Der internationale Frauentag, Frauenkampftag oder auch (Höhepunkt:) Internationaler Frauenkampftag ist endlich Feiertag in Berlin und damit eine feierliche Institution. Er erinnert an die über 100 Jahre andauernden Forderungen der Frauen um Gleichberechtigung. Aber heißt Gleichberechtigung, dass ich nun auch mit weiblicher Karawane sediert und grölend durch die Straße ziehen kann? Wie es wäre, wenn sich Frauen an „ihrem“ Tag auf offener Straße in die Besinnungslosigkeit saufen… Eine wahnsinnig absurde, aber irgendwie auch erstrebenswerte Vorstellung.
Das bleibt wohl noch eine Weile Privileg der Männer, die nicht mehr für elementare Rechte auf die Straße gehen müssen. Die meisten Frauen kämpfen derweil einfach weiter. Dafür, dass sie gleichwertig bezahlt werden, dass sie von ihren Ärzten über Schwangerschaftsabbrüche aufgeklärt, dass sie nicht zwangsverheiratet werden, dass sie in Führungspositionen ankommen, dass sie nicht ungefragt angegrabscht werden. Die Kämpfe, die aktuell geführt werden, sind noch lange nicht ausgefochten.
Aber abgesehen davon: Als privilegierte Frau mit Studium, aus gutem Elternhaus und ohne finanzielle Sorgen durfte ich natürlich wahnsinnig viele positive Seiten der Gleichberechtigung erleben. Meine Mutter – eine ostdeutsche Frau – hat, emanzipiert, wie ostdeutsche Frauen nun mal erzogen wurden, das Geld nach Hause gebracht. Meine Mutter war die Chefin im Haus, meine Mutter hat mich als selbstbewusste junge Frau großgezogen, mir nie das Gefühl gegeben, dass ich aufgrund meines Geschlechts irgendwas nicht tun könnte. Bezogen auf Bildung, sei es karrieretechnisch, sei es im persönlichen Umgang mit anderen Frauen oder Männern. In einem links-liberal sensibilisierten Milieu aufzuwachsen, beschert eben auch Frauen große Vorteile. Fast alle meine Vorgesetzten zum Beispiel waren Frauen. Obwohl ich nicht leugnen kann, dass auch ich in den oberen Führungspositionen trotzdem hauptsächlich nur Männer sehe.
Die Sozialistin Clara Zetkin setzte sich für die aus der USA stammende Idee ein, einen nationalen Frauenkampftag zu institutionalisieren. Das dominante Thema der ersten Jahre war die Forderung nach dem freien, geheimen und gleichen Frauenwahlrecht. Vor genau hundert Jahren, im Januar 1919, konnten deutsche Frauen das erste Mal in der Geschichte wählen und gewählt werden. Im Jahr 1921 verlegte man den Frauentag auf den 8. März. Zentrale Forderungen waren Arbeitsschutzgesetze, gleicher Anspruch auf Bildung, ausreichender Schutz für Mütter und Kinder, gleicher Lohn für gleiche Arbeit oder legaler Schwangerschaftsabbruch. In all diesen Bereichen mussten Frauen massive Einschränkungen und Gebote hinnehmen, die dem hierarchischen Geschlechterverhältnis geschuldet sind.
Im sowjetisch besetzten Deutschland wurde der Frauentag wieder eingeführt und im Laufe der Jahre immer weniger ideologisch besetzt. In der alten BRD hatte es der Frauentag schwer und wurde erst mit der für die Frauenrechte bedeutenden Frauenbewegung wieder in den Fokus gerückt. Seitdem hat sich viel getan: Frauen wählen, Frauen verwalten ihr eigenes Vermögen, Frauen gehen arbeiten, Frauen sollten zumindest gesetzlich das gleiche Gehalt bekommen, Frauen dürfen straffrei abtreiben, Frauen gehen studieren, Frauen gehen zur Bundeswehr, Frauen sind gesetzlich vor häuslicher Gewalt geschützt, Frauen bekommen staatlich geförderte Zufluchts- und Schutzräume, Frauen verbreiten sich in Führungspositionen, Frauen werden Bundeskanzlerin u.v.m.
Viel hat sich seitdem getan und viel ist noch zu tun. Ich bin froh, die Früchte der letzten hundert Jahre Frauenkampf kosten zu dürfen. In diesem Sinne wünsche ich allen Frauen einen wundervollen Tag!
Autorin: Rosa Pankow