In ganz Berlin sind die autofreien Haushalte zwar noch in der Minderheit. Aber auch hier zeigt sich ein klarer Trend gegen den eigenen Pkw. Waren im Jahr 2013 insgesamt 60 Prozent der Haushalte mit mindestens einem Pkw ausgestattet, so waren es 2023 nur noch 54 Prozent. Im Bezirk Mitte sind es aktuell sogar nur 31,5 % (wenn man die Nutzung von Dienstwagen mit einberechnet: 36,1 %). Etwa zwei Drittel der Haushalte kommen im Zentralbezirk der Hauptstadt also ohne Zugriff auf eine Motorkutsche aus. Das sind, es verwundert nicht, vor allem die Einpersonenhaushalte und die mit den kleineren Einkommen. Aber auch von denen, die im Bezirk Mitte monatlich über mehr als 5.000 Euro netto verfügen können (etwa ein Viertel der Befragten), verzichtet gut ein Drittel auf den Pkw.

Es gibt auch einen Hinweis über die Ursache dieser Blechabstinenz: Der Aussage "Ich fahre gern mit dem Auto" widersprachen etwa 60 % der Befragten in Mitte, indem sie "Stimme nicht zu" oder "Stimme überhaupt nicht zu" ankreuzten. Im gesamten Berlin dagegen fährt eine klare Mehrheit (53 %) gerne Auto ("Stimme zu" oder "Stimme voll und ganz zu"). Offenbar bereitet das Autofahren im Zentrum unserer Metropole weit mehr Missvergnügen als an deren Rand. Und das dürfte keinen verwundern, der sich hier schon einmal stundenlang von Ampel zu Ampel gequält hat.
Gefragt wurden die Autobesitzenden auch nach dem Ort, wo sie ihr Fahrzeug abends in der Regel abstellen. Nicht ganz 40 % der Autos in Mitte werden demnach in der Regel in privaten Garagen untergebracht. Aus diesem Ergebnis lässt sich folgende grobe Faustregel bilden: In den Wohngebieten von Berlin-Mitte ist etwa jeder fünfte Haushalt auf einen Pkw-Stellplatz auf öffentlichem Straßenland angewiesen. Natürlich muss man im Einzelfall auch noch andere Faktoren berücksichtigen, so gibt es etwa im Ostteil der Stadt aus historischen Gründen so gut wie gar keine privaten Garagen, im Westen dagegen in Gebieten mit Wohnungsbau aus der Nachkriegszeit oft eine drastische Überkapazität.

Gefragt wurde auch nach der Fahrleistung der Pkw. In Berlin-Mitte wurden dabei durchschnittlich 11.100 Kilometer im Jahr ermittelt, in Berlin 12.100 Kilometer. Der Bundesdurchschnitt betrug 2023 nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes 12.320 Kilometer. Dabei geht die durchschnittliche Jahresfahrleistung jedes Pkw in Deutschland derzeit im Schnitt jährlich um über 2 % zurück – und das, obwohl der Gesamtbestand an Pkw weiter zunimmt. Wir leisten uns also immer mehr Autos und lassen sie immer länger herumstehen.

Auf die Woche umgerechnet beträgt die durchschnittliche Fahrleistung in Berlin-Mitte damit etwas mehr als 200 Kilometer. Bei modernen Elektroautos dürfte also ein Ladevorgang pro Woche selbst im tiefsten Winter problemlos ausreichen. Private Ladestationen in Wohnungsnähe nutzen dazu weniger als ein Viertel der E-Auto-Halter im Bezirk. Die meisten (42 %) laden an einer Säule auf öffentlichem Straßenland.
Laut der Befragung werden in Mitte etwa 3,5 % der zugelassenen Pkw rein elektrisch betrieben, das ist deutlich mehr als der Bundesdurchschnitt (2,1 %). Möglicherweise sind die Ergebnisse aber auch verzerrt, weil die Bereitschaft von E-Auto-Besitzern, an der Befragung teilzunehmen, größer als die von Dieselfahrern war. Im Wedding jedenfalls sieht man E-Autos noch recht selten und wenn doch, dann meist ohne lokale Parkvignette, die sie als Fahrzeug aus der Nachbarschaft kennzeichnet.

Gefragt wurde zudem nach den Tageszeiten, an denen der Pkw in der Regel benutzt wird. Auch hier kommen interessante Unterschiede zum Vorschein: Während in der Gesamtstadt Berlin der Höhepunkt des motorisierten Individualverkehrs morgens eindeutig in der Zeit zwischen 7 und 8 Uhr und nachmittags zwischen 15 und 16 Uhr liegt, werden die Pkw aus Mitte morgens zwischen 8 und 9 Uhr etwa genauso häufig bewegt wie zwischen 7 und 8 Uhr – und nachmittags fällt der Spitzenwert sogar auf zwei Stunden später in die Zeit zwischen 17 und 18 Uhr. Diese Unterschiede treten auch bei den anderen Verkehrsarten (ÖPNV, Fahrrad, zu Fuß gehen) auf: Offenbar fahren Mitte-Bewohner im Schnitt etwas später zur Arbeit, kehren dafür aber auch später wieder zurück.
Detaillierte Daten aus der Erhebung, nach Bezirken sortiert
Autor: Christof Schaffelder
Dieser Artikel wurde zuerst in der Zeitschrift Ecke Müllerstraße veröffentlicht.
Im Ortsteil Wedding und im Ortsteil Gesundbrunnen sind die Zahlen sogar noch niedriger. Wir haben das 2023 einmal in diesem Artikel zusammengefasst.



Weniger Autos, aber mehr Durchfahrtsverkehr: Mit Verkehrsberuhigung versucht man, dem vielen Verkehr in Wohngebieten Herr zu werden.
Ach ja? Der Autoverkehr nimmt ab? Aber nicht da, wo ich wohne.
Vielleicht in Alt-Mitte, wo die Grünen wohnen. Nicht am Gesundbrunnen Osloer, Seestr., Markstr. etc. Parkplätze gibts auch nicht, da ja die Rentnerkutschen den ganzen Tag herumstehen.
Die Leute die da wohnen, haben besitzen keinen PKW. Das heist leider nicht, das da keine langfahren
Ich liebe Poller!
Sie sind ein guter Ersatz für Fahrradwege.
Wie es mit den Fahrradwegen im Wedding aussieht, wissen alle.
Schade, das die Poller so hässlich sind.
Allerdings nehme ich das gerne in Kauf, wenn dafür keine Autos mehr mit 50+ durch Wohngebiete rasen. Zur Zeit ist es besodners schön, wenn Autofahrer auf der See oder Transvaalstr. ihre Geduld verlieren und dann mit dem Fuß auf dem Gaspedal durch das Afrikanische Kiez abkürzen.