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Wo es im Wedding wirklich intensiv zugeht

Zwei Doku-Serien zeigen den ungeschminkten Krankenhaus-Alltag
21. April 2021

„Das ist immer das The­ma – Bet­ten, Bet­ten, Bet­ten.“  Auch die Wed­din­ger Kli­ni­ken haben mit der Pan­de­mie zu kämp­fen – zu wenig Bet­ten für die Patient:innen, Über­stun­den und ver­leg­te Sta­tio­nen gehö­ren seit 14 Mona­ten zum All­tag des Pfle­ge­per­so­nals. Doch neben der Covid-Erkrank­ten muss auch Zeit für alle ande­ren Patient:innen blei­ben. Die ARD und das ZDF haben zwei sehens­wer­te Doku­men­ta­ti­ons­rei­hen über die Arbeit des Per­so­nals im Wed­din­ger Virch­ow-Kli­ni­kum veröffentlicht. 

Wäh­rend die Doku­men­ta­ti­on ‚Cha­ri­té inten­siv‘ in vier Fol­gen und ins­ge­samt 130 Minu­ten einen authen­ti­schen und unge­schmink­ten Ein­blick in die Arbeit der Inten­siv­sta­ti­on ‚Sta­ti­on 43‘ des Virch­ow-Kli­ni­kums gibt, berich­tet die Rei­he ‚Herz und Viren‘ in acht kur­zen Fol­gen über die Hel­din­nen des Herz-Zen­trums – nicht nur im Hin­blick auf die Pandemie. 

Virch­ow-Kli­ni­kum

“Herz und Viren”

Jede Fol­ge von ‚Herz und Viren‘ hat eine ganz eige­ne Hel­din. Von Pfle­ge­rin­nen, über Medi­zin­stu­den­tin­nen bis hin­zu aus­ge­bil­de­ten Ärz­tin­nen. Zuschauer:innen erfah­ren nicht nur etwas über die Arbeit die­ser Frau­en, son­dern auch über die pri­va­ten Men­schen, die sich hin­ter den Kit­teln und Mas­ken ver­ste­cken. Die Doku­men­ta­ti­on ist sehr inten­siv; Schweiß und Trä­nen sind kein sel­te­ner Anblick. „Ich sage immer, ich gehe Leben ret­ten“, erzählt eine der Pfle­ge­rin­nen der Kin­der-Inten­siv­sta­ti­on. In ihrer Fol­ge küm­mert sie sich um zwei Babys, eines lei­det an einem schwe­ren Herz­feh­ler und das ande­re wur­de mit Tri­so­mie 21 gebo­ren. Bei­den ist eines gemein­sam: sie benö­ti­gen eine pro­fes­sio­nel­le und gleich­zei­tig auch lie­be­vol­le Pfle­ge. Genau das sind die zen­tra­len Eigen­schaf­ten der Pfle­ge­rin. Sie küm­mert sich um die­se Babys, als wären es ihre eige­nen. “Vie­le Kin­der ver­las­sen die Sta­ti­on nicht mehr, da will man ihr Leben doch so lebens­wert, wie nur mög­lich machen”, sagt sie. Die gan­ze Fol­ge über bleibt die Pfle­ge­rin fröh­lich und zuver­sicht­lich; und das, obwohl sie von eige­nen Schick­sals­schlä­gen nicht ver­schont bleibt. 2019 ver­liert sie ihre Frau nach einer Krebserkrankung. 

In der zwei­ten Fol­ge wird über die aus­ge­zeich­ne­te Arbeit der Chirurg:innen berich­tet, die beson­ders im Hin­blick auf Trans­plan­ta­tio­nen im euro­päi­schen Ver­gleich zu den Bes­ten gehö­ren. Da ist man beson­ders als Weddinger:in beru­higt, zu wis­sen, dass wir im Fall der Fäl­le ein aus­ge­zeich­ne­tes Per­so­nal gleich um die Ecke haben. Natür­lich bleibt aber auch im Deut­schen Herz-Zen­trum Coro­na ein The­ma. Eine Ärz­tin, die ver­gan­ge­nes Jahr ihre Spe­zia­li­sa­ti­on zur Kin­der­ärz­tin begann, muss­te die­se vor­erst auf unbe­stimm­te Zeit abbre­chen. Denn sie wird auf der Pan­de­mie-Front benö­tigt: jetzt lei­tet sie die Coro­na-Test­sta­ti­on für das Per­so­nal der Charité. 

Jede unge­fähr vier­tel­stün­di­ge Fol­ge ist wirk­lich sehens­wert und berich­tet dazu auch über Coro­na hinaus.

Cha­ri­té inten­siv: Sta­ti­on 43 an der Front 

In den vier Fol­gen ‚Cha­ri­té inten­siv‘ geht es im Ver­gleich dazu här­ter zu. Das Per­so­nal der Sta­ti­on 43 wird von Weih­nach­ten 2020 bis März 2021 beglei­tet, also genau zu der Zeit, als die zwei­te Wel­le ihren Peak erreich­te. Trotz der ver­her­e­end nied­ri­gen Zahl an frei­en Bet­ten auf der Inten­siv­sta­ti­on nimmt die Sta­ti­on 43 auch Patient:innen aus ande­ren Kran­ken­häu­sern an. Denn die Wed­din­ger Kli­nik hat das best­aus­ge­bil­de­te Per­so­nal für schwe­re Covid-Fäl­le. Die­se Doku­men­ta­ti­on ist defi­ni­tiv nichts für schwa­che Ner­ven. Die Zuschauer:innen bekom­men einen inti­men und unge­schmink­ten Ein­blick in eine Welt zwi­schen Leben und Tod – von 28 jäh­ri­gen, die an Coro­na ster­ben, über jun­ge Väter mit schwe­ren Ver­läu­fen bis hin zu Gene­se­nen, die mit den Fol­gen ihrer Covid-Erkran­kung zu kämp­fen haben. Die Doku­men­ta­ti­on schafft es, dass Zuschauer:innen so nah an das Gesche­hen kom­men, dass man selbst das Bedürf­nis hat, irgend­et­was zu unternehmen. 

Blick aufs Virchow-Klinikum

Vor eini­gen Wochen nutz­te ein Pri­vat­sen­der acht Stun­den sei­ner Sen­de­zeit, um eine Pfle­ge­rin in ihrer Schicht zu beglei­ten. Das ist lobens­wert, kei­ne Fra­ge, jedoch ver­dient ‚Cha­ri­té inten­siv‘ der ARD min­des­tens genau­so viel Anse­hen. Hier sehen sie nicht nur die groß­ar­ti­ge Arbeit des Per­so­nals, son­dern auch die schwe­ren Schick­sa­le der Erkrank­ten und beglei­ten sie gewis­ser­ma­ßen in den vier Fol­gen mit – und genau des­halb soll­te jede:r die­se Doku­men­ta­ti­ons­rei­he gese­hen haben. Selbst der SPD-Gesund­heits­exper­te Karl Lau­ter­bach twit­ter­te: “Die­se sehr sehens­wer­te Serie zeigt rea­lis­tisch, was der­zeit auf Covid-Inten­siv­sta­tio­nen los ist. Jeder, der ernst­haft die Gefahr von Covid ver­ste­hen will, soll­te sich das anse­hen. Das Spek­trum der Pati­en­ten ist jetzt viel jün­ger, B117 trifft Jün­ge­re hart”. Die Doku­men­ta­ti­ons­rei­he hört mit der abfla­chen­den zwei­ten Wel­le der Pan­de­mie auf und lässt das Per­so­nal durch­at­men – jedoch nicht sehr tief, wie wir heu­te wis­sen. Bis 2022 sind bei­de Doku­men­ta­tio­nen in der ARD-bzw. in der ZDF-Media­thek verfügbar.

Nach­trag Sep­tem­ber 2021: Die Serie “Cha­ri­té inten­siv “hat den Deut­schen Fern­seh­preis 2021 in der Kate­go­rie Bes­te Doku Serie erhalten. 

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