Es gibt nur wenige Straßennamen, die schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts bekannt sind. Dazu zählen See‑, Bad‑, Brunnen- und Müllerstraße, aber auch die Acker‑, Wiesen‑, Trift‑, Feld- oder Gartenstraße. Solche Namen findet man auch auf jedem Dorf? Kein Wunder: Der Wedding war ursprünglich eine Bauernsiedlung, dann ein landwirtschaftliches Gut, und lag immer vor den Toren der Stadt Berlin. Erst 1861 wurde der Wedding auch offiziell Teil Berlins. Viele Namen sind jedoch schon viel älter.
Namen aus der Zeit vor der Eingemeindung 1861
Ackerstraße seit 1801
Auf Veranlassung König Friedrichs II. wurde die Straße durch die Äcker der Berliner Feldmark angelegt. Sie war damals die mittlere Straße der Kolonie Voigtland, die von 1752 bis 1770 durch die Zuwanderung von Handwerksgesellen aus dem Vogtland entstanden war. Damit die Handwerker ganzjährig in Berlin blieben, wurden dort 30 Häuser für 60 Familien gebaut. Das Gebiet bestand aus vier langen Reihen mit Häusern und dazwischengelegenen Gärten. 1801 baten die Bewohner in der Rosenthaler Vorstadt um die Benennung dieser Straße.
Gartenstraße seit 1801
1770 befahl Friedrich II. die Ansiedlung ausländischer Gärtnerfamilien. 1772 erhielten zuerst zehn Gärtnerfamilien je ein Haus und vier Morgen (etwa einen Hektar) Land. Die Straße wurde, wie die Acker‑, die Berg‑, die Brunnen- und die Invalidenstraße, um 1752 angelegt. Sie hieß ab Mitte des 18. Jahrhunderts Hamburger Landwehr. 1801 erbaten Anwohner vom Polizei-Direktorium die offizielle Benennung der Straßen in der Rosenthaler Vorstadt, die auch erfolgte. 1833 wurde die Verlängerung der Gartenstraße ebenfalls so benannt. 1881 forderten Anwohner den Namen Humboldt-Straße. Dieser Antrag wurde jedoch abgelehnt.
Gerichtstraße seit 1827
Bei der Parzellierung wurde der Weg neu angelegt und erhielt den Namen nach dem Hochgericht, das sich damals dort befand. Die Hinrichtungsstätte wurde um 1749 in den Wedding verlegt. Der Galgen stand bis 1840 am heutigen Gartenplatz. Der Name hat also nichts mit dem nahegelegenen Amtsgericht am Brunnenplatz zu tun.
Brunnenstraße seit 1801
Die Straße wurde 1752 auf Anordnung Friedrichs II. vom Rosenthaler Tor zum Bad Gesundbrunnen angelegt. Vorher wurde sie Straße von Rosenthal genannt. 1801 baten Anwohner um die Benennung der Straße.
Seestraße seit spätestens 1827
Ihr Name bezieht sich, wie sollte es anders sein, auf den Plötzensee, der an ihrem Ende liegt. Der später zugeschüttete “Kleine Plötzensee” lag auf der anderen Straßenseite. Schon 1877 eröffnete dort die erste Badeanstalt, bis 1918 existierte hier eine Militär-Badeanstalt. Die Bebauung der besonders breiten Seestraße erfolgte erst 1907.
Müllerstraße seit spätestens 1827
Die Straße erhielt ihren Namen nach den Mühlen, die damals an der rechten Seite der Straße standen und nach den dort 1827 wohnenden 25 Müllern. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts waren an den Adler- und Sellerteichen Polier‑, Schleif- und Hammermühlen gegründet worden. Die Müllerstraße war auf einer Karte, die um 1701 entstanden war, als Straße nach Oranienburg eingezeichnet.
Feldstraße seit 1858
Dieser Weg führte über die Feldmark vor den Toren Berlins.
Wiesenstraße seit 1827
Bis zur Wiesenstraße erstreckten sich die Gärten und Wiesen des Vorwerks Wedding. Bei der Parzellierung des Wedding wurde die Straße neu angelegt. Auf der Karte von 1827 ist die Straße bereits namentlich eingezeichnet.
Triftstraße seit spätestens 1827
Um 1700 hieß die Straße Weg nach Fehrbellin und Ruppin. Trift, auch Hutung, nennt man eine Viehweide auf ärmlichen Böden, meist für Schafherden genutzt, sowie einen vom Vieh benutzten Weg zwischen Weide und Stall. Der Name wurde nach der damals vorhandenen großen Magistratstrift, bis zu der diese Straße führte, gewählt. Bei der Parzellierung der Kämmererheide 1827 wurde die Straße neu angelegt. Damals allerdings bedeutend länger als heute, verlief sie von der Müllerstraße weit nach Westen, über die Torfstraße hinaus.
Torfstraße seit 1832
Die 1832 angelegte Straße erhielt ihren Namen nach den torfhaltigen Wiesen, die sich zu beiden Seiten der Straße hinzogen. 1872 wurde die Straße, die damals von Trift- bis Invalidenstraße führte, geteilt: Von Triftstraße bis zur Bahn behielt sie den Namen Torfstraße, von Fennstraße bis Invalidenstraße bekam sie den Namen Lehrter Straße. Beide Teile waren durch die Torfstraßenbrücke über den Berlin-Spandauer Schiffahrtskanal verbunden. Die im Krieg stark beschädigte Brücke wurde 1968 durch einen Neubau ersetzt, der aber bereits 1980 wieder abgebrochen wurde. Dafür entstand 1979⁄80 der Torfstraßensteg.
Prinzenallee seit spätestens 1857
Prinzen nahmen einstmals diesen Weg, um vom Kaninchen- und Hühnergarten im Wedding zum Schloss Niederschönhausen zu gelangen. Der Kaninchengarten lag südlich der heutigen Prinzenallee; dort befinden sich heute die Bellermann‑, Stettiner und Grüntaler Straße. König Friedrich I. ließ etwa 1712 das Wildgehege für den Kronprinzen, den späteren Friedrich Wilhelm I., als “Jagdplaisier” anlegen. Dort gab es dann Fasane, Rebhühner, Hasen und Kaninchen. Das Gehege bestand jedoch nur wenige Jahre. 1753 bewarb sich der Berliner Bürger Johann Paul Fischer um das Land, da er auf ihm eine Maulbeerplantage anlegen wollte. Auf einer Karte von 1857 ist die Straße bereits namentlich als Prinzenallee eingezeichnet.
Welcher Name ist denn nun der älteste im Wedding? Das dürfte die Badstraße sein. 1701 wurde dort eine Heilquelle entdeckt, die im Jahre 1799 zu Ehren von Königin Luise “Luisenbad” genannt wurde. Die Straße erhielt Mitte des 18. Jahrhunderts ihren Namen. Auf der Karte von 1722 sind Bad- und Brunnenstraße ohne Namen an der Pankemühle als Weg eingezeichnet. Bis Ende des 19. Jahrhunderts überquerte die Stettiner Eisenbahn zu ebener Erde die Straße, und zwar zwischen Badstraße 15 und 16.
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