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Mein Frauentag

8. März 2019
Foto: Sulamith Sallmann
Foto: Sula­mith Sallmann

Der inter­na­tio­na­le Frau­en­tag, Frau­en­kampf­tag oder auch (Höhe­punkt:) Inter­na­tio­na­ler Frau­en­kampf­tag ist end­lich Fei­er­tag in Ber­lin und damit eine fei­er­li­che Insti­tu­ti­on. Er erin­nert an die über 100 Jah­re andau­ern­den For­de­run­gen der Frau­en um Gleich­be­rech­ti­gung. Aber heißt Gleich­be­rech­ti­gung, dass ich nun auch mit weib­li­cher Kara­wa­ne sediert und grö­lend durch die Stra­ße zie­hen kann? Wie es wäre, wenn sich Frau­en an „ihrem“ Tag auf offe­ner Stra­ße in die Besin­nungs­lo­sig­keit sau­fen… Eine wahn­sin­nig absur­de, aber irgend­wie auch erstre­bens­wer­te Vorstellung.

Das bleibt wohl noch eine Wei­le Pri­vi­leg der Män­ner, die nicht mehr für ele­men­ta­re Rech­te auf die Stra­ße gehen müs­sen. Die meis­ten Frau­en kämp­fen der­weil ein­fach wei­ter. Dafür, dass sie gleich­wer­tig bezahlt wer­den, dass sie von ihren Ärz­ten über Schwan­ger­schafts­ab­brü­che auf­ge­klärt, dass sie nicht zwangs­ver­hei­ra­tet wer­den, dass sie in Füh­rungs­po­si­tio­nen ankom­men, dass sie nicht unge­fragt ange­grab­scht wer­den. Die Kämp­fe, die aktu­ell geführt wer­den, sind noch lan­ge nicht ausgefochten.

Aber abge­se­hen davon: Als pri­vi­le­gier­te Frau mit Stu­di­um, aus gutem Eltern­haus und ohne finan­zi­el­le Sor­gen durf­te ich natür­lich wahn­sin­nig vie­le posi­ti­ve Sei­ten der Gleich­be­rech­ti­gung erle­ben. Mei­ne Mut­ter – eine ost­deut­sche Frau – hat, eman­zi­piert, wie ost­deut­sche Frau­en nun mal erzo­gen wur­den, das Geld nach Hau­se gebracht. Mei­ne Mut­ter war die Che­fin im Haus, mei­ne Mut­ter hat mich als selbst­be­wuss­te jun­ge Frau groß­ge­zo­gen, mir nie das Gefühl gege­ben, dass ich auf­grund mei­nes Geschlechts irgend­was nicht tun könn­te. Bezo­gen auf Bil­dung, sei es kar­rie­re­tech­nisch, sei es im per­sön­li­chen Umgang mit ande­ren Frau­en oder Män­nern. In einem links-libe­ral sen­si­bi­li­sier­ten Milieu auf­zu­wach­sen, beschert eben auch Frau­en gro­ße Vor­tei­le. Fast alle mei­ne Vor­ge­setz­ten zum Bei­spiel waren Frau­en. Obwohl ich nicht leug­nen kann, dass auch ich in den obe­ren Füh­rungs­po­si­tio­nen trotz­dem haupt­säch­lich nur Män­ner sehe.

Foto: Wikipedia
Foto: Wiki­pe­dia

Die Sozia­lis­tin Cla­ra Zet­kin setz­te sich für die aus der USA stam­men­de Idee ein, einen natio­na­len Frau­en­kampf­tag zu insti­tu­tio­na­li­sie­ren. Das domi­nan­te The­ma der ers­ten Jah­re war die For­de­rung nach dem frei­en, gehei­men und glei­chen Frau­en­wahl­recht. Vor genau hun­dert Jah­ren, im Janu­ar 1919, konn­ten deut­sche Frau­en das ers­te Mal in der Geschich­te wäh­len und gewählt wer­den. Im Jahr 1921 ver­leg­te man den Frau­en­tag auf den 8. März. Zen­tra­le For­de­run­gen waren Arbeits­schutz­ge­set­ze, glei­cher Anspruch auf Bil­dung, aus­rei­chen­der Schutz für Müt­ter und Kin­der, glei­cher Lohn für glei­che Arbeit oder lega­ler Schwan­ger­schafts­ab­bruch. In all die­sen Berei­chen muss­ten Frau­en mas­si­ve Ein­schrän­kun­gen und Gebo­te hin­neh­men, die dem hier­ar­chi­schen Geschlech­ter­ver­hält­nis geschul­det sind.

Im sowje­tisch besetz­ten Deutsch­land wur­de der Frau­en­tag wie­der ein­ge­führt und im Lau­fe der Jah­re immer weni­ger ideo­lo­gisch besetzt. In der alten BRD hat­te es der Frau­en­tag schwer und wur­de erst mit der für die Frau­en­rech­te bedeu­ten­den Frau­en­be­we­gung wie­der in den Fokus gerückt. Seit­dem hat sich viel getan: Frau­en wäh­len, Frau­en ver­wal­ten ihr eige­nes Ver­mö­gen, Frau­en gehen arbei­ten, Frau­en soll­ten zumin­dest gesetz­lich das glei­che Gehalt bekom­men, Frau­en dür­fen straf­frei abtrei­ben, Frau­en gehen stu­die­ren, Frau­en gehen zur Bun­des­wehr, Frau­en sind gesetz­lich vor häus­li­cher Gewalt geschützt, Frau­en bekom­men staat­lich geför­der­te Zufluchts- und Schutz­räu­me, Frau­en ver­brei­ten sich in Füh­rungs­po­si­tio­nen, Frau­en wer­den Bun­des­kanz­le­rin u.v.m.

Viel hat sich seit­dem getan und viel ist noch zu tun. Ich bin froh, die Früch­te der letz­ten hun­dert Jah­re Frau­en­kampf kos­ten zu dür­fen. In die­sem Sin­ne wün­sche ich allen Frau­en einen wun­der­vol­len Tag!

Autorin: Rosa Pankow

Foto: Sulamith Sallmann
Foto: Sula­mith Sallmann

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