Ich stehe neben Maria in der Seestraße. In einem Zimmer, das als Lager, Werkstatt und Verkaufsraum fungiert, und bestaune ihre bunte Sammlung an Bobbeln. Bobbel? Was verräterisch süddeutsch klingt, ist ein deutschlandweit, selbst in Berlin, akzeptiertes Wort für Garn. Genauer gesagt, für Farbverlaufsgarn.
Damit lassen sich etwa Mützen oder Schals stricken und häkeln, die dann nicht einfach rot, blau oder gestreift sind. Stattdessen bieten sie eben einen schönen Farbverlauf, erzählt Maria, die ihr „Spreegarn“ selbst herstellt und vertreibt. Dafür überlegt sie sich stets neue Farbkombinationen und produziert dann aus mehreren einfarbigen Fäden mit einem eigens entwickeltem Gerät, ihrem „Wickler“, eben jene bunten Bobbel. Das händische Verknoten der Einzelfäden und viele, viele Umdrehungen auf dem Wickler gehören dazu – der genaue Entstehungsprozess lässt sich vor Ort am besten bestaunen.
Bunte Farbauswahl weckt Kreativität
Maria und ihr Mann arbeiten in der Softwareentwicklung. Doch auch privat tüfteln sie sehr gerne, und irgendwann kam die Frage auf, was sich aus ihrem 3D-Drucker denn eigentlich so machen lässt. Die Geschäftsidee war also eher ein spontaner Gedanke? „Genau“, sagt Maria. „Eine Art Machbarkeitsstudie – aber innerhalb weniger Wochen hatte wir plötzlich einen funktionstüchtigen Wickler hergestellt, und dann musste ich auch etwas mit anfangen“, erinnert sie sich schmunzelnd.
Also hat sie sich zusätzlich ihrer Arbeit ein Nebengewerbe aufgebaut: Nach einigen Probeversuchen, Experimenten und Weiterentwicklungen des Wicklers kann sie seit Mai 2019 ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen und eigene Farbverläufe produzieren und verkaufen. Die Konen, sprich, große Rollen von einfarbigem Garn, aus denen sie dann ihre Bobbel herstellt, werden in Deutschland produziert und stehen farbenprächtig in ihrem Atelier. Über 130 hat sie inzwischen zur Auswahl, die in Maria offenbar etwas auslösen: „Bevor das losging“, erzählt sie, „dachte ich immer, ich kann gar nicht mit Farben. Und jetzt bin ich plötzlich der Profi und Kund:innen kaufen meine Designs!“
Ein gutes Mittel gegen den Berliner Winter
Der Wickler, mit dem sie ihre Bobbel produziert, stammt zum Teil aus eben jenem 3D-Drucker und wird ergänzt durch kleine Motoren und Computer, die von Marias Mann programmiert wurden. Diese Art Farbverlaufs-Garn wird selten industriell produziert, klärt mich Maria auf. In Deutschland gibt es neben ihr noch andere Wickler:innen, von denen jede ihre eigene Technik hat. Manche kurbeln noch von Hand, um die Garnknäuel aufzuwickeln. Das macht die Bobbel jeder Wicklerin so charakteristisch, sagt Maria, und fügt hinzu: „Ich glaube, ich kann behaupten, dass kein anderer Wickler solche Bobbel herstellt wie meiner.“
Die bunten Bobbel und Konen in Marias Werkstatt geben mir ein gutes Gefühl, während ich Marias Erzählungen lausche. Insbesondere vermutlich, weil draußen ein solch grauer, verregneter Novembertag ist. Zarte Übergänge oder harte Farbbrüche, in Regenbogenfarben oder Pastell, 3‑fädig oder 6‑fädig, 250, 1000 oder auch 2000 Meter; die Vielfalt ist erstaunlich!
Online bestellen oder vor Ort aussuchen
„Die von mir designten Bobbel lassen sich einfach über den Online-Shop bestellen“, sagt Maria. „Alternativ kann man sie auch direkt bei mir vor Ort abholen, dafür muss man nur kurz Kontakt aufnehmen und wir vereinbaren einen Termin.“ Und wer Lust hat, kann auch eigene Farb- und Fadenkreationen bei ihr in Auftrag geben. Dabei stellt Maria immer wieder fest, dass der Anblick der Konen eine Kreativität in ihren Kund:innen wecken kann, die viele absolut nicht in sich vermuten – wie es eben bei ihr selbst auch der Fall war.
Lust auf Handarbeit?
Doch Maria hat noch nicht genug: So produziert sie neben ihrem Farbverlaufsgarn auch meliertes Garn und organisiert – im Normalfall – regelmäßig stattfindende Handarbeitstreffen. Dann findet man sich in ihrem Büro zusammen, zum Nähen, Stricken, Häkeln, Sticken, Weben, Spinnen – worauf auch immer man Lust hat. Über Facebook bleibt ihr diesbezüglich auf dem Laufenden!
Spreegarn-Website
Seestraße 46, 13347 Berlin
Bestellung über Online-Shop, Besuch im Atelier nach Absprache (z. B. Facebook)