Ein Krimi, der im Wedding spielt – das hat es schon des Öfteren gegeben. Die Phantasie von Film- oder Buchautoren wird gern von in der Gesellschaft als Tabu angesehenen Themen angeregt: zum Beispiel Sadomasochismus ℠. Fiktionale Stoffe schwelgen in bizarren SM-Bildern und stellen eher Distanz zu diesem Thema her als Verständnis. Die Weddinger Krimi-Autorin Isabella Bach versucht mit ihrem neuen Roman, nicht einfach eine spannende Krimihandlung in dieses Milieu zu verlegen. Vielmehr erklärt sie anhand tiefer Einblicke in die Psyche der Personen aus der SM-Szene und ihrer oft ahnungslosen Angehörigen, welche Umstände Menschen dazu bringen können, absolute Kontrolle über andere auszuüben oder sich bedingungslos hinzugeben.
Dabei bezeichnet sich die Autorin selbst als Nicht-SMlerin. „Ich bin in meinem ersten Leben als Chefsekretärin vielen sadistischen bzw. masochistischen Typen begegnet und welchen die ihre Neigungen in der SM-Szene ausleben“, sagt die gebürtige Frankfurterin im Interview mit dem Berliner Stadtblatt. Dass sich die intensiven Recherchen auszahlen, zeigen die vielen Facetten dieses hochkomplexen Themas, die in Isabellas Bachs Roman „Vindicta – Strafe muss sein“ angeschnitten werden. „Ich sehe SM als Spiegel für die Gewaltbereitschaft in unserer Gesellschaft“, betont die Autorin ihre Motivation, die SM-Szene zum Dreh- und Angelpunkt eines außergewöhnlichen Todesfalles zu machen. Gerade auch die szenefremden Personen, die sich durch die persönliche Verstrickung und die Verdächtigungen des ermittelnden Polizisten damit auseinandersetzen müssen, führen die Leser gedanklich an das Thema SM heran. Innere Dialoge der Hauptfigur Felicitas mit Gott lassen erahnen, dass das Thema Religion – vor allem in ihrer katholischen Ausprägung – eng mit SM in Verbindung gebracht wird. Den Satz „Strafe muss ein“ sagt im Roman bezeichnenderweise auch die Mutter Oberin eines Klosters – und nicht eine Figur aus der SM-Szene. Spezifische Begriffe werden in Fußnoten erläutert, auch wenn dies manchmal den Lesefluss etwas hemmt und für das Verständnis des Romans oft nicht erforderlich ist.
Der Wedding als Schauplatz
Eine weitere Besonderheit des Romans ist, dass Isabella Bach die Handlung zwar in einem ihr früher fremden Milieu spielen lässt, die Handlungsorte aber weitestgehend in die Berliner Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen verlegt hat. Große Detailkenntnis echter Orte und Cafés wie dem Gilmore’s oder dem Schraders zeigen, dass die Buchautorin Spaß daran hatte, ihren Wohnbezirk zum Schauplatz ihrer Phantasie werden zu lassen. Und da wimmelt es nur so von gebrochenen Biographien und unwahrscheinlichen Zufällen! So ist die esoterisch angehauchte Großmutter der Hauptfigur zufällig die Freundin des Leiters der Mordkommission. Doch all das tut dem Lesevergnügen dieses Heimatkrimis keinen Abbruch. Wenn Felicitas beispielsweise die Wartenden auf dem Bahnsteig am Leopoldplatz nach Sadisten, Masochisten oder Normalos scannt, macht das Lesen einfach Spaß. Auch wer vom Flakbunker Humboldthain als Schauplatz von (erfundenen?) SM-Sessions liest, sieht den Wedding mit ganz anderen Augen! Aber je weiter die Handlung voranschreitet, gewöhnt sich der Leser schnell an die Parallelwelt des SM und kann sich ganz in die Suche nach dem Mörder fallenlassen.
Ein ungewöhnlicher Krimi
In dem Maße, wie der Leser oder die Leserin sich in die Welt der auf eigene Faust ermittelnden Domina Felicitas hineinfindet, wird die abweisend wirkende SM-Fassade immer brüchiger. Für die Verletzungen, die wir uns zufügen, brauchen Menschen eben keine Peitschen oder Fesselspiele. In Wirklichkeit geht es in diesem Roman nämlich um Vergebung – nicht durch einen strafenden, bösen Gott. Sondern durch uns. Wie schwer das ist, erfährt Felicitas im Laufe des Romans. Dieser endet anders als übliche Krimis, denn der Fall gerät immer mehr aus dem Fokus. Fündig wird die zerrissene Hauptfigur am Ende dennoch….
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Marterpfahl Verlag
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Wie kriegt man den Spagat des Mögens hin, ohne männlich breitbeinig zwischen Wedding-Mitte und Gesundbrunnen zu stehen?
Gruß, jetzt aus Tiergarten,
Frank Singielli