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Schöne Grüße aus dem Parkplatzhimmel!

16. Mai 2018
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Ein Parkschein, gezogen am Bahnhof Gesundbrunnen. Halleluja! Foto: Sallmann
Ein Park­schein, gezo­gen am Bahn­hof Gesund­brun­nen. Hal­le­lu­ja! Foto: Sallmann

Mei­nung Der­zeit wer­den in vie­len Kiezen im Stadt­teil die par­ken­den Autos gezählt. Im Brun­nen­vier­tel, im Spren­gel­kiez, im Brüs­se­ler Kiez, in Gesund­brun­nen wird ermit­telt, wie hoch der Park­druck ist. Bis Juni, so heißt es aus dem Stra­ßen- und Grün­flä­chen­amt, läuft die Prü­fung. Nach der Aus­wer­tung wird ent­schie­den, wo Park­raum­be­wirt­schaf­tung ein­ge­führt wird. Nie­mals hät­te ich gedacht, dass ich das jemals den­ken oder sagen wür­de: Ich hof­fe, in mei­nem Kiez kommt die Park­ge­bühr bald.

Als ich vor zehn Jah­ren ins Brun­nen­vier­tel gezo­gen bin, hat­te ich bei den Park­plät­zen freie Aus­wahl. Ich hät­te auch quer par­ken kön­nen, wenn nicht gera­de Zeit fürs Gebet in der Moschee schräg gegen­über war. Dann besetz­ten vie­le Taxis die vor­han­de­nen Park­mög­lich­kei­ten. Außer­halb der Gebets­zei­ten war es kein Pro­blem, einen Park­platz zu bekom­men. Ich leb­te im Park­platz­him­mel. Heu­te dre­he ich oft vie­le Run­den durch mei­nen Kiez, die Run­den wer­den immer grö­ßer, dau­ern immer län­ger und manch­mal den­ke ich dar­über nach, was gesche­hen wird, wenn die drei gro­ßen Bau­stel­len im Kiez (zwei Mal Gewer­be, ein gro­ßes Mehr­fa­mi­li­en­haus) dem­nächst fer­tig sein wer­den. Wohin stel­le ich dann mein Auto?

Eine alte Parkuhr. In den Weddinger Kiezen kommt das Modell aber nicht zum Einsatz. Foto: Hensel
Eine alte Park­uhr. In den Wed­din­ger Kiezen kommt die­ses Modell aber nicht zum Ein­satz. Foto: Hensel

Noch ein­mal zwan­zig Jah­re zurück: Ich leb­te am Rand von Ber­lin, die Mau­er war gera­de gefal­len. Mit mei­nem bes­ten Freund fuhr ich oft mit dem Trab­bi nach Ost­ber­lin. Nie­ni­e­nie­mals wäre es infra­ge gekom­men, dass wir ein Park­ti­cket zie­hen und für einen Park­platz bezah­len. Die meis­ten Park­plät­ze der Stadt waren auch unbe­wirt­schaf­tet, zumin­dest gefühlt. Einen Park­platz fan­den wir trotz­dem immer. Aus einer Klein­stadt mit schier unend­lich vie­len frei­en Park­plät­zen kann­ten wir das auch nicht anders. Zur Not, falls wir mal am Alex zu tun hat­ten und in der Park­zo­ne par­ken muss­ten, ris­kier­ten wir es, einen Fün­fer für das Par­ken ohne Park­schein bezah­len zu müs­sen. So war das damals. Eine Freun­din von Park­raum­be­wirt­schaf­tung war ich des­halb eigent­lich nie. Und schon gar nicht wür­de ich für den Park­platz vor mei­ner Woh­nung bezah­len! Jetzt, wo ich den gestie­ge­nen Park­druck jeden Tag spü­re, sehe ich das anders.

Dar­über hin­aus ärgern mich seit Jah­ren die rück­sichts­lo­sen Falsch­par­ker. Die, die abge­senk­te Bord­stei­ne an Stra­ßen­über­gän­gen zupar­ken und damit Men­schen im Roll­stuhl, mit Kin­der­wa­gen, klei­nen Kin­dern auf Fahr­rä­dern, alten Leu­ten oder auch mir den Weg über die Stra­ße ver­sper­ren. Auch das Par­ken in zwei­ter Rei­he regt mich auf, ins­be­son­de­re wenn ich mit dem Fahr­rad unter­wegs bin. War­um dage­gen nie­mand etwas unter­nimmt, erklär­te mir neu­lich eine Dame vom Stra­ßen- und Grün­flä­chen­amt: kein Per­so­nal, kein Geld. Nur die Kieze, in denen die Park­zo­nen bewirt­schaf­tet wer­den, wer­den von den Mit­ar­bei­tern des Ord­nungs­am­tes betre­ten. In allen ande­ren herrscht eine Art Parkraumanarchie.

Privatparkplatz: Glücklich kann sich schätzen wer einen hat. Foto: Hensel
Pri­vat­park­platz: Glück­lich kann sich schät­zen wer einen hat. Foto: Hensel

Ich habe mir schon oft gewünscht, es käme jemand vom Ord­nungs­amt vor­bei. Zum Bei­spiel neu­lich, als ein Unter­neh­mer mit sei­nem dicken Por­sche den Zebra­strei­fen unge­niert zupark­te. Als ich ihn ansprach, wur­de er per­sön­lich und park­te natür­lich wei­ter auf dem Schutz­strei­fen. Wie hilf­reich wäre hier ein Mit­ar­bei­ter des Ord­nungs­am­tes! Kommt aber kei­ner, weil wir kei­ne Park­raum­be­wirt­schaf­tung haben.
Ich fin­de es ver­rückt, dass ich mir eine Park­zo­ne wün­sche, denn natür­lich wür­de ich eigent­lich gern wei­ter­hin kos­ten­los in mei­ner Stra­ße par­ken. Doch als ich vor kur­zem las, dass es bis Ende 2021 in ganz Mit­te Park­raum­be­wirt­schaf­tung geben soll, blieb mein Puls ganz ruhig. Sol­len sie kom­men, die Poli­tes­sen! Wir haben ihnen hier ordent­lich was zu bieten.

Dominique Hensel

Dominique Hensel lebt und schreibt im Wedding. Jeden zweiten Sonntag gibt sie hier den Newsüberblick für den Stadtteil. Die gelernte Journalistin schreibt für den Blog gern aktuelle Texte - am liebsten zu den Themen Stadtgärten, Kultur, Nachbarschaft und Soziales. Hyperlokal hat Dominique es auf jeden Fall am liebsten und beim Weddingweiser ist sie fast schon immer.

6 Comments

  1. Ich könn­te mir vor­stel­len, dass i m S‑Bahnring Autos gene­rell nichts zu suchen hät­ten. Und natür­lich auch kei­ne Park­plät­ze. Dann wäre die Luft sau­be­rer, es gäbe nicht so viel Hek­tik – man könn­te zu Fuß gehen oder mit Rad fah­ren. Das wür­de auch die Kran­ken­kas­sen­kos­ten sin­ken las­sen. Stadt ist nicht unbe­dingt iden­tisch mit Auto. Also Auto ist eine Erfin­dung des 19. Jahr­hun­derts und somit ist sei­ne Ent­wick­lung und Nut­zung auch ver­än­der­bar. Ich woh­ne im Spren­gel­kiez und was da an Auto­ver­kehr abgeht, ist nicht mehr “nor­mal” – jeden­falls nicht für ein Wohn­ge­biet. Also mei­ne Visi­on: weit­ge­hend auto­freie Stadt, viel Platz für Fuß­gän­ger, Rad­fah­rer und Gewer­be sowie Öffent­li­chen Nah­ver­kehr, Taxis, Kran­ken­wa­gen und last not least für die Poli­zei, damit alles auch umge­setzt wird. (ich hör schon “träum wei­ter” , “zieh aufs Dorf” na mal sehn!)

  2. Wenn ich sehe, was tag­täg­lich im Brun­nen­vier­tel los ist, dann wün­sche ich mir auch sehn­lichst die Park­raum­be­wirt­schaf­tung. Ein Anwoh­ner­ti­cket wird für jeden bezahl­bar sein (zwi­schen 20 – 30 Euro im JAHR!). Park­druck ist hier defi­ni­tiv vor­han­den. So ganz kann ich nicht ein­schät­zen, wie vie­le “Gast-Par­ker” aus dem benach­bar­ten Prenz­lau­er Berg kom­men und kos­ten­los par­ken. Zumin­dest wenn in der Max-Schme­ling-Hal­le eine Ver­an­stal­tung ist, ist im Brun­nen­vier­tel viel Park­raum­such­ver­kehr… Ätzend. Und ich sehe auch Fir­men-Lkw, die hier gern kos­ten­los nachts parken.
    Mehr Ord­nung durch ein Ord­nungs­amt, das wür­de doch eini­ges ver­än­dern. Lei­der wird das nicht ohne beglei­ten­de Poli­zei gehen, wenn ich so mit­be­kom­me, wie Men­schen reagie­ren, wenn man Ver­bo­te umzu­set­zen ver­sucht. Die Ord­nungs­amt-Mit­ar­bei­ter müs­sen dann geschützt werden.
    Das alles wird aber die Zwei­te-Spur-Par­ker eher nicht tan­gie­ren – die agie­ren eh ille­gal und zie­hen dafür ja nicht noch ein Park­ti­cket! Aber die wil­den Par­ker, die abge­senk­te Bür­ger­stei­ge zupar­ken oder ganz lapi­dar die Bür­ger­stei­ge mit ihren Blech­ber­gen voll stel­len, wür­den durch ein prä­sen­tes Ord­nungs­amt dis­zi­pli­niert. Stän­di­ge Ver­sto­ße wer­den schon teuer…

  3. Lie­be Dominique,
    vie­len Dank für den Text! Als Ergän­zung zur Selbst­hil­fe emp­feh­le ich die Sei­te https://www.berlin.de/polizei/aufgaben/bussgeldstelle/anzeigenerstattung/, wo man Anzei­ge erstat­ten kann, die dann auch tat­säch­lich bear­bei­tet wird. Bei Falsch­par­kern auf dem Rad­weg, abge­senk­ten Über­gän­gen, Zebra­strei­fen und ähn­li­chen Gefähr­dun­gen soll­te die 110 geru­fen wer­den, das ist nicht über­trie­ben und auch kein Miss­brauch des Not­rufs. Hier wird erklärt, wie man das am bes­ten for­mu­liert: https://www.autofreies-kreuzberg.de/radwege-frei.html

  4. Lie­be Dominique,
    Lie­be Weddinger,
    Die Park­platz Situa­ti­on kor­re­liert wohl mit der Situa­ti­on des Woh­nungs­mark­tes. In mei­nem Kiez in der Spren­gelstr. zei­gen sich die Anzei­chen auch sehr deut­lich. Mitt­ler­wei­le habe ich ver­stan­den, dass sich der ewi­ge Wan­del in Ber­lin nicht auf­hal­ten lässt. Wir kön­nen aller­dings unse­ren Teil dazu bei­tra­gen. Zum Bei­spiel wur­de ver­sucht, die nicht genutz­ten Bau­stel­len zu öff­nen, um sie wie­der als Park­platz­flä­che zu nut­zen. Lei­der hat das Vor­ha­ben nicht geklappt, denn es siegt bekannt­lich der­je­ni­ge, der bezahlt/mehr Geld hat. Das soll­te mei­ner Mei­nung nach mit den Park­plät­zen eben nicht pas­sie­ren. Damit regie­ren die­je­ni­gen, die bezah­len. Im All­ge­mei­nen funk­tio­niert unse­re Gesell­schaft zwar so, doch ich fin­de nicht, dass es noch ver­stärkt wer­den soll­te. Vor allem möch­te ich das nicht in mei­nem unmit­tel­ba­ren Umfeld umset­zen. Den Wed­ding wür­de ich ger­ne als „wil­den“ und „chao­ti­schen“ Raum behal­ten. Das wir nicht direkt vor unse­rer Haus­tür par­ken kön­nen ist nicht so schlimm, solan­ge wir für 5 Minu­ten ohne Straf­zet­tel davor hal­ten und ein-/aus­la­den kön­nen. Das wird ver­hin­dert sobald Park­ge­büh­ren und damit das Ord­nungs­amt die Situa­ti­on regelt und am Ende müs­sen wir dann ver­mut­lich auch ein-zwei Stra­ßen wei­ter pra­ken. Ich fin­de das kei­ne sehr gute Lösung, denn die Autos sind ja trotz­dem da. Das Pro­blem wird nur auf ande­re Stra­ßen ver­la­gert. Es geht hier eigent­lich um ein Grund­ver­ständ­nis von Gesell­schafts­struk­tur. Das bedeu­tet, der Mann mit dem Por­sche macht das, weil er sei­ne Macht/sein Geld demons­trie­ren will. Das­sel­be wür­de pas­sie­ren, wenn Park­plät­ze nur für die­je­ni­gen nutz­bar sind, die sich einen Bewoh­ner-Park­aus­weis leis­ten kön­nen. Ob der Besitz eines Autos in Ber­lin tat­säch­lich not­wen­dig ist, sei mal dahin gestellt. Ich emp­fin­de es auf jeden Fall als eine Frei­heit, die ich nicht auf­ge­ben möchte.
    Bit­te zögert nicht auch eure Mei­nung zu beschrei­ben – die­ses The­ma ist super inter­es­sant und mich wür­de ein Aus­tausch dar­über sehr freuen.
    Vie­le Grü­ße Bettina

  5. So ist es in Mit­te: Voll­zugs­de­fi­zit. Signi­fi­kant auch, dass auf Ord­nungs­amt-Online (https://ordnungsamt.berlin.de/frontend/dynamic/#) von allen Bezir­ken AUSSER Mit­te gemel­de­te Miss­stän­de mit ihrem Bear­bei­tungs­zu­stand zu fin­den sind. Ich habe dazu schon eine E‑Mail an unse­ren für das OA zustän­di­gen Bür­ger­meis­ter geschrie­ben, aber auch nach zwei Mona­ten kei­ne Ant­wort erhalten.

  6. Lie­be Dominique,
    es ist scha­de, dass nicht auch ohne Park­raum­be­wirt­schaf­tung und Stra­fe die Regeln ein­ge­hal­ten wer­den. Ich habe die­sel­ben Erfah­run­gen wie du gemacht. Bei uns an den Osram­hö­fen gibt es zu bestimm­ten Zei­ten immer Park­plät­ze, wenn zum Bei­spiel die Geschäf­te in den Osram­hö­fen zu machen und zu ande­ren Zei­ten ab ca. 21 Uhr kei­ne Park­plät­ze mehr.
    Vie­le Grü­ße von Susanne

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