Die Weddingweiser-Pinnwand konnte mit ihren vielen Mitgliedern schon häufig Antworten geben: Wo gibt es einen guten Arzt? Wer hat Umzugkartons zu verschenken? Was mache ich mit dem Essen, das ich zu viel gekocht habe? Und wieso steht gerade mal wieder die halbe Straße voller Polizeiautos? Und dann hat die Schwarmintelligenz der Weddinger sogar einen Bestohlenen glücklich gemacht. Eine kleine Geschichte aus einer großen Stadt.
Am 15. Januar 2016 hatte auch Hendrik seine ganze Hoffnung in die Augen der Facebook-Leser gesetzt und alle Pinnwand-Mitglieder gebeten, nach dem T3-Bus seiner Freundin Ausschau zu halten, der in der Brüsseler Straße geklaut wurde. Die Resonanz war groß, aber das Auto blieb verschwunden. Hendrik wohnt seit vier Jahren im Wedding, probt mit der Band Hey! that’s my bike regelmäßig in der Nussbreite und fühlt sich pudelwohl im Kiez. Den Bus haben er und seine Freundin erst seit einem Dreivierteljahr. Sie haben ihn in Eigenregie ausgebaut, so dass er der perfekte Urlaubsbus ist.
Eine Woche später – das Unglaubliche: Zwei Straßen weiter, von außen unversehrt, stand der VW-Bus vom Neuschnee bedeckt sauber eingeparkt am Straßenrand.
Was war passiert? Da es geschneit hatte, bin ich – gelegentlicher Autor beim Weddingweiser – auf dem Weg zum Bäcker noch ein paar Extra-Runden durch den Kiez gelaufen, unter anderem die Togostraße entlang. Da stand auf einmal ein gelber T3-Bus – und mir fiel der Beitrag in der Facebookgruppe Weddingweiser Pinnwand wieder ein. Also schnell das Handy raus geholt und den Beitrag gesucht! Das Nummernschild stimmte zwar nicht, aber sonst sah das Auto genauso aus.
Naja, wäre ein Mega-Zufall, dachte ich. Also weitergelaufen, vorbei an der Vagabund-Brauerei, rein in die Ostender Straße Richtung Rathaus, kurzer Blick nach rechts – da steht am Horizont schon wieder ein gelber Bus. Ich entschied mich also kurz in diese Richtung zu gehen – während ich darüber nachdachte, ob zwei gelbe Busse ein größerer Zufall seien könnten, als tatsächlich den gestohlenen Bus zu finden. In dem Moment, als ich das Nummernschild sah, war ich verwirrt. Wenn der hier steht, dann hat den doch schon jemand entdeckt und der glückliche Besitzer hat das nicht noch einmal vermeldet, dachte ich mir. Deshalb erst einmal die vorsichtige Anfrage auf der Pinnwand, ob der Bus denn schon gefunden wurde. Sekunden später aber schon die Antwort: Nein, er ist verschollen, die Polizei findet nichts.
Hendrik Hofmann: Noch immer nicht! Auch nichts neues von der Polizei. Spurlos verschwunden.
Andaras Hahn: Hmm. Ich kratz mir grad Schneebälle von der Motorhaube
Hendrik Hofmann: What????????
Hendrik Hofmann: Wo?
Hendrik Hofmann: Sieht aus wie umme Ecke
Andaras Hahn: Ich warte mal hier
Fünf Minuten später kam Hendrik angesprintet und man sah die Freude in seinen Augen. Den Rest hat dann die Polizei geklärt.
Für alle, die sich fragen, ob Hendrik nicht einfach vergessen hat, wo er geparkt hat: Das Auto wurde kurzgeschlossen und die Beifahrertür war auf. Es wurde also tatsächlich bewegt. Wo es in der einen Woche überall war, weiß man nicht. Vielleicht an der Ostsee, vielleicht irgendwo in der Stadt.
Hendrik und seine Freundin sind auf jeden Fall heilfroh und die Pinnwand hat zwei Weddinger zueinander geführt, die jetzt erst mal auf gute Nachbarschaft trinken. Und der ganze Wedding freut sich mit.
Wo könnte der VW-Bus gewesen sein? Wir freuen uns über Eure Meinung per Mail an [email protected], als Kommentar auf diesem Blog oder auf unserer Facebookseite.
Die T3, die derzeit im Wert steil nach oben gehen, werden oft gezielt gestohlen. Die Panzerkette ist kein Hindernis, das Lenkrad ist mit der entsprechenden Nuss innerhalb weniger als einer MInute abgebaut und ein mitgebrachtes aufgesteckt. Da gibt es fiesere Tricks, unter anderem einen, bei der das Auto 20 m fährt und dann stehen bleibt. Kein Dieb wird in dem Auto bleiben.
T3-Busse werden eben gerne mitgenommen, um Diebstahlgut zu transportieren oder um Teile auszuschlachten. Eine sogenannte “Panzerkette” als Diebstahlschutz ist hier hilfreich – Kette aus ca. 1cm dicken Gliedern, die um den Längsträger hinter dem Handschuhfach zum Lenkrad geführt mit – verschlossen mit einem kräftigen Vorhängeschloss von z.B. Abus. Das Handschuhfach bleibt dann allerdings offen. Die Kette kann ohne Trennschleifer nicht geknackt werden.
Ich erinnere mich an einen ähnlichen Fall 1987 in Ingelheim am Rhein. Der Bus einer Zivildienststelle, bei der zwei Freunde von mir arbeiteten, wurde gestohlen und tauchte einen Tag später wieder auf. Er war für einen Überfall auf einen Juwelier in Idar-Oberstein benutzt worden. Sicherheitshalber hat die Kripo aber damals die Zivildienstleistenden verhaftet und stundenlang ins Kreuzverhör genommen. Der Überfall (Beute: Schmuck im Wert von über einer Million DM) wurde nie aufgeklärt. Vielleicht wurde der Bus auch für ein Verbrechen benutzt?