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Wie rassistisch bist Du, Wedding?

15. August 2019
Schild mit klarer Botschaft gegen rassistische Vorfälle. Foto: Narud e.V.
Schild mit kla­rer Bot­schaft. Foto: Narud e.V.

15.08.2019 In Ber­lin gibt es seit 2005 ein Regis­ter, in dem ras­sis­ti­sche Vor­fäl­le und grup­pen­be­zo­ge­ne Mensch­lich­keit erfasst wer­den. Narud e.V. hat gera­de den Regis­ter­be­richt für den Bezirk Mit­te ver­öf­fent­licht. Der Ver­ein doku­men­tiert für 2018 ins­ge­samt 495 Vor­fäl­le. Zum Ver­gleich: Im Jahr zuvor wur­den 344 Vor­fäl­le erfasst. Die Ver­fas­ser des Regis­ter­be­richts spre­chen von einer „erschre­cken­den Zunah­me ras­sis­ti­scher Vorfälle“.

Das Regis­ter in Ber­lin-Mit­te doku­men­tier­te eine ste­ti­ge Zunah­me an dis­kri­mi­nie­ren­den und ras­sis­ti­schen Vor­fäl­len. Im Jahr 2018 wur­den ins­ge­samt 495 Vor­fäl­le gemel­det (2017: 344, 2016: 283, 2015: 196). Wie 2017 fie­len im Bezirk Mit­te die meis­ten Mel­dun­gen aller Ber­li­ner Regis­ter an. Und auch ber­lin­weit neh­men die Vor­fäl­le laut Regis­ter­be­richt zu: In allen zwölf Ber­li­ner Bezir­ken zusam­men doku­men­tier­ten die Regis­ter­stel­len 3405 Vor­fäl­le (2017: 2800). Wie die Autoren des Regis­ter­be­richts bemer­ken, ist der Anstieg zum Teil auf die wach­sen­de Bekannt­heit des Ber­li­ner Regis­ters zurück­zu­füh­ren: Weil immer mehr Men­schen von der Erfas­sung wis­sen, wer­den auch mehr Vor­fäl­le gemeldet.

Der Bericht unter­schei­det die Vor­fäl­le nach ver­schie­de­nen Kate­go­rien. So fan­den fan­den in Ber­lin-Mit­te wie im Vor­jahr durch die zen­tra­le Lage bei­spiels­wei­se beson­ders vie­le Ver­an­stal­tun­gen statt (2018: 142, 2017: 84, 2016: 74). Beson­ders ras­sis­tisch moti­vier­te Kund­ge­bun­gen und Demons­tra­tio­nen haben in Mit­te zuge­nom­men. Auf­fäl­lig ist laut Narud e.V., dass Bedrohungen/Beleidigungen/Pöbeleien extrem ange­stie­gen sind (2017: 48, 2018: 136). Die­se Ent­wick­lung zeigt sich auch ber­lin­weit in einem Anstieg von 495 auf 899. „Die­ser star­ke Anstieg kann nicht mehr nur auf die gewach­se­ne Zahl von Melder_innen, die uns Vor­fäl­le bekannt machen, zurück­ge­führt wer­den“, heißt es im Bericht.

Meldungen aus den Ortsteilen

Der Bericht unter­schei­det die Vor­fäl­le nach Kate­go­rien und nach Orts­tei­len. Wie bereits 2017 wur­den im Orts­teil Mit­te wie­der die meis­ten Vor­fäl­le regis­triert. In Gesund­brun­nen wur­den 23 statt 6 Vor­fäl­le 2017 auf­ge­nom­men, was laut Ein­schät­zung der Autoren jedoch ins­ge­samt vor allem dar­auf zurück­zu­füh­ren sein dürf­te, dass wir hier etwas mehr Mel­de­rin­nen und Mel­der gewon­nen wer­den konn­ten. Im Wed­ding wur­den 2018 etwas weni­ger Vor­fäl­le regis­triert als 2017, 55 statt 67.

Der Bericht kommt zu der Schluss­fol­ge­rung, dass das Kli­ma in Ber­lin-Mit­te rau­er gewor­den ist: „Die Gren­zen des­sen, was vie­len als sag-bar erscheint, haben sich wei­ter ver­scho­ben. Hem­mun­gen, sich grup­pen­be­zo­gen men­schen­feind­lich gegen­über allen in irgend­ei­ner Wei­se als ‚anders’ Klas­si­fi­zier­ten zu äußern, sind gefal­len. Doch damit haben sich auch die Gren­zen, vom Sagen zum Ver­hal­ten über­zu­ge­hen, verschoben.“

Der gan­ze Bericht steht online als PDF zur Ver­fü­gung und kann nach­ge­le­sen wer­den: Regis­ter­be­richt Ber­lin Mit­te 2018

Das Register Berlin

Auf­ga­be des Regis­ters ist es, die dis­kri­mi­nie­ren­den Vor­fäl­le sicht­bar zu machen. Dadurch sol­len Anwoh­ne­rin­nen und Anwoh­ner sowie Per­so­nen aus Wis­sen­schaft und Poli­tik für das The­ma sen­si­bi­li­siert wer­den. Das Ber­li­ner Regis­ter doku­men­tiert Vor­fäl­le, die ras­sis­tisch, anti­se­mi­tisch, anti­zi­ga­nis­tisch, extrem rechts, anti­mus­li­misch-ras­sis­tisch, LGBTIQ*feindlich, den Natio­nal­so­zia­lis­mus ver­herr­li­chend oder ver­harm­lo­send, behin­der­ten­feind­lich und sozi­al­chau­vi­nis­tisch moti­viert sind. Erfasst wer­den Angrif­fe, Belei­di­gun­gen, Pro­pa­gan­da, Sachbschä­di­gung sowie Veranstaltungen.

Die Daten gewin­nen die Mit­ar­bei­ter des Regis­ters aus Recher­che (Pres­se­mel­dun­gen, Poli­zei­mel­dun­gen), von Mel­dun­gen aus der Bevöl­ke­rung und von Koope­ra­ti­ons­part­nern. Bera­tungs­stel­len und ande­re Orte mit hohem Publi­kums­ver­kehr sind dabei Anlauf­stel­len für Betrof­fe­ne. So kön­nen auch Vor­fäl­le erfasst wer­den, die nicht in den poli­zei­li­chen Sta­tis­ti­ken vor­kom­men, weil sie nicht zur Anzei­ge gebracht wor­den sind.

Das Regis­ter Ber­lin wur­de 2005 zunächst in Pan­kow und Lich­ten­berg gegrün­det. Gleich­zei­tig wur­de mit dem Auf­bau in wei­te­ren Tei­len Ber­lins begon­nen. Seit 2016 ist das Regis­ter Ber­lin in allen Bezir­ken aktiv. Seit 2014 wird die Regis­ter­stel­le im Bezirk Ber­lin-Mit­te von Narud e.V. getragen.

Narud e.V. ist eine migran­ti­sche Orga­ni­sa­ti­on, die sich ins­be­son­de­re für Inte­gra­ti­ons­för­de­rung, ent­wick­lungs­po­li­ti­sche Bil­dung und Ent­wick­lungs­zu­sam­men­ar­beit ein­setzt und das Ziel ver­folgt, die dis­kri­mi­nie­rungs­freie Teil­ha­be von Migran­tin­nen  und Migran­ten in Ber­lin zu för­dern. Finan­zi­ell geför­dert wird das Regis­ter Ber­lin-Mit­te durch die Ber­li­ner Senats­ver­wal­tung für Inne­res und Sport, das Bezirks­amt Ber­lin-Mit­te, das Job­cen­ter Ber­lin-Mit­te und durch das Pro­gramm „Demo­kra­tie Leben“ des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Fami­lie, Senio­ren, Frau­en und Jugend (BMFSFJ).

Anlaufstellen für Betroffene

Der Regis­ter­be­richt für 2018 ent­hält nicht nur die ras­sis­tisch moti­vier­ten Vor­fäl­le im Bezirk Mit­te. Er ent­hält auch eine umfas­sen­de Lis­te mit Anlauf­stel­len für Betrof­fe­ne, die einen Angriff oder eine Belei­di­gung mel­den möch­ten. Auch eine Lis­te mit Bera­tungs­stel­len für ver­schie­de­ne Per­so­nen­grup­pen ist im Bericht aufgeführt.

Mel­dun­gen über ras­sis­ti­sche und dis­kri­mi­nie­ren­de Vor­fäl­le kön­nen bei den Regis­ter­stel­len und ihren Anlauf­stel­len oder tele­fo­nisch, über die Regis­ter-APP, online über die Web­sei­te des Ber­li­ner Regis­ters, per E‑Mail, via Twit­ter oder per Post gege­ben werden.

Regis­ter­stel­le Ber­lin-Mit­te bei Narud e.V.
Web: https://berliner-register.de/mitte
APP: www.register-app.de
Mail: [email protected]
Trä­ger: Narud e.V., Brüs­se­ler Stra­ße 36, 13353 Berlin
Tele­fon: (030) 40 75 75 51, Mobil: (0157) 76 31 87 28

Der Text ist eine Über­nah­me vom Quar­tiers­ma­nage­ment Brun­nen­stra­ße. Vie­len Dank für die Erlaub­nis zur Ver­öf­fent­li­chung! Die Fotos sind aus dem Regis­ter­be­richt und stam­men alle von Narud e.V.

Dominique Hensel

Dominique Hensel lebt und schreibt im Wedding. Jeden zweiten Sonntag gibt sie hier den Newsüberblick für den Stadtteil. Die gelernte Journalistin schreibt für den Blog gern aktuelle Texte - am liebsten zu den Themen Stadtgärten, Kultur, Nachbarschaft und Soziales. Hyperlokal hat Dominique es auf jeden Fall am liebsten und beim Weddingweiser ist sie fast schon immer.

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