Genau 80 Jahre nach ihrem Tod im KZ Ravensbrück soll eine von den Nazis verfolgte Frau mit einem Straßennamen geehrt werden. Der Nettelbeckplatz soll künftig „Martha-Ndumbe-Platz“ heißen. Dies beschloss die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Mitte in ihrer Januar-Sitzung. Das Bezirksamt wurde gebeten, die Umbenennung umzusetzen und eine feierliche Einweihung im Frühjahr zu organisieren. Zudem soll eine Informationstafel aufgestellt werden, die den historischen Hintergrund und die Bedeutung des neuen Namens erläutert.

Kein Anwohner muss etwas umändern lassen
Die Umbenennung wurde angestoßen, weil der bisherige Name koloniale Bezüge hat. Dabei ändert sich für Anwohnende und Gewerbetreibende nichts – postalisch gehört der größte Teil des Platzes zur Gerichtstraße, niemand hat den Nettelbeckplatz als Adresse.
Der ursprüngliche Namensgeber, Joachim Nettelbeck, war im späten 18. Jahrhundert als hoher Offizier auf einem niederländischen Sklavenschiff tätig. Später ließ er sich in Kolberg (heute: Kolobrzeg) nieder und wurde während der Belagerung durch napoleonische Truppen 1807 als Organisator des Widerstands bekannt. 1884 wurde der Platz am Bahnhof Wedding nach ihm benannt.

Die Initiative zur Umbenennung entstand im August 2021 durch die BVV Mitte. Bürger:innen konnten über die Beteiligungsplattform meinberlin.de Namensvorschläge einreichen – mehr als 500 Vorschläge gingen ein. Daraus wurden drei Namen ausgewählt, alle von schwarzen Frauen aus Berlin.
Zur Namensgeberin
Martha Ndumbe wurde 1902 in Berlin geboren. Ihr Vater, Jacob Ndumbe, stammte aus Kamerun und kam anlässlich der Ersten Deutschen Kolonialausstellung nach Deutschland, wo er Marthas Mutter, Dorothea Grunwaldt aus Hamburg, kennenlernte. Er blieb in Berlin, wo auch seine Tochter aufwuchs.
Aufgrund rassistischer Diskriminierung war es für schwarze Menschen in Deutschland damals kaum möglich, eine reguläre Arbeit zu finden. Um zu überleben, war Martha gezwungen, sich der Prostitution und Kleinkriminalität zuzuwenden. Die Nationalsozialisten stuften sie als „asoziale Berufsverbrecherin“ ein und inhaftierten sie. Am 9. Juni 1944 wurde sie in das Konzentrationslager Ravensbrück deportiert, wo sie am 5. Februar 1945 starb.
"Nun liegt es am Bezirksamt Mitte aktiv zu werden", schreibt der Verein Straßenlärm Berlin e.V. Davon hängt ab, ob die Umbenennung tatsächlich in diesem Frühjahr vollzogen wird. Da keine Anwohnenden direkt betroffen sind, dürfte dem Verwaltungsakt nichts entgegenstehen.
Hallo in die Runde
also noch mal um das mit den ollen Nettelbeck klar zu stellen….
Danach verlegte Nettelbeck seinen Wohnsitz nach Kolberg. Eine Kapitänsstelle bekam er nicht. Stellungslos geworden, heuerte Nettelbeck 1771 in Amsterdam auf einem holländischen Sklavenschiff als Obersteuermann an. Es befuhr im Dreieckshandel die Route Europa – Guinea – Surinam – Europa, wovon er später in seinen Lebenserinnerungen ausführlich und anschaulich berichtete. Nettelbeck kommandierte ein großes Beiboot, das dicht an der afrikanischen Küste entlang fuhr, um bereits versklavte Menschen bei einheimischen Anbietern gegen Waffen, Schießpulver, Tabak, Schnaps, Textilien und Krimskram zu erhandeln. Er nutzte das Privileg des Obersteuermanns, selbst einen Gewinn durch den Handel mit Goldstaub zu erzielen.[4]
In seinen ein halbes Jahrhundert später geschriebenen Lebenserinnerungen – Großbritannien hatte den Sklavenhandel 1807 verboten – distanzierte sich Nettelbeck von der gewaltsamen Verschleppung von Menschen, wobei die Distanzierung eine Relativierung enthält:
„Vor 50 Jahren war und galt dieser böse Menschenhandel als ein Gewerbe, wie andre, ohne daß man viel über seine Recht- oder Unrechtmäßigkeit grübelte. Wer sich dazu brauchen ließ, hatte die Aussicht auf einen harten und beschwerlichen Dienst, aber auch auf leidlichen Gewinn. Barbarische Grausamkeit gegen die eingekaufte Menschen-Ladung war nicht nothwendiger Weise damit verbunden und fand auch wohl nur in einzelnen Fällen statt; auch habe ich, meines Theils, nie dazu gerathen oder geholfen.“
Quelle: Wiki
also nun wird der Name von einem bösen Sklavenhändler, welcher er vor 150 Jahren möglicher weise gewesen ist gegen einen Namen einer Prostituierten und Kleinkriminellen ausgetauscht …. genau meine Humor
die weisen Weddinger haben mir wieder den Start in die Woche versüßt – Danke
Ich bin jedes Mal stolz auf mein Land wenn wir es schaffen ein Stück Erinnerungskultur zu schaffen. Es ist absolut richtig durch solche Namensgebungen nich nur angebliche Helden zu ehren, sondern auch an Opfer zu erinnern. Die Verbrechen von damals sind unverzeilich. Leider haben viele unserer selbsternannten "Patrioten" nicht die innere Stärke Verantwortung zu zeigen. Keiner von uns heute ist Schuld daran aber wir tragen trotzdem die Verantwortung vernünftig damit umzugehen, auch wenn es manchmal weh tut.
Welche Verdienste bringt die Frau außer ihrer ethnischen Zugehörigkeit mit?
Unabhängig von der getroffenen Entscheidung: Muss man sich grundsätzlich Verdienste erwerben, damit Gedenken sinnvoll ist?
Danke für die Einordnung. Das ist ein wichtiges Stück Geschichte, und jetzt kann man sinnvoll auf Kommentare reagieren. Was mich noch interessiert hätte, wäre, wie die Kommission zusammengesetzt war, die den Namen ausgesucht hat. Wurde das in der ganzen BVV diskutiert?
Hier steht mehr dazu: https://weddingweiser.de/drei-namen-fuer-den-nettelbeckplatz/