Das Freibad Humboldthain ist rund um den Bahnhof Gesundbrunnen derzeit einer der Top-Orte im Kiez. Ein Streifzug durch Geschichte und Gegenwart des beliebten Sommerbades.
Am Anfang waren Verwüstung und Trümmer – bis 1948 der Berliner Senat den Wiederaufbau des im Krieg völlig zerstörten Humboldthains beschließt. Die Ruinen der gesprengten Flakbunker werden mit Schutt und Sand bedeckt und später mit Bäumen und Sträuchern bepflanzt: Die Humboldthöhe entsteht. Zu Füßen dieses über 80 Meter hohen künstlichen Berges beginnt im Herbst 1950 dann der Bau des Volksschwimmbades Wedding.
Die neue Anlage soll – wie es auf einer zeitgenössischen Bautafel heißt – der „Erholung und Freude“ dienen. Beides haben die Weddinger nach Krieg und Blockade dringend nötig, zumal ihr Stadtbad in der Gerichtstraße ebenfalls stark beschädigt ist und vorerst nicht benutzt werden kann. Dieser Umstand wiegt umso schwerer, da in jener Zeit die meisten Wohnungen in der Umgebung weder Dusche noch Bad haben.
Das neue Schwimmbad am Humboldthain wird nach Plänen des Architekten Bruno Grimmek (1902–1969) errichtet. Der hatte ein Jahr zuvor bereits das Neuköllner Columbiabad entworfen. 600 Notstandsarbeiter sind mit dem Bau beschäftigt. Die Kosten in Höhe von einer Million D‑Mark werden aus dem „Notprogramm für Berlin“ und aus Mitteln des Marshall-Plans finanziert. Nur zehn Monate später ist die überwiegend in Handarbeit errichtete Anlage fertig, Tausende Berliner feiern am 11. August 1951 die Eröffnung.
Anfangs war das Gelände für 3.000 Personen ausgelegt, denen 2.000 Quadratmeter Wasserfläche und 96 Kabinen zur Verfügung standen. Seitdem hat das Sommerbad Humboldthain zahlreiche Erweiterungen, Modernisierungen und Umbauten erfahren, geblieben ist seine große Beliebtheit weit über den Wedding hinaus. Schwimmen, Planschen, Rutschen, Sonnenbaden und Eisschlecken kann man hier nach wie vor bestens.
Vor einigen Jahren ist ein Aspekt hinzugekommen, den man eher nicht mit einem Schwimmbad in Verbindung bringt: Kunst. Anfang 2017 pachtete eine junge Kuratorin die in die Jahre gekommene Gaststätte am Beckenrand, gestaltete die Räumlichkeiten um und gab der neuen Restauration den Namen „Tropez“. Was natürlich sofort an den südfranzösischen Nobelbadeort Saint-Tropez denken lässt, doch keine Bange: Statt Austern und Champagner gibt’s hier immer noch Currywurst, Pommes, Bier und Limo.
Zusätzlich werden im „Tropez“ nun auch Ausstellungen, Lesungen und Performances veranstaltet. So waren dort in der vergangenen Saison recht eigenwillige Kunstobjekte zu bestaunen, zum Beispiel eine gigantische rot-weiße Snackbox, gefüllt mit bunten Pool-Nudeln aus Schaumstoff. Außerdem konnte man ein Videospiel ausprobieren oder in einem Schleimsumpf nach Verborgenem suchen. Nicht unbedingt nach jedermanns Geschmack, aber das Sommerbad Humboldthain hat damit ein gewisses Alleinstellungsmerkmal unter den Berliner Bädern. Was sich das Tropez-Team ausgedacht hat: Tropez-Website.
Der Text ist im Kiezmagazin brunnen, Ausgabe 2/2019 erschienen. Text: Alexander Dowe, Fotos: Dominique Hensel, Archiv Ralf Schmiedecke