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Massage bei Thon Pho: Wie neugeboren

23. März 2017

“Kei­ne Ero­tik” steht groß am Ein­gangs­schild des thai­län­di­schen Mas­sa­ge­sa­lons im Spren­gel­kiez. Angeb­lich der bes­te der Stadt. Zumin­dest behaup­tet das ein Freund, der Thai­land liebt und oft bereist und mir ver­si­chert, tra­di­tio­nel­ler und ori­gi­na­ler geht es nicht. Scha­de, dass der Ruf der Thai­mas­sa­ge so ver­rucht ist. Viel­leicht hät­te ich so etwas sonst schon frü­her aus­pro­biert. Memo an mich selbst: nicht vom Kli­schee beein­dru­cken las­sen.  Das Team von Thon Pho ver­spricht, dass der Kun­de sich nach einer Mas­sa­ge wie neu­ge­bo­ren fühlt. Soweit wür­de ich nicht gehen, aber zumin­dest hin­ge­hen wer­de ich sicher immer wieder.

Ich tref­fe mich mit mei­nem Kum­pel Nico, der sich hier regel­mä­ßig behan­deln lässt und mir auf dem Weg vor­schwärmt, wie ent­spannt ich sein wer­de, und dass ich mich bit­te nicht wun­dern soll über den leicht “schram­me­li­gen” Anblick. Alles sei sehr spar­ta­nisch und prak­tisch eingerichtet.

Alles grün hier

Der Laden ist klein, eng und sehr, sehr grün. In einem gro­ßen Regal am Ein­gangs­be­reich steht ein Hau­fen Ramsch. Gol­de­ne Bud­dha-Figu­ren, ein gol­de­ner Hirsch, eine gol­de­ne Win­ke­kat­ze, ein paar Spar­schwei­ne und eine Frau­en­fi­gur mit einem Blü­ten­kranz in den Armen. Ver­stö­rend ange­nehm ist der Anblick trotz­dem. Das Licht ist gedimmt, hin­ter grü­nen Vor­hän­gen wird behan­delt. Fünf Vor­hän­ge gibt es, hin­ter einen wer­de ich von mei­ner The­ra­peu­tin geführt. Sie ist eine gro­ße star­ke Per­son, ich befürch­te, sie könn­te mir jeden Kno­chen bre­chen, wenn sie woll­te. Ich wer­de ganz schüchtern.

Hin­ter dem Vor­hang steht eine rie­si­ge, recht har­te Lie­ge. Ich habe mich für eine Fuß­re­flex­zo­nen­mas­sa­ge ent­schie­den und darf mein Ober­teil anbe­hal­ten, ledig­lich eine – natür­lich grü­ne – Hose soll ich anzie­hen. Ich lege mich auf mei­ne Lie­ge. Lei­se asia­ti­sche Klän­ge im Hin­ter­grund, die Mädels aus dem Team kichern und erzäh­len, irgend­wie füh­le ich mich aber nicht aus­ge­lacht, son­dern eher gut auf­ge­ho­ben in einer ener­ge­tisch guten Atmosphäre.

Eine Stun­de bekom­me ich nun also eine Mas­sa­ge, die mit der west­li­chen nicht zu ver­glei­chen ist. Es wird nicht gestri­chen oder sanft gedrückt, es geht rich­tig zur Sache. Viel­leicht will sie mir doch die Füße bre­chen! Nach weni­gen Minu­ten ver­kramp­fe ich nicht mehr so stark und las­se mich ein­fach fal­len, gebe mich mei­nem Schick­sal hin. Zwi­schen­durch gibt es an jeder Sei­te eine Aku­pres­sur­be­hand­lung. Als sie in mei­nen gro­ßen Zeh drückt, sprin­ge ich auf vor Schmerz. Was das für ein Punkt sei, fra­ge ich. “Die Augen” erwi­dert mei­ne Pei­ni­ge­rin knapp. Eigent­lich habe ich nichts an den Augen. Nur sehr müde sind sie, der Tag war lang und ich möch­te eigent­lich nur entspannen.

Diese Massagen bringen: Erdung

Ich atme tief ein und aus. Ich mer­ke tat­säch­lich, wie mein gan­zer Kör­per arbei­tet. Obwohl nur mei­ne Füße und Bei­ne bis zum Knie gekne­tet wer­den. Irgend­wann klappt sie mein Knie zur Sei­te und drückt fest zu. Ob das alles so rich­tig ist? Als wir fer­tig sind, füh­le ich mich erstaun­lich gut. Ich bin nicht mehr müde und füh­le mich irgend­wie sehr klar. Ich klet­te­re von der gro­ßen Lie­ge und stel­le mich mit bei­den Bei­nen auf den Boden. So sehr habe ich sel­ten gespürt, dass ich wirk­lich ste­he. Fest ste­he. Ich glau­be, so etwas nennt man Erdung. Ich atme noch ein­mal tief ein und aus, bedan­ke mich bei der Dame, die ich jetzt nicht mehr als Fol­ter­knecht sehe, son­dern eher ehr­fürch­tig über­le­ge, ob sie eine heim­li­che Hei­le­rin ist. Das Gefühl hält im Übri­gen an. Auch jetzt, eini­ge Tage spä­ter, füh­le ich mich ener­gie­ge­la­den und gleich­zei­tig ent­spannt. Und ich spü­re mei­ne Füße auf dem Boden.

Nico und ich unter­hal­ten uns sehr viel inten­si­ver als sonst. Sehr viel reflek­tier­ter, tie­fer und nach­denk­li­cher. Ob das mit unse­rer Erfah­rung gera­de zu tun hat? Ob unser Chi jetzt wirk­lich bes­ser fließt? Spe­ku­la­ti­on. Aber wie sag­te mei­ne Groß­mutter immer: Nur was unterm Strich als Ergeb­nis raus­kommt, zählt. Und das ist in die­sem Fall ein­fach ein wirk­lich sehr schö­ner Abend mit Well­ness und einem über­ra­schend guten Dinner.

Thon Pho – Tra­di­tio­nel­le Thai­mas­sa­ge, Tege­ler Stra­ße 37, Telefon:(030) 45 02 17 01, Ter­mi­ne für Mas­sa­gen nach tele­fo­ni­scher Ver­ein­ba­rung Mo-Fr 10–19 Uhr,  Sa 12–18 Uhr

Text: Ger­lin­de Jänicke
Der Bei­trag ist zuerst bei unse­rem Koope­ra­ti­ons­part­ner QIEZ.de erschie­nen. Dort schreibt Radio­mo­de­ra­to­rin Ger­lin­de Jäni­cke eine eige­ne Kolumne.

Gastautor

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