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Yunas Orchestra – Musikalische Pfadfinder

7. April 2016
Yunas Orchestra im Silent Green Kulturquartier. Fotos: Georg & Georg
Yunas Orches­tra im Silent Green Kul­tur­quar­tier. Fotos: Georg & Georg

Es gibt ein The­ma, das im Wed­ding­wei­ser oft und pro­mi­nent ange­kün­digt wird. Die Rede ist von Bars und Restau­rants. Dass man in vie­len Bars und Restau­rants Live-Musik hören kann, geht aber gut und ger­ne an den meis­ten vor­bei. Ers­te Anlauf­stel­le ist die kie­zweit bekann­te Klein­kunst-Oase Ernst. Musik spielt aber nicht nur dort. Die letz­te gute Gele­gen­heit her­vor­ra­gen­de Live-Kon­zer­te zu erle­ben, bot sich im Rah­men der unver­blümt-Expe­di­tio­nen durch den Wed­din­ger Kul­tur­dschun­gel. Start- und End­punkt lagen im ehe­ma­li­gen Kre­ma­to­ri­um an der Gericht­stra­ße. Das in silent green Kul­tur­quar­tier umge­tauf­te Pro­jekt öff­net in regel­mä­ßi­gen Abstän­den sei­ne welt­li­chen Pfor­ten und kura­tiert mit­hil­fe enga­gier­ter Frei­wil­li­ger Nach­wuchs­bands und die hie­si­ge Künstlerszene.

Wer dort war, kann sich glück­lich schät­zen, ein beson­de­res Band­pro­jekt mit­er­lebt zu haben. Denn Yunas Orches­tra betre­ten musi­ka­li­sche Pfa­de, die bis jetzt nur weni­ge betre­ten. Aus­hän­ge­schild der Grup­pe sind die büh­nen­zen­trier­ten, locker arran­gier­ten Live-Pro­duk­tio­nen elek­tro­ni­scher Musik. Was den einen jetzt sofort an sat­te Bäs­se und einen gera­den four-to-the-flo­or-Beat träu­men lässt, offen­bart sich in Wirk­lich­keit als Kol­lek­tiv, das sei­ne Musik irgend­wo zwi­schen Nu-Jazz, Funk und dem Sound­track eines 80er-Jah­re-Detek­tiv­films ansie­delt. So flie­ßend wie die drei momen­ta­nen Band­mit­glie­der Gen­res inter­pre­tie­ren, so flie­ßend ver­hält es sich letzt­end­lich mit den eige­nen Gren­zen der Band.

YUNAS-ORCHESTRA_LiveJonas – Initia­tor der Pro­jekts – mag sich pro­duk­ti­ons­tech­nisch weder auf ein enges Song­kor­sett fest­schnü­ren, noch wür­de er die Band als eigent­li­che Band bezeich­nen. Ja, es gibt wohl einen ope­ra­ti­ven Kern, der aus dem Wahl­wed­din­ger Jonas Nord­holt (Syn­the­si­zer, Trom­pe­te), Ste­phan Zun­ham­mer (Syn­the­si­zer), Chris­ti­an Wie­land (Gitar­re) besteht. Aber wie es sich für jazz­af­fi­ne Musi­ker gehört, wäre es scha­de, sich aus­schließ­lich auf den eige­nen aus­ge­tram­pel­ten Pfa­den zu bewe­gen. Manch­mal braucht es neue Weg­be­glei­ter und ande­re Per­spek­ti­ven. Yunas Orches­tra könn­te man des­we­gen auch als musi­ka­li­sche Pfad­fin­der ver­ste­hen. Varia­ti­on bleibt maß­ge­ben­des krea­ti­ves Ele­ment. Was sei­nen Ursprung in gemein­sa­men Jam-Ses­si­ons fand, hat sich mitt­ler­wei­le zu zwei EP’s mate­ria­li­siert. Gera­de weil die „Band“ damit noch lan­ge kein gan­zes Kon­zert bestrei­ten könn­te, blei­ben die Live-Varia­tio­nen ein essen­ti­el­les Ele­ment in der musi­ka­li­schen Praxis.

Trotz­dem moti­viert die Her­aus­for­de­rung Plots in einer kna­cki­gen Song­struk­tur zu „erzäh­len“.  So gesche­hen auf der aktu­el­len gleich­na­mi­gen EP Yunas Orches­tra, auf­ge­nom­men in Jonas Wed­din­ger Home­stu­dio. Die enge Lie­bes­be­zie­hung der Trup­pe zu ihren Key­boards, der Trom­pe­te, Per­cus­sions und dem takt- und maß­ge­ben­den Modu­lar­syn­the­si­zer gebiert groo­vi­ge Rhyth­men, Krautrock­beats, sinist­re Trom­pe­ten­me­lo­dien und weit­läu­fi­ge Pia­no­flä­chen. Ihre Leucht­tür­me im zeit­ge­nös­si­schen Jazz­di­ckicht sind Künst­ler wie Sun Ra oder Pro­du­zent und Mäzen Gil­les Peter­son, der in sei­nen welt­be­rühm­ten Radio­shows regel­mä­ßig neue Talen­te einem grö­ße­ren Publi­kum zugäng­lich macht. All die­se Ein­flüs­se sind irgend­wie zu hören, gleich­zei­tig fließt die Musik des Tri­os dar­an vor­bei.  Durch eige­ne Zugän­ge und ver­steck­te Wege, wie Was­ser, das sich durch ein tro­cke­nes Fluss­bett bewegt.

Hören und sehen kann man das Kol­lek­tiv wie­der am 9. April. Aller­dings nicht im Wed­ding, son­dern in der Berg­hain-Kan­ti­ne. Fes­ti­vals und ande­re pas­sen­de Gele­gen­hei­ten sol­len fol­gen. Auch eine neue EP liegt in der Pipe­line. Von den Kon­zert­auf­trit­ten beflü­gelt, wur­de das rei­ne Stu­dio­ge­fum­mel die­ses Mal live auf­ge­nom­men. Davor gehen aber erst­mal die eigens für Yunas Orches­tra EP pro­du­zier­ten Kas­set­ten her­aus. Es geht also ambi­tio­niert wei­ter mit der Band, die kei­ne ist.

Text: San­dy Stö­ckel, Fotos: Georg & Georg

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