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Ungewöhnliche Kunst:
Very Ugly Plates: Schwarzer Humor auf bunten Tellern

Skurrile Botschaften einer Weddinger Künstlerin - auf Porzellan geschrieben
30. April 2021
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Das sind Tel­ler, die gut zum Wed­ding pas­sen: inter­na­tio­nal, frech und ger­ne selbst­iro­nisch. Mit lus­ti­gen und oft pro­vo­ka­ti­ven Sprü­chen macht die pol­ni­sche Künst­le­rin Kami­la Majcher aus alten Por­zel­lan­tel­lern “Very Ugly Pla­tes”, die sie im Wed­ding malt und in die gan­ze Welt verkauft.

Die Leu­te zum Lachen bringen

Die Rega­le sind von Por­zel­lan­fi­gu­ren, Ker­zen und Blu­men über­füllt, Kak­tus­lam­pen wer­fen ein grü­nes Licht, Tier­bil­der und Tel­ler hän­gen an den Wän­den: Die Wed­din­ger Woh­nung von Kami­la Majcher ist schon ein Kunst­werk für sich. Mit­ten in die­ser krea­ti­ven Oase lebt sie mit ihrem Hund und malt Tel­ler, die sie auf ihre Web­sei­te verkauft.

Dorn­rös­chen wird vom Prinz wach­ge­küsst, “Wake up, time to clean” (Steh auf, Zeit zum Put­zen), schreibt Majcher; neben den berühm­ten Ähren­le­se­rin­nen von Mil­let fügt sie “I miss home office” (Ich ver­mis­se das Home Office) hin­zu ; eine Zeich­nung von Früch­ten wird mit “Coca­i­ne and kebab are not a healt­hy diet, eat also fruits” (Koka­in und Döner sind kei­ne gesun­de Ernäh­rung, iss Obst dazu) geschmückt. Die Künst­le­rin scheut sich nicht davor, tra­shig, zynisch oder sexu­ell expli­zit zu sein. Haupt­sa­che, es bringt die Leu­te zum Lachen, erklärt sie: “Ich erwar­te es von der Kunst und gene­rell vom Leben, dass es uns über­rascht.” Sie ver­sucht also eine uner­war­te­te Geschich­te hin­ter jedem Bild zu fin­den. Den­noch haben eini­ge von ihren Tel­lern auch eine tie­fe­re Bedeu­tung. Der oval­för­mi­ge Tel­ler mit “Let me dis­ap­pear in your black hole” (Lass mich in dei­nem schwar­zen Loch ver­schwin­den) zum Bei­spiel hat für sie einen inti­men Sinn. “Sol­che Tel­ler sind die­je­ni­gen, auf ich am meis­ten stolz bin”, sagt sie.

Ihre Inspi­ra­ti­ons­quel­len sind ihr eige­nes Leben sowohl die Geschich­ten ihrer Freun­de. “Manch­mal habe ich schon einen Satz in mei­nem Kopf und war­te, bis ich den per­fek­ten Tel­ler dafür fin­de. Manch­mal fin­de ich zuerst den Tel­ler und dann einen pas­sen­den Text”, erzählt die Künstlerin.

Wed­ding ist “über­ra­schend, rau, und dre­ckig

Auch Ber­lin und Wed­ding beein­flus­sen ihre Arbeit. Eigent­lich ist sie aus Zufall vor drei Jah­ren aus Char­lot­ten­burg in den Leo­kiez umge­zo­gen, haupt­säch­lich weil die Mie­te dort nied­ri­ger waren. Inzwi­schen hat sie eine kom­pli­zier­te Bezie­hung zu ihrem Kiez ent­wi­ckelt: “Wed­ding ist über­ra­schend, rau und dre­ckig”, fasst sie zusam­men. Das Gemein­schafts­ge­fühl mit ihren Nach­barn schätzt sie beson­ders, sowie “die merk­wür­di­gen Laden, die woan­ders in Ber­lin nicht über­le­ben könn­ten, weil die Mie­te zu hoch sind”, so Majcher. Dort kauft sie die bizar­ren Gegen­stän­de, die ihre Woh­nung schmü­cken. Noch wich­ti­ger für ihre Arbeit sind natür­lich die Floh­märk­te, etwa an der See­stra­ße und am Franz-Neu­mann-Platz in Rei­ni­cken­dorf, wo sie ihre Tel­ler kauft.

Obwohl ihr Wohn­sitz unum­strit­ten eine Inspi­ra­ti­ons­quel­le für sie ist, ver­sucht sie, “nicht zu Ber­lin-spe­zi­fisch” zu sein, da sie ihre Tel­ler in der gan­zen Welt ver­kauft. “Ich möch­te, dass sich jeder mit mei­ner Kunst iden­ti­fi­zie­ren kann”, sagt Majcher. Einen Tel­ler über Ber­lin hat sie aber schon bemalt: “Came for cur­ry­wurst, stay­ed for drugs” (Für die Cur­ry­wurst gekom­men, für die Dro­gen geblie­ben) steht über einer schwarz-wei­ßen Zeich­nung des Bran­den­bur­ger Tors.

Bald ein neu­es Projekt

Kami­la Majcher lebt heu­te von ihrer Kunst, doch ihr Plan war es das nie. “Ich war schon als Kind sehr krea­tiv, aber ich woll­te kei­ne arme Künst­le­rin wer­den”, gibt sie zu. Vor unge­fähr zwei Jah­ren hat sie schö­ne Tel­ler bei einer Wohl­tä­tig­keits­auk­ti­on gekauft , die “so süß” waren, dass sie “unbe­dingt etwas Dre­cki­ges dar­auf schrei­ben woll­te”. Und so ent­stan­den ihre ers­ten zwei Tel­ler: Rob­ben­ba­bies mit dem Spruch “Send nudes” (Schick nack­te Fotos) und eine ele­gan­te Frau im Empire-Kleid, vom Satz “Hap­py unem­ploy­ment” (Fro­he Arbeits­lo­sig­keit) ein­ge­rahmt. Sie pos­te­te Bil­der auf Face­book, begeis­ter­te Reak­tio­nen ihrer Freun­den lie­ßen nicht lan­ge auf sich war­ten. Die­se über­zeug­ten sie, wei­te­re Tel­ler zu bema­len und sie zu verkaufen.

Aktu­ell arbei­tet sie an einem neu­en Pro­jekt, wor­über sie noch wenig ver­ra­ten möch­te. Den Name gibt es aber schon – Naugh­ty Gran­nies – und ein paar Ver­su­che auch – etwa die Tas­se mit einem alt­mo­di­schen Bild von halb­nack­ten Non­nen, aus der sie ihren Tee trinkt. Die Fans ihrer pro­vo­kan­ten Kunst dür­fen sich freuen.

Text und Fotos : Luci­le Gagnière

Very Ugly Pla­tes, Web­sei­te: https://veryuglyplates.de/, Face­book : https://www.facebook.com/veryuglyplates/, Insta­gram : https://www.instagram.com/veryuglyplatess/

Gastautor

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1 Comment Leave a Reply

  1. Haha star­ke Idee!
    Das ist ja super, mei­ne Omma hat­te frü­her auch noch sol­che alten Zier­tel­ler an der Wand hän­gen. Ich hab mich immer gefragt wo denn so ein Trend her­kommt. Aber wie man aus altem eben auch neu­es & moder­nes erschaf­fen kann, ist ein­fach großartig!

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