Die Fernsehkameras sind wieder weg aus dem Wedding, zwei alte Straßennamen im Afrikanischen Viertel auch. Doch wie ging es für die Anwohner:innen weiter mit der Umbenennung ihrer Wohnadresse?
Aus Betroffenen keine Beteiligten gemacht
Eigentlich hätte dieser Artikel mit der Aussage „Operation gelungen, Patient tot“ beginnen können. Zwar tragen die Lüderitzstraße und der Nachtigalplatz ihre neuen Namen Cornelius-Fredericks-Straße und Manga-Bell-Platz, es hat eine Feier mit viel Medienpräsenz gegeben und zwei Schilder wurden symbolträchtig enthüllt. Doch fehlt es im Kiez weiterhin an allgemeiner Akzeptanz für die Umbenennung, werden doch nur die Unannehmlichkeiten wie die Gewöhnung an neue Namen und Ämtergänge gesehen. Dazu haben verschiedene Faktoren beigetragen, die den politisch Verantwortlichen durchaus angelastet werden können. Ohne Not wurden die Anwohner:innen beim Umbenennungsprozess nicht wirklich beteiligt, und die Begründung, warum den Wegbereitern des Kolonialismus keine Ehrung mehr zuteil werden soll, wurde nicht deutlich genug kommuniziert. Nur politisch und historisch Interessierten, Vertreter:innen der afrikanischen Community und amtlichen Würdenträgern war die Umbenennung ein wichtiges Anliegen, für das es auch keine Alternativen zu geben schien.
Da war es kein Wunder, dass skeptische Anwohner:innen bei den Enthüllungsfeiern der neuen Schilder buchstäblich außen vor blieben und vom Rand aus „Pfui“ rufen konnten, bis die Polizei eingriff und die Störung der Feierlichkeiten unterbinden musste. Wenn die Anwohnenden es überhaupt mitbekommen hatten, denn die rein deutschsprachigen Infozettel waren nicht in allen Haushalten angekommen und die Pressemitteilung des Bezirks hatte nur die wenigsten Betroffenen erreicht. Und betroffen sind selbst desinteressierte Anwohner:innen durchaus, denn die polizeiliche Ummeldung, neue Adressaufkleber für Ausweise und Fahrzeugpapiere sind notwendig. „Bei uns hat niemand im Haus eine Information bezüglich der Umbenennung bekommen“, schrieb uns Johanna, die sich aber sehr gefreut hat und stolz ist, jetzt in der Cornelius-Fredericks-Straße zu wohnen. Aber: „Die Straße lässt sich weiterhin nicht über gängige Suchmaschinen oder Eingaben finden.“
Bürgeramtstermine sind leicht zu bekommen
Kiezbewohnerin Margarete hat uns ebenfalls angeschrieben und mitgeteilt: „Nach nur 20 Minuten in der Warteschleife der Telefonnummer 115 habe ich zwischen den Jahren einen Termin für die Änderung des Personalausweises in der Osloer Straße bekommen. Mal sehen, ob mein Energielieferant und meine Bank das mit einer Mail auch so kapieren“, ist Margarete gespannt.
Auch Johanna hat beim Bürgeramt über die Nummer 115 Hilfe bekommen. „Die Person wusste auch sofort Bescheid und hätte mir jeden Tag freie Termine dafür anbieten können. In der Osloer Straße wären dafür Kapazitäten geschaffen worden“, so Johanna. Anwohner Rolf berichtet, dass im Bürgeramt eigens ein Mitarbeiter abgestellt wurde, der Aufkleber auf den Personalausweis klebt und den Chip des Ausweises ändert.
Einen Wermutstropfen gibt es laut Rolf aber doch. „Nach dem Termin ist man aber noch nicht umgemeldet. Die Umstellung des Melderegisters auf die neuen Straßennamen durch das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO), und damit die Ummeldung, erfolgt erst nach der Wahl, also frühestens am 13. Februar 2023, angeblich automatisch. Das heißt, dass ich jetzt einen Personalausweis habe, der eine Adresse ausgibt, die es im Melderegister nicht gibt. Auf die Diskussionen, die das bei meinem nächsten Kontakt mit den Ordnungsbehörden (Ihre Papiere bitte..) auslöst, freue ich mich schon“, schreibt Rolf.
Der freundliche Mitarbeiter habe auch davon abgeraten, ein Kraftfahrzeug vor Ende Februar 2023 umzumelden, denn die Zulassungsbehörden hätten die neue Adresse bis dahin nicht im System. Das berichtet auch Johanna, die einen eigenen Termin für den Fahrzeugschein machen muss.
Auch Positives zu berichten
Vielleicht sollte man an dieser Stelle auch einmal berichten, was gut geklappt hat. Die BVG hat die Bushaltestelle Nachtigalplatz bereits am Tag der Umbenennung in Manga-Bell-Platz umbenannt, sowohl online als auch an der Haltestelle selbst. Inzwischen sind sowohl die alten (durchgestrichenen) als auch die neuen Straßenschilder an jeder Kreuzung aufgestellt. Und das mit den Bürgeramtsterminen hat schließlich auch unbürokratischer funktioniert als von vielen befürchtet.
Wenn das so weiter geht, kann es ja vielleicht wieder besser werden – mit der Kommunikation und dem Agieren des Bezirks. Miteinander ins Gespräch kommen, die Betroffenen auch wirklich beteiligen und überzeugen, das wär’s doch – als Idee für die nächste Umbenennung. Denn die steht mit der Petersallee demnächst noch an.
Lieber Joachim Faust,
ich würde gerne das Foto für einen Artikel in einer soziologischen Fachzeitschrift nutzen. Können Sie mir sagen, wie das Copyright für dieses Foto ist? Haben Sie das selbst gemacht?
Herzliche Dank und viele Grüße!
Hallo, ja, gern. Aber bitte als Quelle weddingweiser.de angeben.
Bleiben noch die Probleme mit der Post… Sendungen mit der neuen Adresse erreichen mich nicht. Wahrscheinlich hängt auch die Post von der offiziellen Umbenennung durch das Landesamt ab. Und die kommt erst nach der Wahl. Ich kann deshalb nur davon abraten, die neue Adresse vorher bei Briefen oder Bestellungen anzugeben.