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Wedding-Geschichten: Kunstausstellung „NEWS FROM HOME“

21. Februar 2019
© Anne Feh­res & Luke Conroy

Anne Feh­res und Luke Con­roy sit­zen in ihrem Ate­lier im Insti­tut für Alles Mög­li­che und berei­ten ihre Ver­nis­sa­ge Mira­ge Bis­t­rot vor. Die Wän­de sind tape­ziert mit bun­ten Kle­be­zet­teln, Noti­zen und Post­kar­ten. Unter einer Kar­te vom Vier­tel hängt ein blau­er Zet­tel mit einem Zitat des deut­schen Kunst­kri­ti­kers Karl Scheff­ler: „Dam­ned to a fate of always beco­ming some­thing and never being it –  Dazu ver­dammt, immer­fort zu wer­den und nie­mals zu sein“. Was Scheff­ler im Jahr 1910 über Ber­lin sag­te, wird auch oft über den Wed­ding geraunt. Die ste­te Beschwö­rungs­for­mel, dass der Wed­ding kom­me, wird uner­müd­lich am Knei­pen­t­re­sen oder mit leich­tem Augendre­hen in U‑Bahnen erzählt. Die nie­der­län­di­sche Doku­men­tar­fil­me­rin Anne Feh­res und den Foto­künst­ler und Sozio­lo­gen Luke Con­roy inter­es­siert jedoch nicht das omi­nö­se Wer­den, son­dern aktu­el­le Sein. Bei ihrem ers­ten gemein­sa­men künst­le­ri­schen Foto­gra­fie­pro­jekt „NEWS FROM HOME“ erkun­den sie dafür den Wedding.

„Ber­lin ist iko­nisch. Die gro­ßen Geschich­ten wur­den schon so oft gehört. Aber gra­de im Vier­tel gibt es span­nen­de klei­ne Geschich­ten. Die wol­len wir erzäh­len“, erklärt Anne Feh­res. Post­kar­ten tra­gen immer das glei­che Bild einer Stadt in die Welt, vom Eif­fel- bis zum Fern­seh­turm. Das wol­len sie erwei­tern. Um die wirk­li­chen Geschich­ten zu fin­den, erkun­de­ten die bei­den Künst­ler zwei Mona­te den Wedding.

Sprechende Häuserwände und Postkarten

„Sonst redet man mit Nach­barn, um her­aus­zu­fin­den, was gra­de pas­siert. Hier kann man auch raus­ge­hen und Gra­fit­tis lesen. Du könn­test so ohne mit den Leu­ten zu reden, wis­sen was sie bewegt“, teilt Luke Con­roy sei­ne  Beob­ach­tun­gen. Die lau­ten Schrift­zü­ge, die von Mau­ern For­de­run­gen stel­len oder Lie­bes­be­kun­dun­gen bezeu­gen, fin­den sich auch auf ihren Wer­ken wie­der. Häu­ser­wän­de wer­den so Geschich­ten­er­zäh­ler. Emp­fän­ger sind alle die­je­ni­gen, die kurz den Kopf heben und sich die Mühe machen, die Wör­ter und Bil­der zu ent­zif­fern. Eine bekann­te Wed­din­ger Geschich­te erzählt von Post­kar­ten, die sich auch an nie­man­den und doch alle rich­te­ten. Con­roy und Feh­res stol­per­ten bei ihren Erkun­dun­gen über die Geschich­te von Eli­se und Otto Ham­pel, die bei­den Wed­din­ger Wider­stands­kämp­fer gegen den Natio­nal­so­zia­lis­mus. Im zwei­ten Welt­krieg leg­ten sie Post­kar­ten mit Apel­len in Ber­li­ner Haus­flu­re. Wor­te als War­nung, gerich­tet an jeden der sie auf­hebt. Eine alte Geschich­te, die durch das Denk­mal auf dem Rat­haus­vor­platz auch im Jetzt und auf den Bil­dern der Aus­stel­lung sicht­bar wird.

Wedding Tag & Nacht

Die bei­den Künst­ler sind Rei­sen­de. Sie sam­mel­ten für zwei Mona­te an einem für sie frem­den Ort Geschich­ten von einem Zuhau­se, das nicht ihres ist. Sie haben dabei klar ein Gespür für den Wed­ding ent­wi­ckelt. Betrach­tet man die Wer­ke der Rei­he, erkennt man leicht, was aktu­ell den Bezirk bewegt. Es sind zunächst eher die gro­ßen Geschich­ten als die klei­nen, die Feh­res und Con­roy zei­gen – Gen­tri­fi­zie­rung, der Leo­pold­platz bei Tag und bei Nacht, Flug­zeu­ge die bedroh­lich tief über die Köp­fe flie­gen und die umstrit­te­nen Stra­ßen­schil­der des afri­ka­ni­schen Vier­tels, ein­ge­rahmt von Giraf­fen. Bei genaue­rem Betrach­ten ent­deckt man jedoch vie­le klei­ne Ein­zel­hei­ten. Wie in Wim­mel­bil­dern fin­den sich Sze­nen und klei­ne Beob­ach­tun­gen. Die Wer­ke sind Mon­ta­gen aus meh­re­ren Fotos, die Feh­res und Con­roy zusam­men­führ­ten, gegen­über­stell­ten oder über­ein­an­der leg­ten. Jede Schicht erzählt sei­ne eige­ne klei­ne Geschich­te. Zusam­men­ge­bracht heben sie The­men her­vor, ver­zer­ren sie und las­sen uns so den Blick auf die Stra­ßen ändern, durch die wir täg­lich wan­dern. Fremd wirkt der Wed­ding kurz. Wir suchen auf den Bil­dern nach ver­trau­ten Ecken. Und plötz­lich ver­schiebt sich der Blick und wir erah­nen gemein­sa­me Geschich­ten. 

Heu­te um 19 Uhr ist die Aus­stel­lungs­er­öff­nung von „NEWS FROM HOME“. Zwei Wochen wer­den die Wer­ke in der Vitri­ne Blan­che im Mira­ge Bis­t­rot aus­ge­stellt. Besucher*innen kön­nen die sechs Kunst­wer­ke bis zum 7.3.2019 betrach­ten und als Post­kar­ten mit­neh­men. Und so eige­ne Geschich­ten von Zuhau­se verschicken.

Ver­nis­sa­ge:
21.02.2019 um 19 Uhr

Mira­ge Bistrot
Rei­ni­cken­dor­fer Stra­ße 110
13347 Ber­lin

Insta­gram:
@news_from_home
Anne Fehres:
https://www.annefehres.com
Luke Con­roy:
https://www.luke-conroy.com 

 

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