Das sind Teller, die gut zum Wedding passen: international, frech und gerne selbstironisch. Mit lustigen und oft provokativen Sprüchen macht die polnische Künstlerin Kamila Majcher aus alten Porzellantellern “Very Ugly Plates”, die sie im Wedding malt und in die ganze Welt verkauft.
Die Leute zum Lachen bringen
Die Regale sind von Porzellanfiguren, Kerzen und Blumen überfüllt, Kaktuslampen werfen ein grünes Licht, Tierbilder und Teller hängen an den Wänden: Die Weddinger Wohnung von Kamila Majcher ist schon ein Kunstwerk für sich. Mitten in dieser kreativen Oase lebt sie mit ihrem Hund und malt Teller, die sie auf ihre Webseite verkauft.
Dornröschen wird vom Prinz wachgeküsst, “Wake up, time to clean” (Steh auf, Zeit zum Putzen), schreibt Majcher; neben den berühmten Ährenleserinnen von Millet fügt sie “I miss home office” (Ich vermisse das Home Office) hinzu ; eine Zeichnung von Früchten wird mit “Cocaine and kebab are not a healthy diet, eat also fruits” (Kokain und Döner sind keine gesunde Ernährung, iss Obst dazu) geschmückt. Die Künstlerin scheut sich nicht davor, trashig, zynisch oder sexuell explizit zu sein. Hauptsache, es bringt die Leute zum Lachen, erklärt sie: “Ich erwarte es von der Kunst und generell vom Leben, dass es uns überrascht.” Sie versucht also eine unerwartete Geschichte hinter jedem Bild zu finden. Dennoch haben einige von ihren Tellern auch eine tiefere Bedeutung. Der ovalförmige Teller mit “Let me disappear in your black hole” (Lass mich in deinem schwarzen Loch verschwinden) zum Beispiel hat für sie einen intimen Sinn. “Solche Teller sind diejenigen, auf ich am meisten stolz bin”, sagt sie.
Ihre Inspirationsquellen sind ihr eigenes Leben sowohl die Geschichten ihrer Freunde. “Manchmal habe ich schon einen Satz in meinem Kopf und warte, bis ich den perfekten Teller dafür finde. Manchmal finde ich zuerst den Teller und dann einen passenden Text”, erzählt die Künstlerin.
Wedding ist “überraschend, rau, und dreckig”
Auch Berlin und Wedding beeinflussen ihre Arbeit. Eigentlich ist sie aus Zufall vor drei Jahren aus Charlottenburg in den Leokiez umgezogen, hauptsächlich weil die Miete dort niedriger waren. Inzwischen hat sie eine komplizierte Beziehung zu ihrem Kiez entwickelt: “Wedding ist überraschend, rau und dreckig”, fasst sie zusammen. Das Gemeinschaftsgefühl mit ihren Nachbarn schätzt sie besonders, sowie “die merkwürdigen Laden, die woanders in Berlin nicht überleben könnten, weil die Miete zu hoch sind”, so Majcher. Dort kauft sie die bizarren Gegenstände, die ihre Wohnung schmücken. Noch wichtiger für ihre Arbeit sind natürlich die Flohmärkte, etwa an der Seestraße und am Franz-Neumann-Platz in Reinickendorf, wo sie ihre Teller kauft.
Obwohl ihr Wohnsitz unumstritten eine Inspirationsquelle für sie ist, versucht sie, “nicht zu Berlin-spezifisch” zu sein, da sie ihre Teller in der ganzen Welt verkauft. “Ich möchte, dass sich jeder mit meiner Kunst identifizieren kann”, sagt Majcher. Einen Teller über Berlin hat sie aber schon bemalt: “Came for currywurst, stayed for drugs” (Für die Currywurst gekommen, für die Drogen geblieben) steht über einer schwarz-weißen Zeichnung des Brandenburger Tors.
Bald ein neues Projekt
Kamila Majcher lebt heute von ihrer Kunst, doch ihr Plan war es das nie. “Ich war schon als Kind sehr kreativ, aber ich wollte keine arme Künstlerin werden”, gibt sie zu. Vor ungefähr zwei Jahren hat sie schöne Teller bei einer Wohltätigkeitsauktion gekauft , die “so süß” waren, dass sie “unbedingt etwas Dreckiges darauf schreiben wollte”. Und so entstanden ihre ersten zwei Teller: Robbenbabies mit dem Spruch “Send nudes” (Schick nackte Fotos) und eine elegante Frau im Empire-Kleid, vom Satz “Happy unemployment” (Frohe Arbeitslosigkeit) eingerahmt. Sie postete Bilder auf Facebook, begeisterte Reaktionen ihrer Freunden ließen nicht lange auf sich warten. Diese überzeugten sie, weitere Teller zu bemalen und sie zu verkaufen.
Aktuell arbeitet sie an einem neuen Projekt, worüber sie noch wenig verraten möchte. Den Name gibt es aber schon – Naughty Grannies – und ein paar Versuche auch – etwa die Tasse mit einem altmodischen Bild von halbnackten Nonnen, aus der sie ihren Tee trinkt. Die Fans ihrer provokanten Kunst dürfen sich freuen.
Text und Fotos : Lucile Gagnière
Very Ugly Plates, Webseite: https://veryuglyplates.de/, Facebook : https://www.facebook.com/veryuglyplates/, Instagram : https://www.instagram.com/veryuglyplatess/
Haha starke Idee!
Das ist ja super, meine Omma hatte früher auch noch solche alten Zierteller an der Wand hängen. Ich hab mich immer gefragt wo denn so ein Trend herkommt. Aber wie man aus altem eben auch neues & modernes erschaffen kann, ist einfach großartig!