Nichts fasziniert mich am Wedding so sehr wie die Tatsache, dass es den einen Wedding gar nicht gibt. Da landet einmal im Jahr das Mode-Ufo Wedding Dress in der Brunnenstraße und schon bekommen einige Mitbürger Angst, dass die Schönen und Hippen das Kommando übernehmen. Doch es fliegt wieder davon und leise plätschern die immer noch unbenannten Degewo-Brunnen vor sich hin. Da hält großstädtisches Sommerflair mit Freilichtkino in den Rehbergen oder Tanz in den Uferstudios Einzug und dann wird einem Mann am U‑Bahnhof Leopoldplatz ins Gesicht gestochen, nur weil er sich darüber beschwerte, angerempelt worden zu sein. Und wenn ich erlebe, wie blöde ein paar Jungen in weiten Hosen zwei kurzberockte Mädchen anmachen, frage ich mich schon, was ich hier zu suchen habe. Dann aber lädt Hüseyin Ünlü, der Chef vom Café Leo, zum fast schon traditionellen gemeinsamen Fastenbrechen am 31.7. vor der Alten Nazarethkirche ein und mir wird warm ums Herz. Das ist der Wedding, den ich mag.
Autor: Ulf Teichert
Unsere Kolumne gibt es auch an jedem Wochenende im Berliner Abendblatt, Ausgabe Wedding.