Auf den ersten Blick sehen die Plakatwände auf dem Mittelstreifen der Müllerstraße wie großformatige Wahlwerbung aus, mit denen die Parteien vor dem Urnengang um Aufmerksamkeit buhlen. Tatsächlich handelt es sich um eine Kunstaktion unter freiem Himmel, bei der Weddinger, Motive einreichen konnten. Wie schon im Juni letzten Jahres war die Aktion initiiert durch die StandortGemeinschaft Müllerstraße e. V., die wieder zwölf Kunstwerke aus insgesamt 28 eingereichten Werken ausgewählt hat. Nach dem Motto “Mein Wedding²” werden unterschiedliche Stilrichtungen einen Einblick in die vielfältige Kunstszene im Wedding geben.
Die Idee wurde beim regelmäßigen Händlerfrühstück in der Müllerstraße geboren und vom Vorstand der StandortGemeinschaft weiterentwickelt. Nachdem in den vergangenen Jahren die Aktionen, die die in die Jahre gekommene Einkaufsstraße beleben sollen, eher innerhalb der Geschäfte und sonstigen Einrichtungen stattfanden, war es 2014 Ziel des Händlervereins, auf eine neue Art an die Öffentlichkeit zu treten.
Die positive Resonanz ermutigte die StandortGemeinschaft die Kunstaktion 2015 fortzuführen. Los geht es ab dem 3. September, wenn um 13:00 Uhr die offizielle Eröffnung durch den Bezirksbürgermeister Dr. Christian Hanke und Bezirksstadtrat Carsten Spallek am Leopoldplatz erfolgt.
Dabei geht diese Kunstaktion vor allem weit über die Dekoration einer Einkaufsstraße hinaus. Um dies zu erfassen, ist es allerdings notwendig, sich Zeit zu nehmen und etwas genauer hinzuschauen. Dass sich wieder nicht an „renommierte“ auswärtige Kulturschaffende gewandt worden ist, war auch eine gute Entscheidung. So folgt diese Kunstaktion richtigerweise dem Grundsatz: „Support your local Heroes“. Positiv hervorzuheben ist auch, dass die Arbeiten nicht noch einmal mehr die herkömmlichen „Weddingklischees“ reproduzierten. Das liegt vor allem an dem gut formulierten Aufruf. Die Kreativen sollten eben nicht „DEN“ Wedding abbilden. Das Motto hieß „Mein Wedding“. Damit waren sie aufgefordert, sich mit ihrer persönlichen Sicht auf diesen Teil von Berlin auseinanderzusetzen. Von daher zeigt sich hier eine Vielzahl sehr unterschiedlicher und spannender Sichtweisen. So werden die eigenen Arbeiten präsentiert, der eigene Alltag dargestellt und kommentiert, in die Geschichte des Weddings geblickt und Fragen an die Zukunft des einstigen Arbeiterbezirkes gestellt.
Auch ein Foto des Weddingweiser-Redakteurs Tobias Weber (aka Johnny) ist ausgewählt worden: in einem Beitrag hat er die Kaugummi-Automaten im Wedding und in Gesundbrunnen aufgezählt und fotografiert. Die immer noch regelmäßig befüllten, meist schäbig wirkenden Groschengräber gehören zum Straßenbild. Dass sie meist nur unbewusst wahrgenommen werden, passt irgendwie gut zum Wedding.
Eröffnung 3. September 13.00 Uhr, Leopoldplatz