Die Zukunft des Warenhauses am Leopoldplatz ist weiter ungewiss. Die Eigentümerin Versicherungskammer Bayern arbeitet bei Redaktionsschluss noch an einem neuen Konzept. Die alte Planung wurde zwar von der (inzwischen insolventen) Signa in einem kooperativen Verfahren zusammen mit dem Bezirk entwickelt. Sie lässt sich angesichts der derzeitigen Flaute auf dem Berliner Immobilienmarkt für Büroflächen aber nicht mehr umsetzen.

Anderswo in Berlin dagegen regt sich durchaus wieder etwas Leben in ehemaligen Kaufhäusern der Galeria-Gruppe. So zum Beispiel in Tempelhof, wo wie am Leopoldplatz die Versicherungskammer Bayern die Eigentümerin der Immobilie ist. Auch hier ist wie am Leo zunächst einmal ein Lidl-Markt eingezogen. Aber auch die noch leerstehenden Etagen sollen hier wieder vermietet werden: „Unser Ziel ist es, das Gebäude im Bestand umzubauen und langfristig neu auszurichten, sodass in den oberen Etagen auch weitere Nutzer einziehen“, vermeldete Robert Heinlein, Geschäftsführer der Immobilientochter der Versicherungskammer "VK Real Estate GmbH". Konkreter wurde er allerdings nicht.

In Neukölln zeigt sich, dass die Umnutzung ehemaliger Großkaufhäuser derzeit nicht einfach ist: In der Karl-Marx-Straße sollte eigentlich schon im vergangenen Jahr in einem alten Warenhaus aus den 1970er Jahren ein multifunktionaler Komplex mit Arbeits-, Freizeit- und Gastronomieangeboten namens "Kalle Neukölln" öffnen. Früher war hier ein großes Kaufhaus von Quelle untergebracht, später SinnLeffers, auch Karstadt war bis 2019 mit einem Schnäppchencenter präsent, zum größten Teil stand das Gebäude aber in den letzten 20 Jahren leer. Die Planung des renommierten Architekturbüros Max Dudler für die Umnutzung stammt aber noch aus der Zeit vor der Pandemie, die Immobilienfirma hofft also auf eine andere Epoche. 26.000 der insgesamt 40.000 Quadratmeter Gesamtfläche von "Kalle Neukölln" sind nämlich für Büros vorgesehen. Die aber sind derzeit auf dem Immobilienmarkt schlichtweg nicht unterzubringen.
Hoffnung macht dagegen die Entwicklung in Lichtenberg. Die ehemalige Galeria-Filiale im Ring-Center III scheint wiederbelebt zu werden: In das Haus mit offener Etage will ein Hersteller von Haushaltswaren einziehen, drei Viertel der alten Fläche wieder vermietet. Bereits im März haben hier ein REWE-Supermarkt und eine Filiale einer Fitnesskette eröffnet. Als ausschlaggebend für den neuen Schwung gelten die verkehrsgünstige Anbindung unter u. a. die Lage direkt am S- und U-Bahnhof.
Nun ist auch der Standort Leopoldplatz hervorragend an den ÖPNV angeschlossen. Woolworth gibt es zwar schon direkt gegenüber in der Müllerstraße. Allerdings entspricht der enge und verwinkelte Markt eigentlich nicht mehr den modernen Anforderungen. Das gilt aber auch für die Technik des Warenhauses am Leopoldplatz. Die ist dringend sanierungsbedürftig: Um das Gebäude als Standort für den Einzelhandel wiederzubeleben, sind große Investitionen erforderlich (die Eigentümerin verfügt freilich über das nötige Kleingeld). Und dann muss man die künftige Nutzungsbreite im ehemaligen Warenhaus wohl über den Einzelhandel hinaus erweitern.

Normalerweise käme an dieser Stelle der Hinweis auf den Freizeitbereich und die Beispiele des ehemaligen C&A Müllerstraße, des Schillerpark-Center oder des ehemaligen Hertie in der Turmstraße. Auch dort mieten sich Fitness-Studios und private Sporteinrichtungen gezielt in möglichst zentralen Lagen an.
Aber die Lagegunst hat am Leopoldplatz auch noch einen anderen, sehr spezifischen Aspekt: In seinem Umfeld bündelt sich nämlich wie kaum an einem anderen Ort die Kompetenz im schier unerschöpflichen Marktfeld Gesundheit. Ein internationaler Konzern betreibt hier seine Pharma-Zentrale und eine international renommierte Universitätsklinik ihren Haupt- und ihren wichtigsten Nebensitz. Das Bundesamt für Verbraucherschutz hat nur wenige Meter entfernt in der Gerichtstraße gerade ein neues Dienstgebäude bezogen und die Berliner Hochschule für Technik, die wichtigste Ingenieursschmiede der deutschen Hauptstadt, residiert gleich nebenan.
Daraus müsste sich doch etwas machen lassen …



BAYER, Berliner Hochschule für Technik, Bundesamt für Verbraucherschutz
Autor: Christof Schaffelder
Dieser Artikel erschien zuerst in der Zeitschrift "Ecke Müllerstraße"