Besitzer Degewo gab das Gelände der Kreativinsel wieder frei
Ende vergangenen Jahres berichtete das Berliner Abendblatt (wie andere Medien auch) über die Zustände in der Wiesenburg, dem an der Panke gelegenen Kreativzentrum. Unter der Schlagzeile „Wiesenburg geht den Bach runter“ tat das Anzeigenblatt erstens dem nahen Flüsschen unrecht und war zweitens eventuell etwas vorschnell. Wenngleich die Tatsachen dafür sprachen, dass der Besitzer des Wiesenburg-Geländes, die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Degewo, mit der fast kompletten Sperrung des Areals Tatsachen schaffen wollte.
In einem Brief an die Mieter der Wiesenburg Ende November begründete die Degewo die drastische Maßnahme mit einem sogenannten Dominoeffekt, der dazu führen könnte, dass einstürzende Gewölbe andere bislang als sicher geltende Gebäude in Mitleidenschaft ziehen könnten. Es bestünde Gefahr für Leib und Leben der Mieter und der Besucher. Begründet wurden die Sperrmaßnahmen mit statischen Untersuchungen, deren Ergebnisse zu genanntem Schluss führen mussten.
Die Berichte forderten Degewo-Sprecher Lutz Ackermann zu einem Brief heraus, der sowohl Berliner Abendblatt als auch Berliner Woche als E‑Mail am 17. Dezember 2015 erreichte. Darin heißt es: „Seit Dienstag dieser Woche haben alle Gewerbemieter der Wiesenburg wieder Zugang zu ihren Räumen … Möglich wurde die Freigabe der Räume, weil im Laufe der vergangenen Woche umfangreiche Sicherungsarbeiten auf der Wiesenburg durchgeführt wurden (Rückbau des hohen Schornsteine, zusätzliche Stützen in den Kellerbereichen, Entfernen loser Steine). Ich bitte Sie, diese positive Entwicklung in Ihrer Berichterstattung der nächsten Ausgabe zu berücksichtigen. Sonst bleibt der Eindruck stehen, Degewo wolle die Mieter vertreiben – was Quatsch ist!“ Dieser Bitte kam das Berliner Abendblatt in seiner aktuellen Ausgabe gerne nach. Zumal Degewo-Sprecher Ackermann während der Tagung des Ausschusses Soziale Stadt der Bezirksverordnetenversammlung am 16. Dezember 2015 „interne Abstimmungsprobleme“ als Grund für die drastischen Absperrmaßnahmen nannte und den ominösen Dominoeffekt aus der offiziellen Sprachregelung nahm.
Die Medienberichte über das “unglückliche” Handeln der Degewo haben aber auch etwas Gutes. Endlich nämlich sieht sich die Politik in der Pflicht, wichtige Rahmenbedingungen für die zukünftige Entwicklung des Geländes zu benennen und das Bezirksamt zu verpflichten, entsprechend auf die Degewo einzuwirken. So fordert ein Beschluss unter anderem, dass die baulichen Anlagen, in denen sich Arbeitsplätze, Werkstätten und kulturelle Angebote befinden, größtmöglich erhalten bleiben sowie den Ausbau und die Erweiterung der Wiesenburg-Strukturen zu einem Kunst- und Kulturstandort.
Jetzt müssten sich Wiesenburger und Degewo nur noch auf offene Gespräche einigen. Und zwar auf Augenhöhe und ohne Dominoeffekt.
PS: Am 6. Januar – nach Redaktionsschluss für obigen Artikel wurde bekannt, dass nun endlich ein Werkstattverfahren für die Wiesenburg begonnen hat. Vier Architekturbüros sollen unter Mithilfe von Quartiersmanagement, Bezirk und “Die Wiesenburg e.V.” Konzepte für die Zukunft der Wiesenburg erstellen und herausfinden, was am Besten für den Ort und den Kiez ist. Wir bleiben dran!
Text: Ulf Teichert
Dieser Beitrag wurde zuerst im Berliner Abendblatt veröffentlicht.
1.) Es gab kein Gutachten oder eine offizielle statische Untersuchung, die einen Dominoeffekt auch nur im Ansatz begründen hätte können.…
2.) Die EU geförderte Tanzhalle des Wiesen55 e.V. ist dem Mieter nicht zugänglich!