„Sport und Bewegung ist ein Grundbedürfnis“, sagt Susanne Bürger. Sie ist seit inzwischen sieben Jahren als KiezSportLotsin unterwegs, wird seit 2016 vom Bezirk Mitte dafür bezahlt, einen Überblick über die Sportangebote zu haben, Menschen zum Thema Sport zu beraten und mit Vereinen in Kontakt zu bleiben. Als Expertin auf dem Gebiet weiß sie, was auf dem Gebiet besonders fehlt: Platz für Sportangebote.
Wie eng es geworden ist in der Stadt, merkt Susanne Bürger auch an den Angeboten der Vereine. „Fast alle Fußballvereine habe Aufnahmestopp, weil es nicht genug Flächen gibt“, sagt sie. Für die Leichtathletik sei die Situation schwierig, für Fußball, für Basketball, auch für Rollsportarten sei die Lage nicht gut. „Man kann nichts mehr entwickeln. Überall gibt es Interessenskonflikte“, sagt die KiezSportLotsin. Gibt es doch eine freie Fläche, seien immer mehrere Gruppen daran interessiert.
Zu sehen seien diese wachsenden Platzprobleme auch an dem Grundstück in der Ruheplatzstraße 12. Dort befindet sich noch der Gemeinschaftsgarten Himmelbeet. Doch im kommenden Jahr soll das Projekt nach mehrmaliger Verlängerung des Nutzungsvertrages für ein Fußballbildungszentrum weichen. „Die Fläche ist total wichtig für den Sport. Ich freue mich sehr auf die Möglichkeiten dort“, sagt Susanne Bürger. Sportflächen seien Mangelware und jede Sportfläche müsse erhalten bleiben. Die Fläche in der Ruheplatzstraße ist schon viele Jahre vom Bezirk als Sportfläche ausgewiesen – vor vielen Jahren sollte hier ein Basketballleistungszentrum entstehen – und wurde von den Gärtnern nur zwischen genutzt.
Die Schulbauoffensive verbessere die Situation aus Sicht der KiezSportLotsin bei den Sporthallen nach und nach, „denn zu jeder neuen Schule wird auch eine Sporthalle gebaut“. Laut Beschluss des Bezirks sind das oft sogar doppelstöckige Halle, auch wenn die Schule selbst vielleicht nur eine einstöckige Halle benötigte. Eine Solche Halle wird derzeit zum Beispiel in der Putbusser Straße im Brunnenviertel errichtet. Insgesamt sollten sich nach Ansicht der KiezSportLotsin die Schulen noch stärker für den Sport öffnen – auch die Aulen und Außenflächen, nicht nur die Sporthallen. „Wir brauchen jede Fläche, jeden Raum für den Sport!“, sagt sie.
Auch an kleineren Räume fehle es. „Es gibt in einigen verdichteten Gebieten teilweise keine Räume mehr für Yogakurse, Pilates, Gymnastik und ähnliches – obwohl der Bedarf groß ist“, sagt Susanne Bürger. Am schlimmsten jedoch sei der Mangel an Sportplätzen, sogenannten ungedeckten Sportflächen. Susanne Bürger wünscht sich, dass bei der Suche nach Freiflächen jede Möglichkeit geprüft wird. In den derzeit freiwerdenden Friedhofsflächen sieht sie auch eine Chance für den Sport. „Diese Flächen, die nicht mehr benötigt werden, sind ein riesiges Potential und im innerstädtischen, stark verdichteten Bereich vielleicht Teil einer Lösung“, sagt sie. Wenn Friedhofsflächen frei werden, eigneten sie sich nicht nur zum Gärtnern. Auch Sportarten wie Yoga und Pilates seien hier möglich.
Dass der Bedarf groß ist, ist laut KiezSportLotsin auch in den Parks und Grünanlagen zu sehen. „Die Menschen erobern sich die Räume, in Corona-Zeiten ist das besonders deutlich“, sagt sie. In diesem Sommer gab es kaum eine Wiese oder Grünfläche, auf der nicht Sport getrieben wurde. Susanne Bürger verweist dabei beispielhaft auf die starke Nutzung des Humboldthains durch sportelnde Menschen. Die Grünflächen teilweise auch für Sportangebote zu nutzen, findet Susanne Bürger sinnvoll. Doch sie hat auch andere Ideen. Beispielsweise hält sie das Sommerbad im Humboldthain für eine Potenzialfläche für den Sport: „Das ist öffentliches Gelände. Das ist ein Ort, den man entwickeln könnte“. Sie fragt: Warum das Sommerbad nicht überdachen und auch im Winter Schwimmen ermöglichen? Warum auf dem großzügigen Gelände nicht eine weitere Eisläuffläche einrichten? Warum nicht die große Grünfläche für andere Sportarten nutzen?
„Die Bedürfnisse der Menschen ändern sich und Bewegung gehört einfach dazu. Klar ist nur, dass wir um Mischnutzungen nicht herum kommen werden. Bei dem Nutzungsdruck für Bildung, Sport und Freizeit, den wir haben, bleibt die Frage: Wer entscheidet, wer eine Fläche nutzen darf? Wie wollen wir das künftig aushandeln?“, sagt die KiezSportLotsin. Sie hat dazu viele Ideen – weil sie seit vielen Jahren darüber nachdenkt und immer wieder die gleiche Frage hört: Wo gibt es Platz für Bewegung in der Nachbarschaft?
Die KiezSportLotsin Susanne Bürger gibt Information über nahe Sport- und Bewegungsangebote für alle von 0 bis 99 Jahren in Moabit, Wedding und Gesundbrunnen. Sie ist telefonisch unter (0157) 33 28 13 28 oder per E‑Mail unter [email protected] erreichbar.
Der Text ist zuerst auf der Webseite des Quartiersmanagements Pankstraße erschienen. Geschrieben hat ihn Weddingweiser-Autorin Dominique Hensel. Auch die Fotos sind von ihr.