Update 1. August: Die Berliner Woche berichtet, dass die ersten vier Casinos im Bezirk Mitte pünktlich schließen. Für weitere 129 Spielhallen prüft das Bezirksamt nun die Anträge auf Fortbestand. Wann die Schließungswelle anrollt, dazu gibt es noch keine Angaben.
Original-Artikel vom 2. Januar: 2016 wird sich das Stadtbild in vielen Teilen Berlins spürbar ändern. Denn am 31. Juli 2016 erlöschen die Konzessionen für die Spielhallen in der Stadt. Und das Berliner Spielhallengesetz, das im Mai 2011 in Kraft trat, sieht für neue Betriebserlaubnisse wesentlich schärfere Regeln vor. So wird nur noch maximal eine Spielhalle mit höchstens acht Geldspielautomaten pro Gebäude erlaubt sein. Viele der großen Casinos, die bislang mit Mehrfachkonzessionen mehrere Spielhallen nebeneinander betreiben, müssen also schließen. Darüber hinaus soll künftig ein Mindestabstand von 500 Metern bis zur nächsten Spielhalle gelten – und auch zu Schulen, Kindergärten und Jugendeinrichtungen.
Mehr Mut zum Experiment
Der zuständige Bezirksstadtrat Carsten Spallek (CDU) schätzt, dass knapp die Hälfte der Spielhallen im Bezirk schließen müssen. Vertreter der Branche befürchten sogar, dass künftig nur noch 50 von 500 Spielhallen in Berlin weiter existieren. Sie haben ihre Klage gegen das Gesetz vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin im Juni 2015 verloren.
Auch die Hauseigentümer werden Abstriche machen müssen. Denn ähnlich hohe Mieteinnahmen wie von den Spielhallen werden sie für ihre Ladenlokale nicht mehr erzielen. Diese liegen, wie sich in den Aktiven Zentren Müllerstraße und Turmstraße gut beobachten lässt, oft in den Randzonen der klassischen Geschäftsstraßen: an der oberen Müllerstraße etwa oder an ihrem südlichen Ende oder in der Moabiter Stromstraße und in den Seitenstraßen sowieso. In den späten 2000er Jahren verstärkte sich vor allem in diesen Gebieten der Leerstand von Läden. Angesichts der Konkurrenz von Shopping- Centern und Internethandel schrumpften damals die Geschäftsstraßen sozusagen auf ihre Kernbereiche zurück. In die Lücken an den Rändern stießen dann oft solche Gewerbe wie Spielhallen und Wettbüros, denn sie waren noch am ehesten in der Lage, höhere Ladenmieten zu bezahlen. Diese Entwicklung wurde von den Anwohnern jedoch als Signal des Niedergangs ihrer Quartiere wahrgenommen. Unter großem öffentlichen Druck entstand deshalb noch vor der Berliner Wahl 2011 das Berliner Spielhallengesetz. Nur die FDP hatte es damals abgelehnt.
Jetzt stellt sich die Frage, welche Gewerbe die erneut entstehenden Lücken füllen werden. Der klassische Einzelhandel wohl kaum – er hat sich ja nicht grundlos aus diesen Lagen zurückgezogen. Und die neuen “Showrooms” und “Pop-Up-Stores”, die in Berlin derzeit Furore machen, bevorzugen eher smarte, angesagte Lagen wie in Alt-Mitte oder die City-West, Kreuzberg oder Neukölln. Solche Läden werden tage- oder wochenweise vermietet: An “Labels” aus der internationalen Kreativbranche, die dort ihre Produkte kurzzeitig präsentieren und ansonsten im Internet vertreiben.
In den Wedding oder nach Moabit haben sich bislang nur vergleichsweise wenige getraut. Das Fashion-Gewerbe zieht es vom Zentrum her eher in südliche Bereiche. Für Moabit und Wedding könnte man sich aber andere Branchen vorstellen, in denen der Norden des Bezirks Mitte seine Stärken hat: Technik zum Beispiel, oder Gesundheit. Wünschenswert wäre es, wenn die Immobilien-Eigentümer auch die Potenziale von Zwischennutzungen (auch kulturellen) oder jungen Existenzgründungen entdecken können. Die zahlen vielleicht nicht so viel wie eine Spielhölle – aber auf lange Sicht machen sie den Kiez für alle wesentlich lebenswerter.
Text: Christof Schaffelder
Der Artikel wurde zuerst in der aktuellen Ausgabe “Ecke Müllerstraße” 08/2015 veröffentlicht.
Na dann gibt’s ja bald genug Platz für Kita-Neugründungen.……
[…] Automaten-Casinos werden ab August schließen, weil dann das Mindestabstandsgesetz gilt. Ein Betreiber eines Casinos findet das Gesetz […]
[…] Konzessionen für Spielhallen erlöschen: 2016 wird sich das Stadtbild in vielen Teilen Berlins spürbar ändern. Denn das Berliner Spielhallengesetz, das im Mai 2011 in Kraft trat, sieht für neue Betriebserlaubnisse wesentlich schärfere Regeln vor. So wird nur noch maximal eine Spielhalle mit höchstens acht Geldspielautomaten pro Gebäude erlaubt sein. Viele der großen Casinos, die bislang mit Mehrfachkonzessionen mehrere Spielhallen nebeneinander betreiben, müssen also schließen. Darüber hinaus soll künftig ein Mindestabstand von 500 Metern bis zur nächsten Spielhalle gelten genau wie zu Schulen, Kindergärten und Jugendeinrichtungen. weddingweiser.wordpress.com […]
Sorry, es sollte heißen:
Angesichts der Vielzahl der Backshops, Spätis, Handyläden muß man/frau sich doch fragen, ob diese Läden alle
” überlebensfähig ” sind ???
Ja, dass finde ich auch immer wieder faszinierend:
Mal vorausgesetzt man will keine kleine Geldwäscherei aufmachen (dann ist eh egal) – sondern man will respektabel, sicher und mit Zukunftsaussichten arbeiten: Also da nimmt jemand ’ne Stange Geld in die Hand oder sogar einen Kredit auf, macht sich Unmengen an Mühe um ein Ladenlokal zu renovieren, geht das unternehmerische Risiko ein zu scheitern und all der Stress den die Selbständigkeit ausmacht, und dann: Macht man die x‑te Dönerbude/ Spät / Shisha-Lounge im immergleichen Stil mit blauen LEDs und grell-bunten Reklametafeln auf…warum? warum? warum?
Man sieht doch, dass die Läden, die es ein wenig gemütlicher versuchen, mal was anbieten was es nicht im Umkreis von 20m gibt eingerannt werden vor Begeisterung: Moritz Bar, Stranero Pizzeria, Nussbreite, die ganzen Dinger im Sprengelkiez…usw.
Was ist in den Köpfen unserer lieben Mitmenschen blockiert, dass dieses simple Erfolgsrezept (die Nische zu bedienen) nicht wahrgenommen wird, und stattdessen mit Volldampf und großem Einsatz in die Pleite gewirtschaftet wird?
Manchmal wünsche ich mir, dass jemand in die Schulen geht und den jungen Leuten sagt: Hey, wenn Ihr plant eine Dönerbude aufzumachen…lasst es einfach, und spezialisiert euch auf ein anderes Gericht aus eurer “Heimat”, euer Lieblingsgericht von eurer Mama.
Oder wenn ihr einen Backshop aufmachen wollt…lasst es einfach, Back richtiges Brot, nach alten Rezepten, nehmt einen oder zwei Euro mehr, und schon rennen sie euch die Bude ein.
Das Gesetzt sagt: Der Abstand zu weiteren Unternehmen nach § 1 soll 500 Meter nicht unterschreiten.
–> Soll ist nicht das gleiche wie darf.
Das Gesetzt sagt: Das Gewerbe soll auch nicht in räumlicher Nähe von Einrichtungen betrieben werden, die ihrer Art nach oder tatsächlich vorwiegend von Kindern oder Jugendlichen aufgesucht werden
—> Räumliche Nähe muss definiert werden, es sind nicht automatisch 500m
Meine Einschätzung:
In die Hälfte der leerstehenden Casino werden neue Wettbüros einziehen.
Für die zentraler gelegenen Läden wohl Backshops, Handyläden, Spätis (Wie schon 2015 an der Müllerstr., Seestr, Genter Str)
Schließt dasBerliner Spielhallengesetz auch die Wetthallen mit ein?
http://gesetze.berlin.de/jportal/portal/t/5ib/page/bsbeprod.psml/action/portlets.jw.MainAction?p1=2&eventSubmit_doNavigate=searchInSubtreeTOC&showdoccase=1&doc.hl=0&doc.id=jlr-SpielhGBEpP1&doc.part=S&toc.poskey=#focuspoint
Dem Europäischen Gerichtshof nach nicht!!
“Das überall sichtbare, wild wuchernde Gewerbe hat, juristisch betrachtet, etwas mit Europa zu tun. Vor zwei Jahren war es der Europäische Gerichtshof, der das deutsche Totalverbot von privatem Wettbetrieb und Online-Spielen in die Tonne getreten hat. Ein Land, so die Begründung, das selbst massiv für Toto, Lotto, Oddset und Spielbanken trommle, könne privaten Anbietern schwerlich mit dem Argument kommen, sie förderten die Spielsucht. Seitdem schießen insbesondere die Wetthallen wie Pilze aus dem Boden. In Baden-Württemberg sind es allein 500, in denen vollautomatische Wettapparate, sogenannte Wettterminals, zum Zocken einladen. Wer will, kann hier auf die erste Gelbe Karte im Spiel der Bayern gegen Real Madrid setzen und kriegt sogar noch eine Quittung dafür. Legal sind sie alle nicht.”
aus:http://www.kontextwochenzeitung.de/gesellschaft/84/wetten-krass-922.html
Es ist schon eigenartig .… Spielhallen und Wettbüros verbieten, aber von Lotto profitieren