Sven Rissmann (CDU), politisch verwurzelt im Wedding, fordert als Mitglied des Abgeordnetenhauses eine Änderung der Berliner Verfassung. Über die Erneuerung soll ein Verfassungskonvent beraten. Im Blick hat der Politiker eine klare Aufgabenteilung zwischen Land und Bezirken. In einem Gastbeitrag für den Weddingweiser begründet Sven Rissmann seinen Vorstoß.
Eine neue Verfassung für eine neue Berliner Verwaltung
Die dysfunktionale Verwaltung Berlins ist weit über unsere Landesgrenzen hinweg bekannt und nicht selten Anlass für Hohn und Spott aus anderen Teilen der Republik. Natürlich sind dabei nicht unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Problem, die ohne Zweifel jeden Tag Erhebliches für die Bürger unserer Stadt leisten. Vielmehr liegt es an veralteten Strukturen, den Einsparungen der 2000er-Jahre und der damit verbundenen häufig mangelhaften Ausstattung. Auch das berühmte „Behörden-Pingpong“ ist weiterhin ein Problem. Durch ungeklärte oder uneindeutige Zuständigkeiten werden Aufgaben teilweise doppelt erledigt oder im schlechtesten Fall gar nicht. Die Rahmenbedingungen in der Berliner Verwaltung müssen sich daher endlich und schnellstmöglich ändern! Dafür braucht es eine Verfassungsänderung. Deshalb trete ich für einen Verfassungskonvent ein!
Verfassungskonvent noch 2022
Bei der Entwicklung hin zu digitalen, innovativen, effizienten und vor allem unbürokratischeren Verwaltungsleistungen hat Berlin sein Potential noch lange nicht ausgeschöpft. Die Berliner CDU hat daher bereits Mitte Januar einen Antrag in das Berliner Abgeordnetenhaus eingebracht, der die Einsetzung eines überparteilichen Verfassungskonvents zur Reform der Berliner Verwaltung fordert (Drucksache 19⁄0104). Eine Verwaltungsreform des angedachten und vor allem notwendigen Ausmaßes kann nur gelingen, wenn Vertreter aus allen betroffenen Ebenen und Bereichen sich an einen Tisch setzen und gemeinsam Entscheidungen treffen. Die Mitglieder des geforderten Verfassungskonvent sollen sich daher aus Vertreterinnen und Vertretern der Landes- und Bezirksebene, der Bürgerschaft, sowie Expertinnen und Experten für die betroffenen Bereiche zusammensetzen. Nur so kann das Ziel, auf Grundlage des Abschlussberichts der Steuerungsgruppe zur Verbesserung der gesamtstädtischen Verwaltungssteuerung konkrete Reformvorschlägen zu einer effizienten und unbürokratischen Verwaltung zu machen, noch im Jahr 2022 erreicht werden.
Probleme aufgrund der aktuellen Verwaltungsorganisation
Mir ist klar, diese Forderungen sind dem Grunde nach nicht neu, sie bestehen seit Jahren oder vielleicht sogar seit Jahrzehnten. Dennoch sind sie in der Vergangenheit und bis zum heutigen Tag nie ausreichend berücksichtigt worden. Spätestens in der Corona-Pandemie und der anhaltenden Flüchtlingsbewegung aus der Ukraine wurden und werden uns die Mängel und Probleme schmerzlich vor Augen geführt. Der Senat weigert sich auch weiterhin, den Problemen ins Auge zu sehen und sie endlich nachhaltig anzugehen. Wäre es nicht so traurig, könnte man die Haltung des Senats sogar als konsequent loben. Die Folgen dieser Haltung müssen die Bürgerinnen und Bürger seit Jahren an allen Ecken und Enden ausbaden. Wie lange wird bereits angekündigt, dass alle Berlinerinnen und Berliner Termine in den
Bürgerämtern innerhalb von 14 Tagen erhalten können sollen? Bis heute ist davon nichts zu sehen. Wenn Sie einmal versuchen, online einen Termin zu buchen, werden Ihnen selbst bei berlinweiter Suche auch für Wochen im Voraus nur ausgebuchte Tage angezeigt. So kann es nicht weitergehen!
Auch für das absehbare Wahlchaos am 26. September 2021, wo gleichzeitig zu den Wahlen bzw. der Abstimmung für Bundestag, Abgeordnetenhaus, BVV und Volksentscheid noch der Berlin Marathon stattfand, muss der Senat sich seine eigene Verantwortung eingestehen. Die vielen Straßensperrungen durch den Marathon waren weit im Voraus bekannt. Die Probleme bei Organisation und Umsetzung der Wahlen waren ebenfalls nicht neu. Dennoch verkündete der Senat selbstbewusst, man sehe hier kein Problem, es werde schon alles gutgehen. Wir alle wissen, wie die Sache ausgegangen ist: Verteilung falscher Wahlzettel, nicht genügend Wahlzettel in einzelnen Wahllokalen, Abweisung von Wählerinnen und Wählern oder gar Zulassen von Wählern für alle Wahlen, auch wenn sie offensichtlich nicht für alle Ebenen wahlberechtigt waren. Noch heute beschäftigen mehrere Wahlprüfungsverfahren das zuständige Verfassungsgericht. Eine Nachwahl ist weiterhin nicht vom Tisch. Auch hieraus hat der Senat für sich selbst und für die Berliner Verwaltung keinerlei Konsequenzen gezogen. Spätestens nach dem 26. September hätte mit Hochdruck an der Verbesserung der Verwaltungsstrukturen und der Digitalisierung der Verwaltung gearbeitet werden müssen.
Klare Trennung von Land und Bezirk
Dadurch würde auch die Zusammenarbeit der Bezirke miteinander und mit dem Land Berlin durch mehr Transparenz und bessere Vernetzung gestärkt werden. Zuständigkeiten könnten eindeutig festgelegt und einsehbar dargestellt werden. Gesamtstädtische Aufgaben müssen in Zukunft grundsätzlich primär auf Landesebene bearbeitet werden. Dabei ist natürlich klar, dass eine Stadt wie Berlin mit ihren bald vier Millionen Einwohnern nicht alle Aufgaben zentral bearbeiten kann. Es geht auch nicht um ein Ausspielen der Bezirksebenen gegeneinander oder gegen die Landesebene. Es geht vielmehr um die Frage, wie man die beste Zusammenarbeit aller Ebenen organisieren und gewährleisten kann.
Man sieht also, die Probleme sind dringend und komplex. Es wird einer Verfassungsänderung bedürfen, für die Senat und Opposition konstruktiv zusammenarbeiten müssen. Der Verfassungskonvent als überparteiliches und unabhängiges Instrument ist daher bestens geeignet und aus Sicht der CDU auch dringend notwendig, um in dieser Frage endlich zum Wohle aller Berlinerinnen und Berliner voranzukommen.
Über Sven Rissmann
Sven Rissmann wurde 1978 in Berlin geboren, aufgewachsen ist er im Wedding. Dort hat er die Rübezahl Grundschule (heute Erika-Mann-Grundschule) sowie das Lessing-Gymnasium besucht.
Seit dem Jahr 2006 ist Sven Rissmann nun Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin. Sein Wahlkreis ist seitdem der Wahlkreis V Schillerpark, Rehberge.
Gut 15 Jahre lang war er rechtspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin, seit dieser Wahlperiode ist er nun Vorsitzender des Ausschusses für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Antidiskriminierung.
Das Wahlkreisbüro von Sven Rissmann befindet sich in der Triftstraße 41.