“Keine Erotik” steht groß am Eingangsschild des thailändischen Massagesalons im Sprengelkiez. Angeblich der beste der Stadt. Zumindest behauptet das ein Freund, der Thailand liebt und oft bereist und mir versichert, traditioneller und originaler geht es nicht. Schade, dass der Ruf der Thaimassage so verrucht ist. Vielleicht hätte ich so etwas sonst schon früher ausprobiert. Memo an mich selbst: nicht vom Klischee beeindrucken lassen. Das Team von Thon Pho verspricht, dass der Kunde sich nach einer Massage wie neugeboren fühlt. Soweit würde ich nicht gehen, aber zumindest hingehen werde ich sicher immer wieder.
Ich treffe mich mit meinem Kumpel Nico, der sich hier regelmäßig behandeln lässt und mir auf dem Weg vorschwärmt, wie entspannt ich sein werde, und dass ich mich bitte nicht wundern soll über den leicht “schrammeligen” Anblick. Alles sei sehr spartanisch und praktisch eingerichtet.
Alles grün hier
Der Laden ist klein, eng und sehr, sehr grün. In einem großen Regal am Eingangsbereich steht ein Haufen Ramsch. Goldene Buddha-Figuren, ein goldener Hirsch, eine goldene Winkekatze, ein paar Sparschweine und eine Frauenfigur mit einem Blütenkranz in den Armen. Verstörend angenehm ist der Anblick trotzdem. Das Licht ist gedimmt, hinter grünen Vorhängen wird behandelt. Fünf Vorhänge gibt es, hinter einen werde ich von meiner Therapeutin geführt. Sie ist eine große starke Person, ich befürchte, sie könnte mir jeden Knochen brechen, wenn sie wollte. Ich werde ganz schüchtern.
Hinter dem Vorhang steht eine riesige, recht harte Liege. Ich habe mich für eine Fußreflexzonenmassage entschieden und darf mein Oberteil anbehalten, lediglich eine – natürlich grüne – Hose soll ich anziehen. Ich lege mich auf meine Liege. Leise asiatische Klänge im Hintergrund, die Mädels aus dem Team kichern und erzählen, irgendwie fühle ich mich aber nicht ausgelacht, sondern eher gut aufgehoben in einer energetisch guten Atmosphäre.
Eine Stunde bekomme ich nun also eine Massage, die mit der westlichen nicht zu vergleichen ist. Es wird nicht gestrichen oder sanft gedrückt, es geht richtig zur Sache. Vielleicht will sie mir doch die Füße brechen! Nach wenigen Minuten verkrampfe ich nicht mehr so stark und lasse mich einfach fallen, gebe mich meinem Schicksal hin. Zwischendurch gibt es an jeder Seite eine Akupressurbehandlung. Als sie in meinen großen Zeh drückt, springe ich auf vor Schmerz. Was das für ein Punkt sei, frage ich. “Die Augen” erwidert meine Peinigerin knapp. Eigentlich habe ich nichts an den Augen. Nur sehr müde sind sie, der Tag war lang und ich möchte eigentlich nur entspannen.
Diese Massagen bringen: Erdung
Ich atme tief ein und aus. Ich merke tatsächlich, wie mein ganzer Körper arbeitet. Obwohl nur meine Füße und Beine bis zum Knie geknetet werden. Irgendwann klappt sie mein Knie zur Seite und drückt fest zu. Ob das alles so richtig ist? Als wir fertig sind, fühle ich mich erstaunlich gut. Ich bin nicht mehr müde und fühle mich irgendwie sehr klar. Ich klettere von der großen Liege und stelle mich mit beiden Beinen auf den Boden. So sehr habe ich selten gespürt, dass ich wirklich stehe. Fest stehe. Ich glaube, so etwas nennt man Erdung. Ich atme noch einmal tief ein und aus, bedanke mich bei der Dame, die ich jetzt nicht mehr als Folterknecht sehe, sondern eher ehrfürchtig überlege, ob sie eine heimliche Heilerin ist. Das Gefühl hält im Übrigen an. Auch jetzt, einige Tage später, fühle ich mich energiegeladen und gleichzeitig entspannt. Und ich spüre meine Füße auf dem Boden.
Nico und ich unterhalten uns sehr viel intensiver als sonst. Sehr viel reflektierter, tiefer und nachdenklicher. Ob das mit unserer Erfahrung gerade zu tun hat? Ob unser Chi jetzt wirklich besser fließt? Spekulation. Aber wie sagte meine Großmutter immer: Nur was unterm Strich als Ergebnis rauskommt, zählt. Und das ist in diesem Fall einfach ein wirklich sehr schöner Abend mit Wellness und einem überraschend guten Dinner.
Thon Pho – Traditionelle Thaimassage, Tegeler Straße 37, Telefon:(030) 45 02 17 01, Termine für Massagen nach telefonischer Vereinbarung Mo-Fr 10–19 Uhr, Sa 12–18 Uhr
Text: Gerlinde Jänicke
Der Beitrag ist zuerst bei unserem Kooperationspartner QIEZ.de erschienen. Dort schreibt Radiomoderatorin Gerlinde Jänicke eine eigene Kolumne.