Erst kam die Schule, dann der Name Schulstraße. Am 27. April 1820 genehmigten die Behörden die „Schule auf dem Wedding‟. Am 15. Oktober (andere Quellen berichten vom 6. November) 1821 eröffnete die Schule mit einer Klasse. Damit kann in unseren Tagen das Jubiläum 200 Jahre Schule im Wedding gefeiert werden.
Verblüffend aus heutiger Sicht ist, dass es sich um eine Privatschule handelte. Schulgründer und ‑eigentümer war ein Herr Wilhelm Friedrich. In den Akten wird die Schule auf dem Wedding einige Zeit als Friedrichsche geführt. Bis 1855 lehrte er dort. Gut zu wissen ist in diesem Zusammenhang, dass Berlin 1837 stolz verkündet, von nun an Communal-Armenschulen zu betreiben, so dass die “Unterstützung von Parochialschulen aus städtischen Mitteln nun immer mehr aufhören wird”. (Gleichzeitig vermerkt die Stadt, dass der heilsame Schulzwang gegen gewissenlose und stumpfsinnige Eltern in einer großen Stadt nicht so einfach durchzusetzen ist wie auf dem Lande).
Die Schulstraße erhielt ihren Namen erst um 1827, als der Wedding in Parzellen aufgeteilt wurde. Die Straße war aber eher ein Feldweg, der nach Pankow führte. Sie wurde erst 1890 teilweise gepflastert.
Ein Bericht aus dem Jahr 1842 nennt die Ausmaße der Schule: “44′ lang, 28 1⁄2 ’ tief, 1 Etage hoch”. Das Zeichen ’ steht vermutlich für Fuß. Dann wäre sie rund 14 Meter lang gewesen. Das Ziegeldach ist “zweiseitig”. 1822 wurde ein Stall angebaut und 1827 folgte eine zweite Etage “mit einem Aufsatze zu einer Glocke” geformt. 1833 wurde nachträglich ein Keller hinzugefügt. Damit umfasste das Haus drei Klassen und eine Lehrerwohnung.
Die Schulkosten für die zahlreichen Armenkinder übernahm die Stadt Berlin. Und das, obwohl der Wedding erst 1861 ein Teil von Berlin wurde. Und ja, Schule kostete damals Geld. 1838 bezahlte Berlin für 355 Kinder das Schulgeld auf der Friedrichschen Schule. Ob auch selbstzahlende Eltern ihre Kinder dort einschulten, ist nicht übermittelt. Ein Bericht über die Gemeindeverwaltung berichtet, dass 1840 insgesamt 220 Kinder in der Schule auf dem Wedding “auf Kosten der Stadt” lernten.
Interessant ist auch, was arme Kinder in der ersten Klasse lernten: Sechs Stunden Religion und sechs Stunden Rechtschreibung, für Lesen und Schönschreiben gab es noch einmal vier Stunden, Rechnen vier Stunden und Formenlehre zwei Stunden. Für Mädchen gab es einen eigenen Stundenplan, der ebenfalls 32 Wochenstunden umfasste, aber allein für “weibliche Handarbeiten” acht Stunden vorsah. Gespart wurde bei Rechtschreibung, Formenlehre und Weltkunde.
In den Gemeindeakten hatte die Schule nie einen Namen. Für die Schulstraße 14⁄15 wird einmal “ein Filial der 19. Gemeindeschule” erwähnt, später wird sie als 141. Gemeindeschule geführt, und auch die Bezeichnung 65. Gemeindeschule taucht auf.
Um 1900 taucht das Gebäude als vermietetes Haus auf und bringt so der Stadt Einnahmen. Zum Ende 1920er Jahre diente die Schule als eine von vielen Außenstellen des Wohlfahrtsamtes. Die Nationalsozialisten schreiben, dass ab 1933 ein erheblicher Rückgang der Arbeitslosigkeit einsetzte, so dass Mitte der 1930er Jahre in der Schulstraße keine – wie man heute sagen würde – Sozialhilfe mehr ausgezahlt wurde.
In der NS-Zeit diente das Schulhaus von 1936 bis 1945 als Reichsmütterschule. Das Mitte-Museum hatte 2014 eine Ausstellung zu dieser Nutzung. Die Einrichtung diente der Ideologisierung junger Frauen, die neben Säuglingspflege auch etwas in “Brauchtum” lernen konnten. Gleichzeitig diente sie auch als Weiterbildungseinrichtung für Lehrkräfte anderer Reichsmütterschulen. Zum Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Gebäude zersört, nach dem Krieg wurde das Grundstück planiert. Auf der Brache siedelte sich 2013 das Gartenprojekt Himmelbeet an.