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Die wahre Coolness des Wedding

25. Mai 2017
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Schau an den Wedding! Foto: Dominique Hensel
Schau an den Wed­ding! Foto: Domi­ni­que Hensel

Wenn ihr Besuch vom Dorf oder aus der Klein­stadt bekommt, könnt ihr euch mit denen natür­lich den Pots­da­mer Platz (gähn), das Euro­pa-Cen­ter (schnarch) oder den Fern­seh­turm (lang­wei­lig) anschau­en. Oder: Zeigt ihnen gefäl­ligst was ande­res! Denn der wah­re Reiz der Groß­stadt und der ech­te Ner­ven­kit­zel der Metro­po­lis lie­gen woan­ders: näm­lich im Wedding. 

Ob Bar­ce­lo­na, Ams­ter­dam oder Stock­holm. In jeder Metro­po­le gibt es Din­ge, wor­über der durch Reiz­über­flu­tung abge­stumpf­te Groß­städ­ter oder der durch immer ähn­li­cher wer­den­de Städ­te­rei­sen­des­ti­na­tio­nen gelang­weil­te Tou­rist kaum noch nach­denkt. Trotz­dem ist jede Stadt anders, hat ihr eige­nes Herz und manch­mal auch eine Schnau­ze.  Damit unter­schei­det sich Ber­lin tat­säch­lich ganz bei­läu­fig, ohne dass irgend­je­mand auch nur ein Wort dar­über ver­liert, erheb­lich von Böb­lin­gen, Mün­chen oder Del­men­horst.  Ein paar Bei­spie­le gefällig?

Der Wohlklang eines Martinshorns

Im Wed­ding gehört ara­bi­sche Musik wie Tatü-Tata zum gewohn­ten Sound, und Blau­licht erhellt unser Stra­ßen­bild Tag und Nacht. Ein Tag ohne einen zünf­ti­gen Poli­zei­ein­satz ist kein rich­ti­ger Tag. Wir Wed­din­ger schau­en kurz hin, zucken mit den Ach­seln und gehen ein­fach weiter.

Jalousien nie heruntergelassen

Ein­kau­fen rund um die Uhr? Wenn die meis­ten Super­märk­te gegen 22 Uhr schlie­ßen, also recht früh, sind anders­wo die Bür­ger­stei­ge schon seit Stun­den hoch­ge­klappt. Der Wed­din­ger an sich lächelt dar­über mil­de und kauft beim Späti sei­nes Ver­trau­ens ein, wenn’s sein muss, auch um Mit­ter­nacht. In die Knei­pe gehen könn­ten wir ja sowie­so zu jeder Tages- und Nacht­zeit. Im Magen­dok­tor oder im Sol­di­ner Eck wer­den die Jalou­sien sowie­so nie her­un­ter­ge­las­sen, 7 Tage die Woche, 24 Stun­den. Das Glei­che gilt auch für den sagen­haf­ten Maden­au­to­ma­ten in der Tege­ler Stra­ße, weil dem Ang­ler ja mit­ten in der Nacht die Maden aus­ge­hen könnten.

Essen wie die halbe Welt

Wer mag, kann sich bei uns auch die Geschmacks­ner­ven durch beson­ders schar­fe Cur­ry­wurst in „Cur­ry & Chi­li“ rui­nie­ren. Dann schmeckt der Döner, den es im Wed­ding natür­lich an jeder Ecke gibt, auch nicht schlech­ter. Obwohl, Döner… wir essen inzwi­schen sowie­so ger­ne quer­beet: indisch, korea­nisch, liba­ne­sisch. Wenn bei uns schon Men­schen aus aller Welt woh­nen, kau­fen wir ger­ne auch in exo­tisch duf­ten­den Geschäf­ten von asia­tisch bis afri­ka­nisch und las­sen uns von Köchen aus der gan­zen Welt bekochen.

Kunst ist an der Hauswand

Gewachsen auf Beton. Wandbild der Boateng-Brüder. Foto (C) OTFW Berlin/Wikimedia Commons.
© OTFW Berlin/Wikimedia Commons.

Mit einem exklu­si­ven Kunst­mu­se­um, in dem man mit Audio­gui­de bewaff­net andäch­tig vor Gemäl­den ver­weilt, wer­den kei­ne Tou­ris­ten in den Wed­ding gelockt. Denn Kunst gibt’s bei uns  an jeder Haus­wand. Ob man es nun Graf­fi­ti, Street Art oder Schmie­re­rei nennt: das Wand­bild der Gebrü­der Boat­eng an der Bad­stra­ße Ecke Pank­stra­ße ist eine Iko­ne für den Kiez gewor­den. Eben­so wie der Pha­rao an der nicht weni­ger typi­schen Ecke Seestraße/Müllerstraße, der für einen Opti­ker wirbt.

Wo ihr fast unter die Räder kommt

Flugzeug
Foto: Hen­drik Lietmann

Am Schluss noch ein biss­chen mehr Ner­ven­kit­zel gefäl­lig? Dann emp­feh­len wir einen Besuch auf dem Park­deck des Ein­kaufs­cen­ters Clou hart an der Gren­ze zum Wed­ding. Hier kann man ein­fach nur beten, dass die Flug­zeu­ge im Anflug auf Tegel die Lan­de­bahn noch errei­chen und nicht am Gebäu­de hängenbleiben.

So auf­re­gend das alles für Pro­vinz­ler sein mag: im Wed­ding lernt man schnell, das Groß­stadt­fee­ling als etwas Selbst­ver­ständ­li­ches hin­zu­neh­men. Die­se Bei­läu­fig­keit ist die wah­re Cool­ness des gelern­ten Metropolenbewohners!

weddingweiserredaktion

Die ehrenamtliche Redaktion besteht aus mehreren Mitgliedern. Wir als Weddingerinnen oder Weddinger schreiben für unseren Kiez.

3 Comments

  1. Schö­ner Arti­kel mit viel Dri­ve und gekonn­ter Selbst­sti­li­sie­rung. Was mich stört ist das „wir“. Wer ist denn „wir“? Im Wed­ding gibt es vie­le Grup­pen und alle erle­ben es anders. Die Späti-Bar-Blau­licht-Begeis­te­rung kann ich ver­ste­hen, ging mir am Anfang genau so. Das Leben scheint aben­teu­er­lich, weil es in einer aben­teu­er­li­chen Umge­bung statt­fin­det. Dabei tut man nichts ande­res als zuschau­en und gewäh­ren lassen.

  2. Ich zei­ge Attrak­tio­nen in der Art ja ger­ne – aber mei­ne Erfah­rung ist, dass es ech­te Kleinstadtverwandtschaft/bekanntschaft eher ver­wirrt und über­for­dert. Die gan­ze Dosis Groß­stadt ist dann zuviel.

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