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Was im Herzen des Wedding geplant ist:
Wendet sich das Blatt am Leo?

4. Juli 2024
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Ganz am Ende des neu­en News­let­ters der Bezirks­bür­ger­meis­te­rin Ste­fa­nie Rem­lin­ger zur Situa­ti­on auf dem Leo­pold­platz kommt der Pau­ken­schlag: „Mit der Eigen­tü­me­rin des Kar­stadt-Gebäu­des konn­ten wir ver­ein­ba­ren, dass wir das Erd­ge­schoss für eine kul­tu­rel­le Nut­zung bis Ende 2025 bespie­len dür­fen.“ Heißt: Nach der SIGNA-Plei­te ist die Ver­si­che­rungs­kam­mer Bay­ern als Eigen­tü­me­rin der leer­ste­hen­den Kauf­haus­im­mo­bi­lie offen­bar bereit, der wei­te­ren Ver­ödung der Gegend Ein­halt zu gebieten.

Im Erd­ge­schoss könn­ten nach den Vor­stel­lun­gen des Bezirks unter dem Mot­to „Ein Haus für alle“ auch Work­shops, Per­for­man­ces, Kunst‑, Film- und Thea­ter­ver­an­stal­tun­gen statt­fin­den und so (Ideen-)Räume der Teil­ha­be geschaf­fen wer­den. Die Pla­nun­gen des Bezirks sehen außer­dem vor, im Unter­ge­schoss des Kauf­hau­ses einen „Raum der Hil­fe“ ein­zu­rich­ten, damit die Sucht­kran­ken des Leo­pold­plat­zes eine Anlauf­stel­le haben, die auch als Rück­zugs­ort die­nen kann, damit sie sich dort pfle­gen sowie Ruhe und Bera­tung fin­den können.

Kom­men­tar: Also ein Kon­zept zur Zwi­schen­nut­zung des Kauf­hau­ses. Genau das hat­ten Anwoh­nen­de und ins­be­son­de­re die Stadt­teil­ver­tre­tung Mül­lerstra­ße immer wie­der gefor­dert. Ex-Mit­ei­gen­tü­mer SIGNA Hol­ding zeig­te sich im letz­ten Jahr noch über­rascht, dass so eine Mög­lich­keit von den Bewoh­nern des Wed­ding über­haupt gefor­dert wur­de und tat sol­che Ideen eher mit einem Lächeln ab. Hin­ter vor­ge­hal­te­ner Hand wur­den die Chan­cen als aus­sichts­los beti­telt. SIGNA ist nun plei­te – und ob der Leer­stand und Umbau nun in fünf Jah­ren vor­bei sein wer­den oder spä­ter, weiß man dage­gen auch nicht so recht. Inter­es­sant wäre noch zu ver­mit­teln, wie fest­ge­legt wird, wel­che Initia­ti­ven oder Aus­stel­lun­gen an der Zwi­schen­nut­zung par­ti­zi­pie­ren dür­fen. Ent­schei­det das Amt? Gibt es eine Art Bür­ger­ju­ry? Ein Leo­pold­platz für alle könn­te auch ein (Ex-)Karstadt für alle hei­ßen. Es bleibt abzu­war­ten, ob sich die Nega­tiv­spi­ra­le stop­pen lässt. Wen­det sich bald das Blatt am Leo?

Was noch am Leo geplant ist: 

An dem rie­si­gen Frei­ge­län­de zwi­schen Mül­ler- und Max­stra­ße, das in den letz­ten Jah­ren durch mehr Ver­mül­lung, zuneh­men­den Dro­gen- und Alko­hol­kon­sum im öffent­li­chen Raum und mehr Kri­mi­na­li­tät nega­ti­ve Schlag­zei­len pro­du­ziert hat, gibt es grö­ße­re Her­aus­for­de­ru­gen. Der „Leo“, das eigent­li­che Herz des Wed­ding, ist für vie­le zu einem Ort gewor­den, an dem sie sich nicht ger­ne auf­hal­ten. Schon vor Jah­ren wur­de der Run­de Tisch Leo­pold­platz ins Leben geru­fen. Seit aber das Land Ber­lin im Novem­ber zu einem Sicher­heits­gip­fel gela­den hat, bei dem auch der zen­tra­le Wed­din­ger Platz The­ma war, tut sich spür­bar etwas.

Zu den vom Land ver­spro­che­nen Gel­dern teilt Bezirks­bür­ger­meis­te­rin Ste­fa­nie Rem­lin­ger in ihrem News­let­ter mit: „Lei­der sind wir bedingt durch das kom­pli­zier­te Abruf­ver­fah­ren auf Lan­des­ebe­ne für die zuge­si­cher­ten Finanz­mit­tel aus dem Sicher­heits­gip­fel noch nicht so weit in der Umset­zung, wie wir sein könn­ten.“ Aber den­noch sei ein neu­er Auf­bruchs­geist schon spür­bar, so die grü­ne Bezirks­po­li­ti­ke­rin, die wei­ter mit­teilt: „Mit dem Café Leo und sei­nen vie­len Akti­vi­tä­ten, dem Safe Hub-Sport­platz und dem neu gestal­te­ten Max­platz erhält der Kiez vie­le neue posi­ti­ve Impul­se. Auch die Umge­stal­tung des Auf­ent­halts­be­reichs für dro­gen­kon­su­mie­ren­de Men­schen und sei­ne stär­ke­re Tren­nung vom Spiel­platz hat eine Bes­se­rung gebracht.“

Inzwi­schen sind die Gel­der frei­ge­ge­ben, und als ers­tes wird die Ver­bes­se­rung der Toi­let­ten­si­tua­ti­on auf dem Platz in Angriff genom­men. Für die City-Toi­let­te am Leo benö­tigt man einen Schlüs­sel, den nur ein Sozi­al­ar­bei­ter her­aus­gibt. Zusätz­lich wer­den Kiezhausmeister.innen eta­bliert und eine Kon­takt­stel­le für mobi­le Sozi­al­ar­beit dauf­ge­baut. Zu letz­te­rer gehör­ten auch auf­su­chen­de Sozialarbeiter:innen.

Eine lang­fris­ti­ge Per­spek­ti­ve scheint den Betei­lig­ten auch wich­tig zu sein. Mit kul­tu­rel­len Ver­an­stal­tun­gen könn­te der Leo eben­falls wie­der zu einem Ort gemacht wer­den, den die Wed­din­ger Bevöl­ke­rung wie­der als „ihren“ Platz emp­fin­det. Auch die Wirt­schafts­för­de­rung soll nicht ver­ges­sen wer­den, denn der Gewer­be­mix am Platz lässt nach der Kar­stadt-Schlie­ßung deut­lich zu wün­schen übrig. Beson­de­res Augen­merk wird dann die Krea­tiv­wirt­schaft haben, denn durch Kultur‑, Sport- und Bil­dungs­ver­an­stal­tun­gen auf dem Leo­pold­platz und in den anlie­gen­den Kul­tur­ein­rich­tun­gen erhofft man sich ein erhöh­tes Besu­cher­auf­kom­men und damit mehr Umsatz der loka­len Wirtschaft. 

weddingweiserredaktion

Die ehrenamtliche Redaktion besteht aus mehreren Mitgliedern. Wir als Weddingerinnen oder Weddinger schreiben für unseren Kiez.

8 Comments

  1. Siche­re Kon­sum­räu­me und Anlauf­stel­len haben sich in Städ­ten auf der gan­zen Welt als unglaub­lich wirk­sam erwie­sen, um die Zahl der Todes­fäl­le durch Über­do­sie­rung zu ver­rin­gern und die Wur­zel des Sucht­pro­blems zu besei­ti­gen. Eine ver­stärk­te Über­wa­chung und poli­zei­li­che Kon­trol­le bewirkt kaum etwas ande­res, als dass die Süch­ti­gen gezwun­gen sind, sich neue Berei­che zu suchen, zum Bei­spiel Wohn­stra­ßen. Ich ver­ste­he die Angst und die Frus­tra­ti­on über die Aus­ga­ben der Stadt für Men­schen, die nicht unbe­dingt ange­nehm sind, aber das Geld, das für die Behand­lung der­sel­ben Men­schen in Kran­ken­häu­sern nach einer Über­do­sis und die ver­stärk­te poli­zei­li­che Über­wa­chung aus­ge­ge­ben wird, ist auf lan­ge Sicht viel höher.
    Ich emp­feh­le wirk­lich eine Unter­su­chung der Wirk­sam­keit von siche­rem Kon­sum und Kon­takt­stel­len. Das hat mei­ne Mei­nung völ­lig verändert.

  2. Äh, im Unter­ge­schoss kön­nen sich die Süch­ti­gen pfle­gen und aus­ru­hen. Bit­te wie soll sich dann am Leo­pold­platz was ändern. ?Ich mache es denen noch kusch­li­ger. ?Tut mir­v­leid, da habe ich kein Ver­ständ­nis für.

      • yup, 200%

        We should stop spen­ding our money on cozy hotels and care cen­ters for a few dozen addicts who pol­lu­te the area for ever­yo­ne, and start spen­ding it on faci­li­ties that make the lives of thou­sands bet­ter every day.

  3. Schön zu lesen, dass es anschei­nend mit klei­nen Schrit­ten in die rich­ti­ge Rich­tung geht. Gleich­zei­tig ist noch eini­ges zu tun.
    Ein Aus­zug aus mei­ner Rede auf der jähr­li­chen Demons­tra­ti­on am 30.4., orga­ni­siert von der Stadt­teil­or­ga­ni­sa­ti­on Hän­de weg vom Wed­ding [unverwertbar.rog/aktuell/2024/9029/]:

    “Was aber auch den Meis­ten im Kiez völ­lig klar ist: Bei den Pro­ble­men auf dem Platz hel­fen kei­ne Law&Order Stra­te­gien wie Video­über­wa­chung, mobi­le Wachen oder einen kri­mi­na­li­täts­be­las­te­ten Ort ein­zu­rich­ten – Aus­sa­ge übri­gens von der Poli­zei selbst.
    Es ist schließ­lich eine Gesund­heits­kri­se und die löst man nur mit ver­stärk­ten sozi­al­ar­bei­te­ri­schen Mit­teln, bes­se­rer medi­zi­ni­scher Ver­sor­gung und Sub­sti­tu­ten und einer dis­kri­mi­nie­rungs­frei­en Unter­brin­gung. Ban­ner, um den Spiel­platz abzu­schir­men sind eine ers­te Hil­fe für Eltern und Kin­der im Kiez, aber blei­ben nur Sym­ptom­be­kämp­fung und gehen nicht an die Wur­zel der Pro­ble­me der Sucht­kran­ken und Anwohner*innen am Leo.
    Gleich­zei­tig ist mit Ben­ko und Signa mal wie­der ein schmie­ri­ger Inves­tor plei­te gegan­gen, das Kar­stadt Haus am Leo steht jetzt genau­so leer auf unbe­stimm­te Zeit, wie schon das Schil­ler­park Cen­ter oben See­stra­ße es schon seit Jah­ren tut. Wir for­dern daher die Ein­rich­tung eines Hau­ses der Gesund­heit, zunächst zur Zwi­schen­nut­zung im Kar­stadt­ge­bäu­de mit Mit­teln des Senats, anstatt für ein paar Mil­lio­nen einen Zaum um den Gör­li zu ziehen.
    Ein Haus der Gesund­heit ist eine gemein­schaft­lich genutz­te Ein­rich­tung der akzep­tie­ren­den Sucht- und Sozi­al­be­ra­tung mit Kon­sum- und Auf­ent­halts­räu­men, einer Hygie­ne­sta­ti­on und Bera­tungs­an­ge­bo­ten, wie Housing First.
    Es gibt die Mög­lich­keit das Haus der Gesund­heit zu einem kom­mu­na­len Kiez­zen­trum für Sor­ge und Kul­tur aus­zu­bau­en. Die LINKE Abge­ord­ne­te Kata­lin Gen­n­burg aus Trep­tow Köpe­nick setzt sich dafür im Ber­li­ner Abge­ord­ne­ten­haus ein. Stellt euch vor bit­te kurz vor, was man aus die­ser Bau­rui­ne alles machen könnte…
    Dafür und gegen die­sen räu­di­gen Senat kämp­fen wir in ganz Ber­lin in den Kiezen und wir wer­den wei­ter mit unse­ren ‚beschei­de­nen‘ Mit­teln unse­re For­de­run­gen in der Bezirks­po­li­tik stark machen, gehen zum vom Bezirks­amt aus­ge­rich­te­ten Run­den Tisch Leo­pold­platz und sind auch im Aus­tausch mit der Anwohner*innen- und Klein­ge­wer­be­trei­be­nen-Ini­ta­tii­ve ‚Wir am Leo‘ und machen wei­ter Haus­tür­ge­sprä­che mit unse­ren Nachbar*innen. ”

    • “räu­di­ger Senat”? Sor­ry, mit der Hal­tung kom­men wir nicht wei­ter. Der Senat bzw. die Abge­ord­ne­ten wur­den in einer demo­kra­ti­schen Wahl gewählt.
      Das kann Dir nicht gefal­len, hast Du aber zu respektieren.
      Und wenn Du für Dei­ne Vor­stel­lun­gen Unter­stüt­zung suchst, dann klappt das viel bes­ser, wenn Du den Leu­ten nicht eins vor den Kof­fer knallst.

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