Es ist ein kleines Abenteuer, das das stARTfestival vom Bayer Kultur am Montag (15.5.) mit sich brachte. Zumindest für die Besucher:innen, die nicht Mitarbeitende bei dem Unternehmen sind, war es eine der sehr seltenen Gelegenheiten, das Haus an der Müllerstraße einmal von innen zu sehen. Ein Mal durch die elegante Drehtür, am Werkschutz vorbei, Ausweis und Ticket vorzeigen, die Rolltreppe hinauf, begrünte Wände passierend, flankiert von freundlichem Sicherheitspersonal bis in die Kantine, das ehemalige Wiener Café, ging es an diesem Abend. Denn hier, im schlichten Chic der 1970er Jahre mit hohen Decken und großen Fenstern (mit Blick auf den Weddingplatz) steht ein schwarzer Steinway-Flügel. Das war der Platz für das Konzert mit Benjamin Schaefer.
Das stARTfestival findet noch bis 4. Juni in den Orten statt, an denen Bayer angesiedelt ist. In Leverkusen, Wuppertal, aber auch in Leipzig gab und gibt es Konzerte. Im Prime Time Theater im Wedding begeisterte kürzlich der georgische Pianist Giorgi Gigashvili mit seiner Band Tsduneba (Bericht: Gigashvili und die musikalische Versuchung). An diesem Abend war allein der sonst für die Öffentlichkeit verborgene Ort schon den Besuch wert. Doch der Künstler, den Festivalleiter Christoph Böhmke für das Wiener Café ausgewählt hat, passte ebenfalls hervorragend in die Szenerie.
Es klingt vielleicht im ersten Moment wie eine Stichelei, wenn man sagt: das war ein schönes Feierabendkonzert. Doch gemeint ist es ganz positiv. Benjamin Schaefer, 1981 geborener Jazzpianist und Komponist, nahm die Zuhörer:innen am Ende eines Tages mit auf eine wunderbare musikalische Reise in den Abend. Die Stücke, die er spielte, sind Musik wie für einen ersten lauen Sommerabend in der Stadt, leicht und entspannt und mit noch einer Spur Geschäftigkeit, mit ein wenig Sehnsucht und abentlicher Träumerei. Die Stücke trugen Namen wie „Mind Your Step“, „The Fountain“, „Aurora“ und „Malstrom“. Manche stammen vom Soloalbum des Künstlers, das im kommenden Jahr erscheinen soll.
Die Töne, die Benjamin Schaefer dem Steinway-Flügel entlockte, ließen die Zuhörer:innen zur Ruhe kommen, entspannen, erfrischen und machten Platz im Kopf für neue Gedanken. Oder bereit für das Danach und das Dahin. Irgendwo außerhalb der eindrucksvollen und gut bewachten ehemaligen Konzernzentrale an der Müllerstraße, die im Wedding jeder kennt und die zu jeder Tageszeit auch ihren eigenen Klang hat. Vielleicht lässt Benjamin Schaefer diesen Sound auch mal in eine Komposition fließen.