Der Dinner-Abend von „Lola kocht“ fängt mit einigen handfesten Widersprüchen an. Zunächst ist Lola ein Mann. Mit aktuellen Genderdebatten hat das aber nichts zu tun. Björn Gensler aus dem Badstraßenkiez hat sein Kochprojekt nach seiner Tochter benannt. Beim Kochabend am 22. Oktober stellte das Mädchen vor den zehn Essensgästen stehend aber sogleich fest: „Ich will aber nicht kochen!“ Muss sie auch nicht, denn der Papa kocht wirklich gut und gern.
Der Kochabend hat im Oktober zum dritten Mal stattgefunden. Das Prinzip ist bei allen Terminen gleich: Björn kocht für maximal 20 Personen sieben vegetarische Gänge, dazu gibt es Wein. Die Gäste sitzen an großen Tischen nebeneinander, folgen der Aromatour des Kochs Gang für Gang und kommen miteinander ins Gespräch. Der Kochabend von „Lola kocht“ ist ein sehr familiäres Erlebnis. Es ist angesiedelt irgendwo zwischen Familientreffen, WG-Party und einem dieser exklusiven Veranstaltungen, bei dem ein professioneller Koch gebucht wird, um in einer privaten Wohnung ein Dinner zu zaubern.
Vom Wedding in den Prenzlauer Berg – und zurück
Doch kommen wir zum zweiten Widerspruch. „Ich find Wedding cool. Hier im Kiez gemeinsam essen und sich kennenlernen, das ist toll“, sagt Björn Gensler. Der Kochabend im Oktober fand aber gar nicht im Wedding statt. Das bezeichnet der Gastgeber des Abends als eine Übergangslösung. Zwar fanden die ersten beiden Kochabende im Café 3zehn in der Grüntaler Straße statt. Doch der dritte, hier beschriebene, Abend war in einem Event-Space der Betreiber des Weddinger Cafés im Prenzlauer Berg angesiedelt. Für Björn ist klar, wohin das führen soll: „Ziel war es, im Wedding zu sein. Ziel ist jetzt, wieder in den Wedding zurückzugehen“. Erst hatte Björn die Idee, mit einem Foodtruck in seinen Kiez zurückzukehren, jetzt denkt er eher an ein eigenes Restaurant.
Wie die Gäste des Kochabends erfahren, war Björn bis vor kurzem Geschäftsführer eine Firma in der Schweiz. Nun hat er das ewige Pendeln gegen einen kurzen Gang die Küche getauscht. „Ich bin Koch aus Leidenschaft, kein gelernter Koch“, sagt er. „Ich kredenze Gerichte, die uns als Familie schon oft geschmeckt und begeistert haben“. Alles, so betont er bevor er wieder in der Küche verschwindet, sei selbstgemacht: das Humus, das Sauerteigbrot, das Dinkelbaguette, die Dips und alle anderen Speisen auch, die auf den Tisch kommen.
Süppelsche und Grumbeere mit Zwiwwel
Beim Kochabend im Oktober konnten die Gäste der Speisenfolge auf einer Karte mitlesen, sich auf den nächsten Gang freuen. Alle Gerichte sind darauf auch in hessischem Dialekt beschrieben worden, der ursprünglichen Heimat von Björn Gensler. So gab es Servus us de Kisch: drei leckere Dips mit frischem Brot als Gruß aus der Küche. Danach folgte ein Süppelsche, eine Kürbissuppe mit Orange und Safran. Feijge uff Salat kam auf den Teller (gegrillte Feigen mit Shaoxing-Dressing), anschließend ließen sich die zehn Essensgäste Grumbeere mit Zwiwwel schmecken (Gnocchi mit Sumach-Zwiebeln). Der nächste Gang war Rusekohl mit Woidraube beziehungsweise süßsaurer Rosenkohl mit Maronen und Weintrauben, gefolgt von Widder Gemies (Auberginen mit Curry-Joghurt). Zum Abschluss gab es Nochtisch: Rote-Bete-Kuchen mit einer sehr leckeren Creme. Zu den einzelnen Gängen füllte eine Weinbegleitung die Gläser.
Sieben Gänge – das macht wirklich satt und die verschiedenen Aromen, die Björn kombinierte, machten die Gäste zufrieden. Über den großen Tisch hinweg wurde freudig geplaudert, man lernte sich kennen. Und so stellte sich heraus, dass die meisten Menschen am Tisch aus dem Wedding in den Prenzlauer Berg gekommen waren, um sich von dem Weddinger bekochen zu lassen. Auf der Rückseite der Speisekarte konnte Lob und Kritik hinterlassen werden. Ganz am Ende wurde um die Beantwortung der Frage gebeten: Kommstde noch emol widder? Mögliche Antworten waren „klaa“ und „hör uff damit“. Es steht zu vermuten, dass die meisten die erste Antwortmöglichkeit angekreuzt haben. Und vielleicht gibt es dann auch ein Wiedersehen mit der echten Lola, die gar nicht kocht, aber sicherlich gern kostet, was der Papa für seine Essensgäste kocht.
Die nächsten Termine
Foodtruck oder eigenes Restaurant im Wedding? Das ist noch nicht klar. Aber weitere Dinner-Abende von „lola kocht“ soll es auf jeden Fall geben. Der nächste findet am 19. November in der Kiezküche in der Rhinower Straße 5 statt. Allerdings ist das Dinner bereits komplett ausgebucht. Auch im nächsten Jahr soll es wieder Termine geben, dann aber wahrscheinlich wieder im Wedding. Wer darüber mehr erfahren möchte, kann Björn über seinen Instagram-Kanal www.instagram.com/lola_kocht errreichen. Eine Webseite ist in Arbeit, der Link wird hier nach Fertigstellung ergänzt.