Hunde, die bellen, beißen ja bekanntlich nicht. Wenn sie aber in der Wohnung allein gelassen werden, ruft das durchaus schon mal tierliebe Weddinger auf den Plan. Wir kümmern uns hier nämlich umeinander – ob Mensch oder Getier. Dass sich aber nun ausgerechnet das Kulturamt Mitte hier einmischt und unsere Eckkneipen fördert? Dass finden wir spitze – Nostalgie hin oder her. Was sonst noch so vor und zurück ging im Wedding, das lest ihr wie immer in unserer Wochenschau.
Worüber alle reden
Zwei umstrittene Straßennamen sollen nach jahrelangem Für und Wider endlich weichen. Hierfür haben Anwohner im Februar bereits 102 alternative Namensvorschläge ans Bezirksamt gemacht. Nicht nur Anwohner und der immer wieder in den Wedding spionierende Tagesspiegel dürfen also gespannt sein, zu welcher Entscheidung die Namensfindungskommission im April kommt. Beide wurden übrigens nicht vorab gefragt, wie sie zu einer Umbenennung stehen. Warum die Straßenumbenennung im Afrikanischen Viertel schon seit gefühlten Ewigkeiten diskutiert wird? Hier:
Den 1834 in Bremen geborenen Franz Lüderitz könnte man als Schlitzohr bezeichnen. Der Großkaufmann machte sich 1883 mit einem Trick zum ersten deutschen Landbesitzer in Deutsch-Südwest, was heute zu Namibia gehört, in dem er dem Volk der Nama Gebiete abluchste. Im Kaufvertrag ließ er offen, ob es sich bei den vereinbarten fünf Meilen rund um die heutige Lüderitzbucht um deutsche Meilen (= 7,5 Kilometer) oder englische (= 1,6 Kilometer) ging. Er ertrank 1886 im Oranje-Fluss.
Gustav Nachtigal, geboren 1834 in Eichstedt (Altmark) war ein sprachbegabter Militärarzt, der Arabisch und verschiedene afrikanische Sprachen lernte und über seine Forschungsreisen berichtete. Er erlebte zahlreiche Abenteuer als erster Weißer. 1884 wurde Gustav Nachtigal Reichskommissar für Deutsch-Westafrika (Togo und Kamerun) und somit Kolonialpolitiker. Bereits 1885 starb er in Las Palmas.
Worüber zu reden lohnt
Und wo wir schon beim Thema sind: Von kolonialkritischen Vereinen und einigen politischen Parteien wird die Tilgung der umstrittenen Namen im Afrikanischen Viertel aus nachvollziehbaren Gründen natürlich forciert. Wieder andere fordern lediglich die Light-Variante, nämlich eine Umwidmung. So würde der Nachtigalplatz fortan an einen Theologen und die Lüderitzstraße an die gleichnamige Stadt in Namibia erinnern. Dass insbesondere letztere Umwidmung nichts anderes wäre, als die Katze, die sich in den sprichwörtlichen Schwanz beißt, nun ja, kann man und sollte man wohl erst einmal so stehen lassen.
Dank thematischen Stadtführungen sowie an einer eigens aufgebauten Infostele und darüber hinaus mit Hilfe einer App können sich Interessierte schon seit Längerem über das größte zusammenhängende Viertel mit kolonialen Straßennamen in ganz Deutschland informieren. Erklärende Zusatztafeln, die eine historische Einordnung des um die Jahrhundertwende während der kolonialen Begeisterung im Deutschen Reich entstandenen Viertels ermöglichen würden, fehlen hingegen fast vollständig. Auch die Frage, inwieweit ansässige Anwohner und Gewerbetreibende – allein an der Lüderitzstraße sind Tausende betroffen – für die anfallenden Kosten für neue Visitenkarten und neue Fahrzeugscheine entschädigt werden, bleibt ungeklärt. In der Sache zwar richtig, könnte man meinen, es wehe mal wieder ein Hauch vorschneller Symbolpolitik durch die Straßen…
Essen im Wedding
Hier gibt es zwar kein Essen am großen Tisch, aber rein ausstattungstechnisch erinnert die Bar in der Malplaquetstraße tatsächlich an eine WG. Zwei lange Jahre war sie aus dem Straßenbild verschwunden, nun ist die Institution wieder da, die gute alte WG-Bar.
Vormerken
Für die Wahl der neuen Stadtteilvertretung Müllerstraße kann man sich noch bis zum 16. März als Kandidat aufstellen lassen. Dazu gibt’s hier ein Formular.