“Das ist ein politisches Thema”, sagt die neue Schulstadträtin Maja Lasić (SPD) energisch. Im Schulausschuss am Donnerstag (10.11.) haben die Bezirkspolitiker die Stadträtin darin bestärkt, sich für einen Neubau der Anna-Lindh-Grundschule einzusetzen. Dem entgegen steht die Auffassung von Denkmalschützern, die das Schulhaus in der Guineastraße im Wedding bewahren wollen. Maja Lasić sagt in der Sitzung, dass am Ende Klaus Lederer, der Kultursenator, entscheiden muss.
“Die letzte Entscheidung trifft der Kultursenator”
Die neue Stadträtin für Schule und Sport, die am 20. Oktober von der Bezirkspolitik in das Amt gewählt wurde, nahm zum ersten Mal am Ausschuss für Schule teil. Die Vorstellungsrede hielt sie knapp. Doch in der Sache zeigte sie sich verbindlich, um nicht zu sagen kämpferisch und energisch. Unter anderem beim Thema Neubau der Anna-Lindh-Grundschule. Sie sagte, sie werde am 23. November im Hauptausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses sein. Ihr Schulamt werde rechtzeitig einen Wirtschaftlichkeitsbericht zur Anna-Lindh-Grundschule erarbeiten. Sie hofft, mit diesen Berechnungen auch die Landespolitik zu überzeugen, dass ein Neubau günstiger als eine Sanierung ist. Die Bezirkspolitik, das zeigte sich im Schulausschuss deutlich, steht bereits parteiübergreifend hinter hier. Auch mit den anderen fünf Stadträten in Mitte wolle sie demnächst einen Beschluss herbeiführen.
Aber es gibt Gegner. Das sind vor allem Denkmalschützer. Deshalb müsse die Frage Abriss oder Sanierung “politisch entschieden werden”, denn es gehe um die Abwägungsfrage “Was wiegt schwerer? Denkmalschutz oder Pädagogik?” Sie werde in die Landespolitik das Argument tragen, dass entscheidend sei, “wie viel von der erhaltungswürdigen Substanz nach einer Sanierung noch erhalten ist”. Die Stadträtin Maja Lasić geht demnach davon aus, dass das Schulhaus der Anna-Lindh-Grundschule in der Guineastraße so hinfällig ist, dass eine Sanierung im Grunde einem Neubau gleich käme.
Die Stadträtin präsentiert sich entschlossen. Für das Ziel, einen Neubau für die Anna-Lindh-Grundschule zu erreichen, scheint sie zu einem Konflikt mit Kultursenator Klaus Lederer bereit zu sein. Dieser stehe über den Denkmalschutzbehörden. “Die letzte Entscheidung trifft der Kultursenator”, sagt Maja Lasić. Und sie sagt es so, dass es als Botschaft an den Landespolitiker Klaus Lederer verstanden werden kann.
Schimmel und Neubau
Seit vielen Jahren investiert der Bezirk in die Bausubstanz der Anna-Lindh-Grundschule. Bislang bekam er das Schimmelproblem nicht in den Griff. Zuletzt zog die vorherige Stadträtin für Schule Stefanie Remlinger die Reißleine und entschied den Umzug des Unterrichts in den Saatwinkler Damm. Wo früher AirBerlin Flüge in die weite Welt koordinierte, lernen seit Anfang dieses Schuljahres Schüler der 3. bis 6. Klassen. Die Eingangsstufe der Schule folgt später, wenn die notwendige Zahl an Etagen des Bürogebäudes hergerichtet ist. Die jährliche Miete ist hoch. Für den Steuerzahler lohnt sich eine schnelle Entscheidung, denn je schneller eine Lösung umgesetzt ist und die Schule an den alten Standort zurückziehen kann, desto weniger kostet schlussendlich das Ausweichquartier.
Die neue Stadträtin: Maja Lasić
Obwohl Maja Lasić erst seit wenigen Wochen Stadträtin ist, ist sie dennoch eine erfahrene Bildungspolitikerin und im Wedding keine Unbekannte. Denn in der Legislatur 2016 bis 2021 war sie direkt gewählte Abgeordnete im Wahlkreis 7 (Brunnenviertel, Sprengelkiez und Teile Leopoldplatz) und gleichzeitig in der SPD-Fraktion Sprecherin für Bildungspolitik. Im Landesvorstand der Berliner SPD ist sie aktuell kooptiertes Mitglied ohne Stimme für die innerparteiliche Arbeitsgemeinschaft Bildung. In Summe ist wahrscheinlich, dass sie über ein Netzwerk verfügt, um in der Landespolitik bestimmten Themen Gehör zu verschaffen.
Vielleicht kann man an die neue Schule auch gleich eine Schwimmhalle dranbasteln?
Dann muss sich die “erfahrene Bildungspolitikerin” auch nicht mehr fragen, wieso der Bus-Transfer zum
Schwimmunterricht im Kombibad einfach gestrichen(!) wurde.
Wird demnächst enger im Nichtschwimmerbereich anner Plötze…
Nach meinem Eindruck wird hier “ein Schimmelproblem” zu etwas aufgeblasen, das andere Dinge verdecken soll. Ich kenne Schimmelprobleme in Wohnhäusern, da käme kein Mensch auf die Idee, die deswegen abzureißen – und ob dann die Bausubstanz eines Neubaus wirklich besser wäre???
An der Lindh-Schule wurden offensichtlich Notlagen in Kauf genommen und Sachzwänge konstruiert – auf den Rücken der Schüler:innen und Lehrer:innen -, um ein sehr schönes Gebäude plattzumachen.
Wir kennen es ja auch von den traurigen Versuchen, im öffentlichen, sozialen Wohnungsbau wieder zu bauen: Die Baukompetenz der öffentlichen Verwaltung ist im Nirvana verschwunden. Die Privaten können es erst recht nicht. Da müsste eine schlagkräftige Gemeinwirtschaft – in Eigenverwaltung, ohne Parteienfilz – wieder hergestellt werden. Höchste Zeit!
Abwägungsfrage “Was wiegt schwerer? Denkmalschutz oder Pädagogik?”
So ein Unsinn. Die beiden Punkte stehen überhaupt nicht gegeneinander. Ein Erhalt so eines markanten Gebäudes, wie es die Anna-Lindh-Schule ist, hilft nicht nur der Umwelt (Sitchwort: graue Energie), er kann auch sehr identitätstiftend sein. Die Schüler sollen schließlich Lust haben, in die Schule zu kommen und es stünde dem Land und Bezirk gut, zu vermitteln, dass das Gebaute einen Wert an sich hat. Ein schnell dahingeworfener Neubau kann das genaue Gegenteil befördern. Und bei aller Liebe: Im Neubau geht es mit den Schadstoffen leider erst so richtig los… Dazu kommen die extrem steigenden Kosten im Neubau (Ende nicht in Sicht und daher auch kaum kalkulierbar im Moment), Kosten für den Abbruch, Materialmangel an allen Enden (ergo Verzögerungen im Bau) und schlechte Organisation der Verantwortlichen Behörden (noch einmal Verzögerungen).
Mir sind die Gründe nicht bekannt, aber die Renickendorfer Straße wartet seit zwei Jahren auf den Baubeginn einer Schule. Liegt hier auch die Verantwortung bei der Schulstadträtin.
Gibt es denn schon eine Planung zur Sanierung? Gerade bei Gebäuden aus der Nachkriegszeit würde ich mich nicht auf pauschale Berechnungen verlassen. Ich habe aber sowieso ein bisschen den Glauben verloren: An anderer Stelle setzen sich die am Bau beteiligten für ein Abrissmoratorium ein und den Verantwortlichen fällt “mal wieder” nichts anderes ein… Die Hoffnungen liegen dann wohl bei Herrn Lederer, den ich bisher als tatsächlich als “Kulturmenschen” wahrgenommen habe und dem ich eine Zustimmung zum Abriss eigentlich nicht zutraue.
Mit dem Stichwort Pädagogik bezieht sich die Stadträtin auf die sogenannte Compartmentschule. Es ist Ziel des Landes Berlin beim Neubau von der alten Flurschule (alle Klassenzimmer gehen von einem Flur ab) wegzukommen und zur Bereichsschule (inhaltlich zusammengehörende Räume, Teilungsräume und Gemeinschaftsräume nahe beieinander) zu kommen.
Den Neubau der Grundschule in der Reinickendorfer Straße verantwortet die Senatsverwaltung für Bildung.
Auch ein einflügliger Bau mit Flur kann nach Umbau einer Compartmentschule nahe kommen. Dazu braucht es fähige Planer und aufgeschlossener Bauherren. Leider habe ich bei den öffentlichen Bauherren dieser Stadt in dieser Hinsicht keine gute Erfahrungen machen dürfen (da spielt es leider auch keine Rolle, ob das BBR, die BIM oder der Bezirk baut). In entscheidende Positionen scheinen dort nur Leute zu kommen, die sich nichts zu schulden haben kommen lassen. Verantwortung wird an Projektsteuerer abgegeben, die ihrerseits nur im engen Korsett der Vorgaben und Formulare der öffentlichen Träger handeln. Da ist eine mutige Sanierung so gut wie ausgeschlossen.
Ich wage eine Prognose: Der Abriss wird kommen (vielleicht in 2 Jahren), der Neubau wird sich verzögern und die Kosten werden mind. 50% höher als zu Beginn geschätzt.
Es ist Wahlkampf. Da kommt es auf Logik nicht so an.
Auf mich wirkte es in der Sitzung nicht so, als ob bei der Frage Neubau oder Sanierungen Parteimeinungen aufeinander treffen. Ich nahm in diesem Punkt Einigkeit wahr. Entscheidend wird aus meiner Sicht die Frage, ob die aktuelle und auch der/die nächste Stadträtin alles tun, damit die eine oder andere Lösung innerhalb weniger Jahre umgesetzt wird. Denn das Ausweichquartier Saatwinkler Damm ist eine Zwischenlösung.