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Verkehr im Brüsseler Kiez:
Kiezblock: So verlief das Ortsgespräch

27. September 2022
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Pling, ein Ter­min kommt ins Post­fach geflat­tert: Orts­ge­spräch zum Brüs­se­ler Kiez­block. Das Bezirks­amt lädt ein zum Gespräch mit den Bürger:innen über geplan­te Maß­nah­men zur Ver­kehrs­be­ru­hi­gung. Kiez­block, Ver­kehrs­be­ru­hi­gung, Bezirks­amt – das sind hier im digi­ta­len Raum gleich drei Reiz­wör­ter. Ich weiß: wenn ich dort hin­ge­he und etwas dar­über schrei­be (egal was), ist zumin­dest Kri­tik pro­gram­miert. Viel­leicht bekom­me ich sogar einen Shit­s­torm ab. Doch ich bin neu­gie­rig, was die Bürger:innen aus dem Kiez sagen und wie das Bezirks­amt reagiert. Also gehe ich hin, am 22. Sep­tem­ber um 17 Uhr in der Gen­ter Stra­ße Ecke Limburger.

Das Interesse am Ortsgespräch war sehr groß. Foto: Hensel
Das Inter­es­se am Orts­ge­spräch war groß. Foto: Hensel

Was mir zuerst auf­fällt: es sind vie­le Men­schen, die sich für das The­ma inter­es­sie­ren und die eben­falls hören wol­len, was das Bezirks­amt zu sagen hat. Ich bekom­me ein ungu­tes Gefühl. Von den Kom­men­ta­ren hier auf dem Blog und auf unse­ren Kanä­len in den sozia­len Medi­en weiß ich, dass es anschei­nend vie­le Geg­ner von Kiez­block, Ver­kehrs­be­ru­hi­gung, Bezirks­amt gibt. Ver­öf­fent­li­chen wir ein Foto oder einen Text zur Ver­kehrs­wen­de, geht es sofort los. „Schwei­ne­rei! Ideo­lo­gie!“, rufen sie ins Netz und regen sich fürch­ter­lich auf. Ich erwar­te, dass es beim Orts­ge­spräch genau­so läuft.

Hat das Bezirks­amt ähn­li­che Gedan­ken wie ich? Zumin­dest kommt Bezirks­stadt­rä­tin Dr. Almut Neu­mann nicht unvor­be­rei­tet. Drei Mit­ar­bei­ten­de aus dem Stra­ßen- und Grün­flä­chen­amt sind an ihrer Sei­te, das Kin­der- und Jugend­bü­ro ist dabei, um für die Kin­der zu spre­chen. Vor ihnen steht eine gro­ße Trau­be Men­schen um ein Las­ten­rad her­um. Ich sehe Abge­ord­ne­te der Grü­nen und der SPD Mit­te. Auch die loka­le Pres­se ist ver­te­ten, zwei Kolleg:innen wol­len eben­falls zuhören.

Laura Fritsche, Verkehrsplanerin beim Bezirksamt, erklärt die Maßnahmen im Viertel. Foto: Hensel
Lau­ra Frit­sche, Ver­kehrs­pla­ne­rin beim Bezirks­amt, erklärt die Maß­nah­men im Vier­tel. Foto: Hensel

Und dann läuft es ganz anders als ich gedacht habe. Nie­mand ruft: „Schwei­ne­rei! Ideo­lo­gie!“ Eher im Gegen­teil. Es gibt zwar Kri­tik an ein­zel­nen Maß­nah­men, dem Stand­ort der Pol­ler oder auch Gegen­vor­schlä­ge. Man­che bekla­gen, dass der Bezirk zu spät dran sei mit der Ver­kehrs­be­ru­hi­gung. Aber vor allem gibt die For­de­rung nach noch mehr und schnel­le­ren ver­kehrs­be­ru­hi­gen­den Maß­nah­men. Noch mehr Pol­ler, Bord­stein­ab­sen­kun­gen, das Ent­sie­geln von Flä­chen, das Strei­chen von Park­flä­chen, die Ver­drän­gung von Lie­fer­ver­kehr, die Durch­set­zung von bestehen­den Regeln. Das klingt nicht immer freund­lich und man­che sind offen­bar unge­hal­ten. Sie war­ten schon lan­ge. Die For­de­rung von Ver­kehrs­be­ru­hi­gung gibt es im Brüs­se­ler Kiez schon seit Jah­ren. Es gibt eine Bür­ger­initia­ti­ve, die Wün­sche gesam­melt hat. Auch der ehe­ma­li­ge Stu­dent ist anwe­send, der das in ein Kon­zept für den Kiez gegos­sen hat. Das kam dann in die Bezirks­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lung und wur­de auch beschlossen.

Bezirksstadträtin Dr. Almut Neumann erklärt die Strategie des Bezirks beim Ortsgespräch zum Brüsseler Kiezblock. Foto: Hensel
Bezirks­stadt­rä­tin Dr. Almut Neu­mann erklärt die Stra­te­gie des Bezirks beim Orts­ge­spräch zum Brüs­se­ler Kiez­block. Foto: Hensel

Bezirks­stadt­rä­tin Dr. Almut Neu­mann hat bei dem Ter­min gut zu tun, zu erklä­ren, war­um mit dem vor­lie­gen­den “Kiez­block light”-Konzept nicht alle Maß­nah­men umge­setzt wer­den (kön­nen). Sie setzt auf schnell umsetz­ba­re und güns­ti­ge Maß­nah­men, die so viel Wir­kung wie mög­lich haben und nennt die Maß­nah­men einen ers­ten Schritt, denen spä­ter wei­te­re fol­gen sol­len. Doch etwas Far­be, Pol­ler, Ein­bahn­stra­ßen und die Sper­rung eines klei­nen Stücks der Gen­ter Stra­ße für den Auto­ver­kehr, das ist vie­len beim Orts­ge­spräch nicht genug. Die gan­ze Zeit wird mehr gefor­dert. Fra­gen wer­den weni­ge gestellt. Eine Frau fragt zum Bei­spiel nach der Zugäng­lich­keit für Ret­tungs­fahr­zeu­ge und Stadt­rei­ni­gung, eine ande­re fragt, wie ihre Mut­ter mit dem Auto künf­tig ihre Woh­nung errei­chen wird. Die­se Sach­fra­gen las­sen sich mit Hil­fe einer mit­ge­brach­ten Kar­te klä­ren und sind schnell abge­hakt. Was bleibt, ist die For­de­rung nach einem Mehr an Ver­kehrs­be­ru­hi­gung im Brüs­se­ler Kiez.

Ech­te Gegner:innen des zwei­ten Kiez­blocks im Bezirk sind offen­bar nicht gekom­men zum Orts­ter­min. Oder sie waren stil­le Beobachter:innen wie ich. Ech­te Kri­tik kommt erst nach dem Ter­min auf Insta­gram und per E‑Mail ins Post­fach. Die Initia­ti­ve „Tag des guten Lebens“ im Brüs­se­ler Kiez beschwert sich öffent­lich bei Dr. Neu­mann über feh­len­de Kom­mu­ni­ka­ti­on mit den Anwoh­nen­den. Die CDU schickt eine Pres­se­mit­tei­lung und schreibt: „der Wed­ding ist nicht Bul­ler­bü“. „Grü­ne Träu­me des hei­mi­schen Gar­tens auf der Stra­ße ent­spre­chen nicht der Lebens­rea­li­tät der über­gro­ßen Mehr­heit der Men­schen in unse­rem Bezirk, gera­de im Wed­ding“, schreibt die CDU. Wie das mit der Mehr­heits­mei­nung im Bezirk ist, möch­te ich nicht beur­tei­len (müs­sen). Beim Orts­ter­min jeden­falls haben sich die meis­ten der Teil­neh­men­den, um im Bild zu blei­ben, mehr grü­ne Träu­me gewünscht.

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  1. Schön zu sehen, dass es vor­an geht. Dann kann man hof­fent­lich nächs­ten Som­mer ent­spannt bei den Piz­ze­ri­en im Brüs­se­ler Kiez drau­ßen essen ohne das stän­dig Autos vor­bei rasen.

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