erwogen, eine Reaktivierung des Schulstandorts stand zur Diskussion, der Bezirk favorisierte zuletzt einen Abriss – auch wegen vermeintlicher Kontaminierung mit Asbest. Beobachtern der Entwicklungen war offensichtlich, dass sich hier offenbar politische Akteur:innen und verschiedene Landes- und Bezirksverwaltungen sowie die Immobilenverwalter des Bundes ineinander verbissen hatten. Über Jahre ging gar nichts, keine Reaktivierung – und auch keine Zwischennutzung.
Wie geht es weiter?
Im Oktober 2019 schließlich schuf das Landesdenkmalschutz quasi in letzter Minute Fakten und stellte die alte Schule unter Denkmalschutz. Ein Abriss ist damit unmöglich geworden. Mit der Wahl im vergangenen Jahr und neuen Akteur:innen im Bezirksamt kam nun das Umdenken, das zu der Schlüsselübergabe an Caiju führte. Die für Sport und Schule zuständige Stadträtin Stefanie Remlinger will, so sagt sie, möglich machen, was möglich ist, auch am ehemaligen Standort des Diesterweg-Gymnasiums.
Die anwesenden Akteur:innen, die sich seit vielen Jahren um die Reaktivierung der alten Schule (für Wohnen, Schule, Zwischennutzungen) einsetzen, nutzen die Gelegenheit auch, um die Stadträtin einen generell neuen Weg aufzuzeigen. „Wir wünschen uns, dass das der Auftakt für viel mehr ist. Vor allem hoffe ich, dass in die Turnhalle wieder Leben einzieht“, sagte Susanne Bürger, die auch KiezSportLotsin für den Bezirk ist. Die Sporthalle steht seit einem wiederholten Wassereinbruch leer und fehlt den Weddinger Vereinen und dem Schulsport. Die Stadträtin nahm den Wunsch nach weiteren Aktivitäten auf dem ehemaligen Schulgelände auf. „Derzeit gebe es keinen Aufgabenträger, der bereit ist, das alles auf einmal anzugehen, was an dem Standort nötig ist. Vielleicht müssen wir uns hier auch Stück für Stück rausarbeiten. Vielleicht erst die Turnhalle und dann der Rest“, sagte Remlinger unter großer Zustimmung bei den Anwesenden.
Guten Abend ,
schon länger beschäftigt mich das Gebäude speziell das Design der 70er Jahre.
Ich wre dankbar zum Beispiel für ein Shooting der Schule im inneren .
An wen muss man sich in diesem Fall wenden ?
Diese Fotos aus dem Jahr 2013 (zwei Jahre nach Schließung) kennst du schon? https://urbanophil.net/staedtebau-architektur/adventskalender-tag-20-diesterweg-gymnasium-in-berlin-wedding/
Für Fotogenehmigungen und Schlüssel ist das Bezirksamt, Abteilung Schule zuständig. Telefon (030) 9018 33501. Wenn Sie professioneller Fotograf sind, erhöhen sich Ihre Chancen vermutlich. Die Anwohner sind überglücklich, dass vor ein paar Wochen die Nutzung des Hofes (wie im Artikel beschrieben) möglich wurde. Von einem Schlüssel haben sie nicht einmal zu träumen gewagt. Halten Sie uns gern auf dem Laufenden, wenn Sie Fotogenehmigung erhalten und Fotos ausstelllen.
Wow, da wird Frau Hensel ihrer Rolle als Hofberichterstatterin wieder voll gerecht. Für das Geld, dass sie seit Jahren vom Quartiersmanagement erhält, spuckt sie brav das dazugehörige Loblied aus.
Ich sehe hier keine Nachbarn, keine Begeisterung, sondern nur Leute, die wie Frau Hensel, seit Jahren am Tropf der Bezirksgelder hängen. Was hätte hier tolles entstehen können.…
So sieht Qualitätsjournalismus aus!
Als Bewohnerin des Brunnenviertels freue ich mich wirklich sehr, dass an dem Standort endlich etwas passiert. Zumindest damit haben Sie recht. Seit Jahren weise ich (und andere) darauf hin, dass hier etwas geschehen muss, seit 2011 begleite ich das Thema und stehe in engem Kontakt mit Bewohner:innen und Akteuren. Das Projekt von pswedding war immer mein Favorit.
Ich denke, dass viele nach dem langen Stillstand schon fast die Hoffnung verloren hatten. Sie können sicher sein, dass sich im Kiez jetzt viele freuen – auch wenn bei einem sehr kurzfristig angesetzten Termin an einem Montagmorgen naturgemäßig nur wenige Anwohner:innen Zeit hatten. Es ist schade, aber Ihr gutes Recht, sich nicht gleichermaßen über die wenigstens kleinen Fortschritte an dem Standort zu freuen.
Ihre Feinseeligkeit mir gegenüber verstehe ich nicht, soweit ich weiß, sind wir uns nicht bekannt. Fürs QM, bei dem ich tatsächlich einen minikleinen Auftrag hatte, arbeite ich übrigens schon länger nicht mehr. Das hindert mich aber nicht daran, die Themen, die mir wichtig sind, weiter zu verfolgen – auch ehrenamtlich hier für den Weddingweiser. Wenn das für Sie Hofberichterstattung ist, wenn ich mich für den Wedding und die Themen in der Nachbarschaft einsetze, dann bin ich gerne Hofberichterstatterin.