Mastodon

Wedding, ick liebe dir!

6. Oktober 2019

Kneipe, Sportsbar, Alt-WeddingWird im Wed­ding eigent­lich noch ber­li­nert, in etwa so? „Icke dit­te bin Ber­li­ner. Wer ma haut, den hau ick wie­da. Icke, dit­te, kie­ke ma.” Man soll­te mei­nen, dass der Stadt­dia­lekt, das Ber­li­nern, immer noch zum All­tag bei uns gehört. Schließ­lich gilt der Wed­ding als einer der letz­ten authen­ti­schen Stadt­tei­le Ber­lins, wo Arbei­ter­kul­tur, Stra­ßen-Slang und tra­di­tio­nel­les Groß­stadt­fee­ling aufeinandertreffen. 

Man hört eine wilde Mischung

Eine Umfra­ge auf unse­rer Wed­ding­wei­ser Pinn­wand ergab ein Ergeb­nis, das Hoff­nung auf ein Über­le­ben des loka­len Jar­gons gibt. Zuge­zo­ge­ne geben bei uns offen­sicht­lich nicht den Ton an. Auch der Wed­ding lebt natür­lich von den vie­len Neu­ber­li­nern, ob mit oder ohne aus­län­di­schen Hin­ter­grund. Aber dass schwä­bi­sche, eng­li­sche oder spa­ni­sche Klän­ge auf unse­ren Stra­ßen domi­nie­ren, kann nie­mand behaup­ten. Eher hört man tür­ki­sche, ara­bi­sche, pol­ni­sche Sprach­fet­zen, oder alles zusam­men in den wil­des­ten Mischun­gen aus Kiez­deutsch und Fremdsprache.

Unse­re Umfrage

Berlinern wurde abgewöhnt

Doch selbst Ur-Ber­li­ner haben manch­mal noch eine Hem­mung, ihren Dia­lekt zu ver­wen­den, und das hat viel mit sei­nem schlech­ten Image zu tun. „Es wur­de einem in der Ber­li­ner Schu­le abge­wöhnt. Wobei unse­re Deutsch­leh­re­rin wenigs­tens ein paar Stun­den zum Dia­lekt gemacht hat und rich­ti­ges Alt­ber­li­ne­risch kann man kaum lesen“, schreibt unse­re Lese­rin Tine. Und Nata­lie erzählt: „Uns wur­de in der Schu­le eher aus­ge­trie­ben zu ber­li­nern. Lan­ge galt unse­re schö­ne Mund­art als aso­zi­al.“ Und längst nicht jeder gebür­ti­ge Ber­li­ner beherrscht das Ber­li­nern, wie das Bei­spiel unse­rer Lese­rin Sven­ja zeigt: „Ich bin hier gebo­ren und auf­ge­wach­sen und wür­de mir wün­schen, dass ich ohne Nach­den­ken ber­li­nern könn­te, aber lei­der hab ich Migra­ti­ons­hin­ter­grund: Mama aus dem Ruhr­ge­biet, Papa aus dem Harz. Ich hab genug Zeit mit Voll­blut­ber­li­nern ver­bracht, dass ich ganz gut ber­li­nern kann, ist aber schon ein biss­chen, als ob ich eine ande­re Spra­che spre­chen würde.“

Klingt authentisch, ist es aber nicht immer

Manch­mal kommt es beim Ber­li­nern aber gar nicht dar­auf an, die Wor­te rich­tig aus­zu­spre­chen. Es ist eher die Art, Din­ge tref­fend und meis­tens ziem­lich rot­zig aus­zu­drü­cken, die das Ber­li­ni­sche kenn­zeich­net. Die Ver­wechs­lung von Akku­sa­tiv und Dativ, der “Akku­da­tiv”, ist das typischs­te Kenn­zei­chen des Dia­lekts. Bei­spiel gefäl­lig? “Mir und mich ver­wech­sel ick nich’, dit kann mich nich’ pas­sie­ren.

Portraits
“Kal­le” vom Prime­Time Thea­ter (l.)

Wenn alle Stri­cke rei­ßen, genügt auch ein Besuch des Prime Time Thea­ters, wo die Besu­cher von Post­bo­te Kal­le in schnodd­rigs­tem Ber­li­nisch begrüßt wer­den. Und so authen­tisch das auch klingt – in Wirk­lich­keit ist Kal­le-Dar­stel­ler Oli­ver Tau­to­rat janz woan­ders uffjewachsen…

Joachim Faust

hat 2011 den Blog gegründet. Heute leitet er das Projekt Weddingweiser. Mag die Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen gleichermaßen.

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

MastodonWeddingweiser auf Mastodon
@[email protected]

Wedding, der Newsletter. 1 x pro Woche



Unterstützen

nachoben

Auch interessant?