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Mittel sollen gekürzt werden:
Senat will beim Sprint-Medienhof sparen

6. September 2023
Sprint-Medienhof
Ein­gang zum Sprint-Medi­en­hof. Foto: And­rei Schnell

Der Sprint-Medi­en­hof im Sol­di­ner Kiez ist eine Insti­tu­ti­on. Unzäh­li­ge Kin­der und Jugend­li­che haben sich hier am Nach­mit­tag einen gro­ßen Löf­fel Bil­dungs­nach­schlag geholt. Doch nun soll der Tel­ler klei­ner wer­den. Der aktu­el­le Haus­halts­ent­wurf will bei der Ein­rich­tung in der Prin­zen­al­lee spa­ren. Statt jähr­lich rund 210.000 Euro soll es 160.000 Euro geben. „Damit steht unse­re Arbeit vor dem Aus“, kom­men­tiert der Geschäfts­füh­rer der Sprint gGmbH Her­bert Weber.

50.000 Euro pro Jahr weniger für den Medienhof

Wer in den tau­sen­den Sei­ten mit Kapi­teln und Ansät­zen des Haus­hal­t­ent­wurfs blät­tert, der fin­det den Titel 68569. Hier wer­den “Sons­ti­ge Zuschüs­se” notiert. Unter die­sen nennt ein Spie­gel­strich den Medi­en­hof. Für das lau­fen­de Jahr 2023 steht dort die Zahl 210.900 Euro. Doch für die Jah­re 2024 und 2025 sol­len für die Bil­dungs­ein­rich­tung im Sol­di­ner Kiez 160.900 Euro rei­chen. Und das, obwohl in den Pos­ten 68569 ins­ge­samt mehr Geld flie­ßen soll als zuvor. Das Pro­blem ist aber, dass über Titel 68569 künf­tig neun statt bis­lang sie­ben Ein­rich­tun­gen eine finan­zi­el­le Hil­fe erhal­ten sollen.

Die Kür­zung von 50.000 Euro pro Jahr ist für den Geschäfts­füh­rer des Sol­di­ner Bil­dungs­ho­fes Her­bert Weber nicht hin­nehm­bar. Er sagt: “Unse­re Kos­ten sind im letz­ten Jahr enorm gestie­gen, gleich­zei­ti­ge Kür­zun­gen in die­sem Aus­maß kön­nen wir nicht durch Spen­den aus­glei­chen.“ Die Sprint gGmbH habe jedes Jahr zusätz­lich zu den Senats­mit­teln rund 20.000 Euro Spen­den eingesammelt.

Dabei sieht Her­bert Weber nach Coro­na-Schul­aus­fäl­len, dem Zuzug ukrai­ni­scher Kin­der und der deso­la­ten Lage an Ber­li­ner Schu­len einen hohen Bedarf an Lern­för­de­rung. Der Medi­en­hof hel­fe über 700 Schü­lern indi­vi­du­ell. Allein im Medi­en­hof hat Her­bert Weber an den Nach­mit­ta­gen 6000 Besu­che gezählt. 50 Lehr­amts­stu­den­ten unter­stüt­zen die Kin­der und Jugend­li­chen beim Lernen.

Eine Lehr­amts­stu­den­tin (rechts) hilft im Medi­en­hof einem Schü­ler beim Ler­nen. Foto: Medienhof

Haushalt ist Landespolitik

Auf Lan­des­ebe­ne ist der Spar­vor­schlag ein Streit­fall. Maja Lasić, eine von zwei bil­dungs­po­li­ti­schen Spre­chern der SPD-Frak­ti­on im Abge­ord­ne­ten­haus, sagt, die Kür­zung ste­he nicht im Ein­klang mit dem Koali­ti­ons­ver­trag. Im Bil­dungs­aus­schuss strebt die Poli­ti­ke­rin mit Wahl­kreis im Orts­teil Gesund­brun­nen an, in den nächs­ten Wochen einen Ände­rungs­an­trag zum Haus­halt ein­zu­brin­gen. Dazu braucht sie aller­dings den Koali­ti­ons­part­ner. “Ich kann alle Ände­rungs­an­trä­ge nur gemein­sam mit der CDU stel­len”, sagt sie. Ob und wie das gelingt, wer­de sich zei­gen. Die nächs­ten Sit­zun­gen des Aus­schus­ses sind am 14. Sep­tem­ber und am 12. Okto­ber. Aus ihrer Sicht habe der Senats­ent­wurf “völ­lig ohne Not” beim Medi­en­hof gekürzt. Maja Lasić: “Man hät­te klü­ger kür­zen können.”

Auch die Oppo­si­ti­on spricht sich gegen eine Redu­zie­rung des Zuschus­ses aus. Über die Kür­zung ärgern sich zum Bei­spiel die Grü­nen. Tuba Bozk­urt, im Wahl­kreis Sol­di­ner Kiez direkt gewählt: “Bei den letz­ten Haus­halts­be­ra­tun­gen noch unter der dama­li­gen Sena­to­rin Frau Bus­se hat­te ich mich erfolg­reich für die Strei­chung der Kür­zung (und sogar einen klei­nen Auf­wuchs) ein­set­zen kön­nen.” Die Grü­nen waren da noch in der Regie­rung. Doch jetzt wer­den SPD und CDU mit ihrer Mehr­heit im Par­la­ment den Haus­halt ändern und ver­ab­schie­den. “Des­halb braucht es also wei­ter Druck der Zivil­ge­sell­schaft, damit sich noch etwas tut!”, sagt die Grünen-Politikerin.

Bei den Lin­ken will sich Tobi­as Schul­ze für den Medi­en­hof ein­set­zen. Er ist über die Lan­des­lis­te sei­ner Par­tei ins Abge­ord­ne­ten­haus ein­ge­zo­gen, sieht sich aber als Ver­tre­ter des Wed­dings. “Dass aus­ge­rech­net in die­sen Zei­ten hier gekürzt wer­den soll, zeigt, dass der Senat offen­bar die fal­schen Prio­ri­tä­ten setzt”, kom­men­tiert er. 50.000 Euro sei­en im Haus­halt kaum zu spü­ren, “kön­nen aber fata­le Aus­wir­kun­gen vor Ort haben”, sagt Tobi­as Schul­ze. Auch er will Ände­rungs­an­trä­ge in den Aus­schüs­sen einbringen.

Das leistet der Sprint-Medienhof

Mit Nach­hil­fe und Haus­auf­ga­ben­hil­fe ist die Arbeit des Sprint-Medi­en­ho­fes nur unzu­rei­chend beschrie­ben. “Ohne Sprach­kom­pe­tenz kein Zugang zu Fach­wis­sen, ohne Spra­che und Fach­wis­sen ein erschwer­ter Berufs­ein­stieg. Sprint bie­tet daher Kon­zep­te, die hel­fen, all die­se Hür­den zu über­win­den.” So ist es auf der der Web­sei­te der Sprint gGmbH for­mu­liert. Von Mon­tag bis Don­ners­tag kön­nen Schü­ler ab der Klas­sen­stu­fe fünf in der Zeit von 15 und 18 Uhr im Medi­en­hof in der Prin­zen­al­lee Unter­stüt­zung beim Ler­nen bekom­men. Sprint för­dert Schü­ler nicht nur im Medi­en­hof, son­dern hilft in eini­gen Koope­ra­ti­ons­schu­len direkt. “Dabei rei­chen unse­re Ange­bo­te von Lern­werk­stät­ten, über Unter­richts­as­sis­ten­zen zu För­der­un­ter­richt am Nachmittag.”

Den Medi­en­hof grün­de­te 2005 der Ver­ein Regio­na­le Arbeits­stel­len für Bil­dung, Inte­gra­ti­on und Demo­kra­tie (RAA). Damals war Sprint ein Pro­jekt. Das Geld gab in den ers­ten Jah­ren die Stif­tung Mer­ca­tor. Seit 2016 über­nimmt der Senat die Grund­fi­nan­zie­rung. Auch Mit­tel der Lot­to Stif­tung Ber­lin flos­sen in den Medi­en­hof. 2020 gin­gen der Ver­ein RAA und Her­bert Weber aus­ein­an­der. “Das Sprint-Pro­jekt habe ich schon 2005 für die RAA gegrün­det und habe seit­dem Finan­zie­run­gen gesucht”, sag­te Her­bert Weber vor drei Jah­ren. Damals wur­de aus dem Sprint-Pro­jekt die recht­lich eigen­stän­di­ge Sprint gGmbH.

Herbert Weber
Her­bert Weber im Jahr 2014 vor dem Medi­en­hof. Foto: D. Hensel

Sparen trotz Mehrausgaben

Es gehört zu den Ver­wir­run­gen in der aktu­el­len Ber­li­ner Haus­halts­de­bat­te, dass von Spa­ren und von Mehr-Geld-Aus­ge­ben gleich­zei­tig gespro­chen wird. So will der Senat in Sum­me mehr Geld aus­ge­ben. Für das Jahr 2025 plant die Haupt­stadt erst­mals mehr als 40 Mil­li­ar­den Euro in die Hand zu neh­men. Im Bereich Bil­dung will der “Zukunfts­haus­halt” laut dem Regie­ren­den Bür­ger­meis­ter Kai Weg­ner (CDU) sogar einen Schwer­punkt set­zen. Rund fünf Mil­li­ar­den Euro dür­fen Bil­dung, Jugend und Fami­lie kos­ten. In dem Betrag sind von Gym­na­si­en (mit rund 600 Mil­lio­nen Euro) bis zum Ber­li­ner Not­dienst Kin­der­schutz (mit rund zehn Mil­lio­nen Euro) zahl­rei­che Insti­tu­tio­nen enthalten.

Die Auf­stel­lung eines Haus­hal­tes beginnt beim Senat. Die­ser erar­bei­tet einen Ent­wurf und lei­tet ihn an das Abge­ord­ne­ten­haus, das Ber­li­ner Par­la­ment. In sei­nen Aus­schüs­sen wer­den Ände­run­gen vor­ge­nom­men. Beschlos­sen wird der Haus­halt am Ende der Ver­hand­lun­gen vom Abge­ord­ne­ten­haus. Die Bewil­li­gung von Bud­gets für die Regie­rung (Senat) ist die urei­gens­te Hoheit eines demo­kra­ti­schen Parlaments.

Andrei Schnell

Meine Feinde besitzen ein Stück der Wahrheit, das mir fehlt.

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