Wieder einmal freitags ab 14 Uhr gab es ein SeniorInnentreffen im Otawitreff (Otawistraße 46 nahe am Park Rehberge), bei dem es plauschig, informativ und mit viel freudigem Austausch zu einem angebotenen Thema zugeht. Diesmal ging es um Oral History.
Am heutigen Tag waren zwei Mitwirkende, Dr. Gertrud Aichinger und Christin Sommerfeld, von der Zeitzeugenbörse e.V. (ZZB) aus unserer Nachbarschaft in der Togostraße 74 anwesend, um für die Mitarbeit an den Projekten und Themen zu werben. Die ZZB ist offen für alle InteressentInnen: Viele Kontakte kommen durch die Initiative aus der Bürgerschaft zustande. Sie stehen für übergenerationellen Austausch zur Verfügung. Ein aktuelles Großprojekt ist das mit Lottomitteln geförderte Vorhaben „Menschen mit Migrationsgeschichten“, das in einer Stadt wie Berlin, in der 190 Nationen beieinander leben, viel Aufregendes an Geschichten und Erinnerungen verspricht. Dazu gibt es einen vielsprachigen Flyer und viele Übersetzungsangebote auf der Webseite der ZZB.
„Die ZeitZeugenBörse wurde 1993 in Berlin gegründet. Initiatorin und langjährige erste Vorsitzende war Ingeburg Seldte. Von 1994 bis 1997 wurde die ZZB von der Bundesregierung als Modellprojekt für Vorruheständler/-innen gefördert. Seit 1998 arbeitet die ZZB als unabhängiger gemeinnütziger Verein.“ Die ZZB hat derzeit etwa 40 Mitglieder und etliche Ehrenmitglieder und 25 MitarbeiterInnen, die allesamt ehrenamtlich tätig sind. Das hauptsächliche Ziel der ZZB ist, wie der Name schon sagt, eine Börse zu sein, um Zeitzeugen zu vermitteln an Bildungsinstitutionen, Journalisten, Touristen und andere Veranstalter, die Oral History praktizieren, die diesen ausgewählten Zeugen die Möglichkeit geben, ihre authentischen Schilderungen vorzutragen, Historisches und Zeithistorisches weiterzugeben und auf Fragen hin zu erläutern. Auf diese Weise gibt es beispielsweise für Schülerinnen und Schüler die Chance, lebensnahe und durch (über-)lebende Personen belegte historische Situationen in ihrer Erfahrbarkeit zu greifen und sich zu vergewissern, konkreter als jedes Schulbuch. Etwa 120 Berliner Zeitzeugen sind in einer Datenbank verzeichnet, solche, die für Filmprojekte, für Schulen und Bildungseinrichtungen u. a. zur Verfügung stehen. Die Zeitzeugen bewerben sich und bekommen zunächst ein erstes Gespräch mit bis zu drei Mitarbeitern im Vereinssitz Togostraße 74, und weiterhin einen Fragebogen vorlegt. In einem zweiten Schritt wird ein Kreis zum Thema begründet und die TeilnehmerInnen wählen dort wiederum ein Thema für sich aus, das sie auch öffentlich vortragen möchten. Der dritte Schritt führt dann zur Übernahme in die Datenbank, von wo aus Zeitzeugen auf Anfrage vermittelt werden. Sprachbarrieren kann man durch Übersetzer überwinden, und Interviews können auch im Tandem erfolgen, wie als Mutter-Tochter-Gespräch oder Vater-Sohn-Interview. Audio- und Videodateien sind das kommunikative Ergebnis und Podcasts dabei voll im Trend. Sogar Theatergruppen wurden gegründet, um historische Begebenheiten gemeinsam nachzuspielen.
Das aktuelle Vorhaben der ZZB ist für das Jahr 2023 geplant, das Jahr des 30-jährigen Bestehens der Berliner Zeitzeugenbörse e.V.. Es soll eine Ausstellung an einem zentralen Berliner Ort anhand der Biografien von Zeitzeugen gezeigt werden.
Autorin: Renate Straetling