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Workshops gegen Stress und Unwohlsein im Wedding:
Mit Achtsamkeit gesünder altern

30. August 2024

Alt­wer­den ist nichts für Feig­lin­ge beti­tel­te Joa­chim Fuchs­ber­ger sein Buch, das 2014 erschien. Das Alter kann auch schön sein und noch vie­le gute Über­ra­schun­gen bie­ten, vor allem, wenn man kör­per­lich und auch see­lisch gesund bleibt. Etli­che emp­feh­lens­wer­te Rat­schlä­ge dafür bie­ten sich an, sol­che, die nach einem lan­gen Berufs­le­ben und Jah­ren der Bean­spru­chung uns wie­der bewusst wer­den soll­ten: die Acht­sam­keit gegen­über uns selbst!

Im Wed­ding gibt es im Rah­men des Pro­jekt der “Die Wil­le gGmbH” eine Refe­ren­tin, die in ange­neh­men Work­shops über Gefüh­le, Wohl­be­fin­den und Acht­sam­keit im Alter spricht und dabei die Teil­neh­men­den ein­be­zieht. Ein Gespräch mit Dipl.-Psych. Cor­ne­lia Ben­ter, die seit eini­gen Jah­ren die­se Work­shops im Ota­wi-Treff und in der Lui­sen­bad­bi­blio­thek anbietet.

Frau Ben­ter, Sie geben Work­shops zur Acht­sam­keit im Alter. Was ist Ihre Motivation?

Es ist mein grund­sätz­li­cher Wunsch, dass Men­schen gesund und glück­lich sind. Ich möch­te mei­ne Erkennt­nis tei­len, dass unser see­li­scher Zustand einen ent­schei­den­den Ein­fluss auf unse­re kör­per­li­che Gesund­heit hat.

Wel­che Erfah­rung machen Sie mit den Teil­neh­men­den in Ihren Kursen?

Die Teil­neh­men­den berei­chern in bemer­kens­wer­ter Wei­se die Ver­an­stal­tun­gen mit ihren eige­nen Lebens­er­fah­run­gen und Erkennt­nis­sen. Ich freue mich über den regen Aus­tausch und ler­ne stän­dig dazu.

Wo ist Ihre Tätig­keit für Ber­TA (Bera­tung und Teil­ha­be im Alter) und die älte­ren Men­schen im Stadt­teil angesiedelt?

2021 bin ich als freie Mit­ar­bei­te­rin zu „Die Wil­le gGmbH“ und damit zur Johan­nes­stift Dia­ko­nie gekom­men. Im Jahr 2023 wur­de ich ein­ge­stellt. Ich arbei­te in zwei Ber­li­ner Senio­ren­pro­jek­ten mit, bei denen es um die Stär­kung älte­rer Men­schen geht. Unser grund­sätz­li­ches Anlie­gen ist die Ver­bes­se­rung der Lebens­qua­li­tät der Bewoh­ne­rin­nen und Bewoh­ner im Kiez.

Frau Ben­ter, wel­che Aus­bil­dung haben Sie, um Acht­sam­keit für Älte­re anzubieten?

Ich habe nach mei­nem Abitur den Beruf der Arzt­hel­fe­rin in einer inter­nis­ti­schen Pra­xis erlernt und erst vie­le Jah­re spä­ter Psy­cho­lo­gie an der Frei­en Uni­ver­si­tät Ber­lin stu­diert. Dort habe ich im Rah­men des Diplom-Stu­di­en­gangs u. a. zwei Semes­ter Psy­cho­neu­ro­im­mu­no­lo­gie stu­diert, was mir nun auch in theo­re­ti­scher Form die Zusam­men­hän­ge zwi­schen unse­ren psy­chi­schen Zustän­den und unse­rer kör­per­li­chen Gesund­heit erklärte.

Wie erschloss sich Ihnen dann die Stress­re­duk­ti­on als Therapieform?

In der Pha­se der Abschluss-Prü­fung im Fach „Kli­ni­sche Psy­cho­lo­gie“ beschäf­tig­te ich mich inten­siv mit zahl­rei­chen Stu­di­en zur Wirk­sam­keit ver­schie­de­ner acht­sam­keits­ba­sier­ter The­ra­pie­for­men – spe­zi­ell zur Behand­lung von Depres­sio­nen und auch Bor­der­line-Stö­run­gen. Ich war von den Stu­di­en-Ergeb­nis­sen so begeis­tert, dass ich schon damals beschloss, eines Tages MBSR zur Stress­re­duk­ti­on zu erlernen.

Zunächst habe ich als frisch geba­cke­ne Diplom-Psy­cho­lo­gin an einer Fach­schu­le eine Zusatz­aus­bil­dung in Lösungs­ori­en­tier­ter Psy­cho­lo­gie absol­viert. Erst nach eini­gen Berufs­jah­ren im April 2019 ist es mir gelun­gen, an einer MBSR-Fort­bil­dung * teil­zu­neh­men und von zwei sehr erfah­re­nen Leh­re­rin­nen das Acht­sam­keits­trai­ning zu erler­nen. Seit­dem sind Acht­sam­keits­übun­gen ein täg­li­cher Bestand­teil mei­nes Lebens gewor­den. Die posi­ti­ven Aus­wir­kun­gen auf mei­nen eige­nen gesund­heit­li­chen Grund­zu­stand sind unüber­seh­bar. Ich bin aus tiefs­tem Her­zen davon über­zeugt, dass Acht­sam­keit eine immer wich­ti­ge­re Rol­le im Gesund­heits­we­sen spie­len wird.

* MBSR („Mindful­ness-Based Stress Reduc­tion“) steht für Acht­sam­keits­ba­sier­te Stressreduktion

Mit wel­cher Per­spek­ti­ve schau­en Sie auf die Welt unse­rer Emotionen?

In mei­nen Vor­trä­gen und Work­shops behan­de­le ich schwer­punkt­mä­ßig das The­ma „Emo­tio­nen“ und wel­che wich­ti­ge Rol­le sie in unse­rem Leben spie­len. Es ist mei­ner Mei­nung nach ein Feh­ler, unse­ren Intel­lekt in den Mit­tel­punkt zu stel­len, um per­sön­li­che und auch gesell­schaft­li­che Pro­ble­me zu lösen. Um zu wirk­lich nach­hal­ti­gen guten Lösun­gen zu kom­men, müs­sen Befind­lich­kei­ten und Bedürf­nis­se immer mit ein­be­zo­gen wer­den. Unse­re Emo­tio­nen die­nen uns als Kom­pass, um klar ein­schät­zen zu kön­nen, wor­auf wir uns men­tal gera­de (in jedem gege­be­nen Moment) zube­we­gen. Mit die­ser Klar­heit kön­nen wir dann bewuss­te Ent­schei­dun­gen tref­fen, wohin die Rei­se für uns gehen soll.

Zu die­sem Zweck ist es sinn­voll, dass Men­schen ler­nen, ihre Gefüh­le, also auch die lei­sen und sub­ti­len Gefüh­le, wie­der bes­ser wahr­zu­neh­men. Im Lau­fe des Erwach­sen­wer­dens haben wir uns lei­der ange­wöhnt, sie immer sel­te­ner zu beach­ten, bis zu einem Punkt, an dem wir nur noch die lau­ten star­ken Gefüh­le wahr­neh­men können.

Ich sage immer: „Alle Gefüh­le sind erlaubt und soll­ten nicht unter­drückt wer­den.“ Was nicht heißt, dass wir sie immer aus­le­ben müs­sen. Wir soll­ten sie aber wahr­neh­men und anneh­men wie sie gera­de sind und uns kei­nes­falls dafür kritisieren.

Ich selbst habe an eini­gen Ihrer Work­shops in Ota­wi-Treff und Lui­sen­bad­bi­blio­thek teil­ge­nom­men und bin beein­druckt von der Wei­te der Acht­sam­keits­the­men und Ihrer freund­li­chen lie­be­vol­len Art, die Teil­neh­men­den inklu­siv mit­zu­neh­men in neue Gewohn­hei­ten und gesün­de­re Ansprü­che an sich selbst. Wie machen Sie das?

Dan­ke für die freund­li­che Beur­tei­lung mei­ner Arbeits­wei­se. Mein Mot­to in allen mensch­li­chen Bezie­hun­gen ist: Begeg­nung auf Augen­hö­he. Mir ist ein gegen­sei­ti­ger respekt­vol­ler Umgang sehr wich­tig – bei aller indi­vi­du­el­len Ein­zig­ar­tig­keit eines jeden Men­schen. Ich bin zudem sehr inter­es­siert an Men­schen und ihren Lebensgeschichten.

Wor­auf legen Sie beson­de­ren Wert bei der Ver­mitt­lung von Acht­sam­keit bei Älteren?

Vor allem die Fähig­keit zur Gelas­sen­heit und der Umgang mit Stress lie­gen mir am Her­zen, weil vie­le Men­schen mit dem Älter­wer­den eine zuneh­men­de All­tags­ängst­lich­keit ent­wi­ckeln. Stress und Angst sind hor­mo­nell gese­hen der sel­be kör­per­li­che Zustand. In die­sem Zustand sind wir ein­ge­schränkt und kön­nen lang­fris­tig kei­ne guten Ent­schei­dun­gen tref­fen. Zudem fällt das Zusam­men­sein und die Kom­mu­ni­ka­ti­on mit ande­ren schwerer.

** Die wei­te­ren Ter­mi­ne 2024 zum Offe­nen Treff und zum Acht­sam­keits­trai­ning in Ota­wi­treff bzw. Lui­sen­bad­bi­blio­thek fin­den sich unter die­sem Artikel.

Frau Ben­ter, was ist Ihnen der wich­tigs­te Rat fürs Altern in der City?

Eine Groß­stadt wie Ber­lin kann für ihre Bewoh­ner manch­mal zu Reiz­über­flu­tung und Über­for­de­rung füh­ren – kurz gesagt Stress. Des­halb ist es wich­tig, in regel­mä­ßi­gen Abstän­den Mög­lich­kei­ten für Ruhe und Rück­zug zu nut­zen, um zu rege­ne­rie­ren und die Lebens­kraft zu erhal­ten. Mein Rat fürs Altern in der City? Wir soll­ten bewusst auf die Vor­zü­ge schau­en, wel­che das Stadt­le­ben mit sich bringt. Denn damit erhö­hen wir unser Wohl­ge­fühl und stär­ken unse­re Gesund­heit. Es ist nicht schwer, Vor­tei­le zu fin­den und jedem ein­zel­nen Plus­punkt ein Gefühl der Wert­schät­zung ent­ge­gen­zu­brin­gen. Am bes­ten fan­gen wir gleich heu­te Abend vor dem Ein­schla­fen damit an, dar­über nach­zu­sin­nen für was wir alles dank­bar sein können.

Frau Ben­ter, vie­len Dank für die­ses Gespräch!

Das Acht­sam­keits­trai­ning von Cor­ne­lia Ben­ter fin­det immer mitt­wochs 11:00 bis 13:00 Uhr im Ota­wi-Treff (Ota­wi­st­ra­ße 46, 13351 Ber­lin) statt.

Für genaue Infor­ma­tio­nen zu Ter­mi­nen und wei­te­ren Ange­bo­ten im Ota­wi-Treff: 030 92252–142 (Bera­tung 60+ – Die Wil­le (johannesstift-diakonie.de).

Fotos: Rena­te Straetling

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Links und Hinweise

Wei­te­re Ter­mi­ne 2024

Kos­ten­lo­ses Acht­sam­keits­trai­ning 2024 mit Cor­ne­lia Ben­ter im Ota­wi-Treff, Ota­wi­st­ra­ße 46 (U Reh­ber­ge, nahe am Park)
04.09./ 18.09./ 25.09./ 02.10./ 23.10./ 30.10./ 06.11./ 20.11./ 27.11.24 – jeweils 11 bis 13 Uhr

Offe­ner Treff mit Plausch bei Kaf­fee und Kek­sen im Rah­men von für Ü 60 in der Lui­sen­bad­bi­blio­thek mit Cor­ne­lia Ben­ter: Lui­sen­bad­bi­blio­thek (U Pank­stra­ße), Bad­stra­ße 39 in der 1. Eta­ge (Fahr­stuhl):

05. 9, 17. 10, 14. 11. und 12.12. 2024 – jeweils 13 bis 15 Uhr

Kon­takt­hin­wei­se

Die Wil­le gGmbH

Ber­TA; Bera­tung 60plus, Kon­takt: [email protected]

Das neue

Über die Senio­ren­be­g­nungs­stät­ten im Wedding

Alle bis­he­ri­gen Arti­kel der Kolum­ne Ü 60 – Som­mer 2022 – Som­mer 2024 in 

einem Sam­mel­band von Rena­te Straetling

https://www.epubli.com/shop/kolumne-ue-60-sommer-2022-sommer-2024–9783759847690

https://www.epubli.com/shop/kolumne-ue-60-sommer-2022-sommer-2024–9783759847690

Renate Straetling

Ich lebe seit dem Jahr 2007 in Berlin-Wedding, genauer gesagt im Brüsseler Kiez - und ich bin begeistert davon. Wir haben es freundlich, bunt ohne Überspanntheit.
Jg. 1955, aufgewachsen in Hessen. Seit dem Jahr 1973 zum Studium an der FU Berlin bin ich in dieser damals noch grauen und zerschossenen Stadt. Mittlerweile: Sozialforschung, Projekte. Seit 2011 auch Selfpublisherin bei www.epubli.de mit fast 60 Titeln. Ich verfasse Anthologien, Haiku, Lesegeschichten, Kindersachbücher und neuerdings einen ökologisch orientierten Jugend-SciFi (für Kids 11+) "2236 - ein road trip in einer etwas entfernteren Zukunft" (Verlagshaus Schlosser, 28.11.22).-
Meine Beiträge zu meiner Kolumne Ü 60 habe ich für alle, die lieber analog lesen, in einem Sammelband zusammengefasst
Renate Straetling
Kolumne Ü 60 - Sommer 2022 – Sommer 2024
Ein Sammelband
Sachbuchformat, 336 Seiten
ISBN: 978-3-759847-6, - Überall im Buchhandel oder online

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