Das ging schnell. Am 21. Februar beschlossen die sechs Stadträte die Investitionsplanung für die Jahre 2023 bis 2027 und hoben an diesem Tag die Sanierung des Erika-Heß-Eisstadions auf die Liste der Sanierungen. Ungewöhnlich: Baustart soll prompt sein, schon bis Januar 2024 sollen die Papierarbeiten erledigt sein und die Bagger anrollen. Andere Bauvorhaben des Bezirks mussten deutlich länger warten. Und auch die bewilligte Summe von fünf Millionen Euro ist kein Pappenstiel. Warum das Tempo?
Im Januar teilte die Vorgängerin des aktuellen Stadtrats für Sport mit, dass ein defektes Ventil am Kühlsystem das Erika-Heß-Eisstadion lahmlegt. Zumindest die Außenfläche musste der Bezirk sperren. Doch bei einem einfachen Austausch und damit einer flinken Reparatur wird es nicht bleiben; der Bezirk saniert das Eissport-Zentrum. Den Anfang macht ab 2024 das Dach. Der Investitionsplan nennt darüber hinaus eine “Gesamtsanierung”. Die erste Rate mit 2,6 Millionen Euro ist in der Spalte des kommenden Kalenderjahres eingetragen.
Sanierung zur Gefahrenabwehr
Grund eins ist die Gefahrenlage. “Der Bereich Katastrophen-/ Arbeits- und Brandschutz (KAB) des Bezirksamtes Mitte von Berlin weist darauf hin, dass das Ammoniak noch aus dem Eröffnungsjahr stammt und somit dringend ausgetauscht werden muss.” So steht es in den Erläuterungen zu den Investitionsvorhaben des Bezirks. Zum Einsatz kommt Ammoniak im Erika-Heß-Eisstadion in der Kühlanlage.
Doch bevor aufgrund des Wortes Katastrophenschutz Panik ausbricht: Es ist nicht ungewöhnlich, dass Ammoniak als Kühlmittel verwendet wird. Das Gas hat in der Kälteerzeugung mehr als 100 Jahre Tradition und wird sehr wahrscheinlich auch in Zukunft gern verwendet werden. Das Umweltbundesamt nennt Ammoniak wirtschaftlich und umweltfreundlich. “Zusätzlich gelten für Kälteanlagen, in denen Ammoniak eingesetzt wird, hohe Sicherheitsanforderungen. Dadurch ist die Wahrscheinlichkeit eines Havarie-Falles äußerst gering, Vergiftungsfälle sind äußerst selten.” Das heißt, Ammoniak-Anlagen verlangen Pflege, selbst dann, wenn die Politik Sparjahre ausruft.
Sanieren, um Energie zu sparen
Grund zwei ist der immense Energiedurst. “Pro Jahr verbraucht die Anlage etwa 1,4 GWh Strom, 1,4 GWh Heizöl und 8.500 Kubikmeter Leitungswasser”, listet die Erläuterung des Investitionsplans auf. Nimmt man einen Haushalt an, der 2.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr verbraucht, dann entspricht das Erika-Heß-Stadion 700 solcher Haushalte. Hinzu kommt der Ölverbrauch. Wenn ein Hausbesitzer 2000 Liter Heizöl pro Jahr verbraucht, dann entspricht die Ölmenge des Eisstadions 80 solcher Hausbesitzer.
Hinzu kommt ein zweiter Effekt. Wo gekühlt wird, entsteht Wärme. Das Stadion ist bei Licht betrachtet eine Wärmeschleuder. Mit 2 GWh heizt das Erika-Heß die Luft. Das würde rechnerisch für 500 bis 1000 Haushalten reichen. Kurz gefasst, der Energieverbrauch der 1967 in Betrieb genommenen Kühlanlage ist enorm.
Sportausschuss fragt nach Nebenfolgen
Am 25. April befasste sich der Sportausschuss mit der Investitionsplanung. Vor allem zu Dachsanierung des Erika-Heß gab es bei den Anwesenden Redebedarf. Fällt der Start der Bauarbeiten mitten in die Spielsaison? Im Ligabetrieb wäre das für die Frauen und Männer des Eishockey-Vereins FASS eine Erschwernis. Die Damen spielen in der Liga Nordost, das ist die dritte Ligastufe. Die Herren des Vereins nutzen ebenfalls das überdachte Stadion für Heimspiele. Sie mischen in der Regionalliga Ost mit, das ist die vierte Liga-Stufe. Benjamin Fritz (CDU), seit kurzem Stadtrat für Schule und Sport, bestätigte, dass das Amt mit Januar 2024 plant.
Werden Außen- und Innenflächen gleichzeitig gesperrt sein? Melita Ersek, Verwaltungsleiterin des Fachbereichs Sport im Bezirk, sagte, dass es Hoffnung gäbe, dass Innen- und Außenflächen jeweils offen bleiben könnten und nicht gleichzeitig geschlossen werden.
Wie lange werden Freizeit- und Vereinssportler auf ihre Eisflächen verzichten müssen? Melita Ersek verwies auf die Bauzeit beim Horst-Dohm-Eisstadion im Charlottenburger Ortsteil Schmargendorf. Dort dauerte die Sanierung eineinhalb Jahre. Sie sei “zuversichtlich”, dass auch das Erika-Heß-Eisstadion “in ein bis zwei Jahren” geschafft sei.
Saisonstart am 1. Oktober?
Bis die Arbeiten am Dach beginnen, kann ab Herbst noch einmal Schlittschuh gefahren werden. Es könnte am 1. Oktober noch einen Start für eine verkürzte Saison geben. Oder will der Bezirk den Start auf Dezember verschieben so wie 2022, als der Bezirk Energie sparen wollte? Und ist es grundsätzlich sinnvoll in einem warmen Herbst eine Eisfläche anzubieten? Stadtrat Benjamin Fritz geht von Oktober aus und fügt an, er wollte die “Entwicklungen abwarten” und Entscheidungen “anpassen”.
Aktuell gesperrt sind die Außenflächen, die vor allem von Freizeitgleitern genutzt werden. Der Bezirk schloss die Eisbahn unter freiem Himmel am 11. Januar. “Grund für die Schließung ist ein defektes Ventil im Kühlsystem”, teilt der Bezirk mit. Schul- und Vereinssport, die die Halle nutzen, seien nicht betroffen. Ein kleines Zeitfenster für den Freizeitsport war bis März eingerichtet worden.