01.07.2020 Jahrzehntelang zeigte die Deutsche Bahn kein Interesse an den Stahlkolossen der Liesenbrücken, wollte sie unbedingt loswerden. Doch nun überlegt überraschend der Berliner Senat, ob die S‑Bahn-Berlin für die Rostbrücken eine Verwendung haben könnte. Und er stoppt im Bezirk weit entwickelte Pläne für die Brücken. Ein Investor wollte die Stahlriesen zu einem Veranstaltungsort umbauen und auf ihnen einen lang ersehnter Fuß- und Radweg freigeben. Doch nun heißt es erst einmal: Zurück auf unklar.
i2030 bremst bestehende Pläne aus
Ein Pressesprecher der Senatsverwaltung für Verkehr bestätigt: Es soll die Option offen gehalten werden, die Brücken als Zufahrt zu einer denkbaren Abstellanlage für S‑Bahnen im Park auf dem Nordbahnhof zu nutzen. “Im Rahmen des Schienen-Infrastrukturprojekts i2030”, sagt der Pressesprecher. “Derzeit läuft die Grundlagenermittlung” und “erste Abstimmungen mit dem Bezirk zu Rahmenbedingungen und tangierenden Planungen fanden bereits statt”. “Tangierend” (zu deutsch eigentlich am Rand berührend) meint in diesem Fall “konkurrierend”. Der im Bezirk für Stadtplanung zuständige Stadtrat Ephraim Gothe spricht bei einem Kiezspaziergang die Lage klar aus: “Eine Brückenbebauung ist damit vermutlich obsolet”. Die Brücken seien “tiptop”, da könne “eine Dampflok hinüber fahren”, das habe eine Studie ergeben, so Ephraim Gothe.
Zwar will der Senat die Nutzung der Brücke als Eventlocation und Fußgängerquerung verhindern, gleichzeitig sind seine Pläne bei i2030 unkonkret. “Das Projekt steht noch ganz am Anfang der Planung”, heißt es. Man befinde sich auf der Stufe “Grundlagenermittlung”. Die ist im gesamten Prozess i2030 diejenige, in der noch Varianten diskutiert werden. Mit dem Kürzel i2030 ist der „Infrastrukturausbau auf stark frequentierten Strecken zwischen Berlin und Brandenburg“ gemeint
“Nachhaltigster, sozialster und wirtschaftlichster” Plan
Pläne, die entwickelt, beim Bezirksamt eingereicht und dort für gut befunden wurden, kann dagegen Martin Freitag vorweisen. Er ist Geschäftsführer beim Investor CapRate. Für sein Vorhaben gibt es bereits „vom Planungsamt, vom Denkmalschutz und von der Freiraumplanung grünes Licht.“ Sein Plan sei detailliert, mit dem Bezirk abgestimmt und passe vor allem in die Vorgaben der „20 grünen Hauptwege“. Die grünen Vorgaben „sind für alle Behörden verbindlich“, argumentiert Martin Freitag. Grüne Hauptwege sind angestrebte weiträumige Grünverbindungen in Berlin. Deshalb hält er seinen Plan für die “nachhaltigste, sozialste und wirtschaftlichste Nutzung der Brücken”. Er sagt weiter: “Für unser Vorhaben spricht, dass so die seit langem verfolgte übergeordnete Grünraumverbindung zwischen dem Park am Nordbahnhof, dem Humboldthain und dem Mauerpark hergestellt wird.” Die Grünverbindung könne über die kleinere der beiden Rostgiganten führen. In seinem Bauantrag wird diese kleinere Brücke der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Für einen solchen grünen Weg setzt sich das Netzwerk Grünzüge für Berlin seit vielen Jahren ein.
Die kleinere Brücke könnte bei seinen Plänen auch die Radschnellverbindung Panke Trail von Mitte nach Buch tragen. Der Senat dagegen ist bei der Frage, ob der Panke Trail durch die i2030-Plänen gefährdet ist, aktuell ratlos: “die Untersuchungen stehen noch ganz am Anfang, auch was die Flächenbedürfnisse unterschiedlicher Nutzungsoptionen angeht”, beantwortet die Pressestelle der Verkehrsverwaltung die Nachfrage des Weddingweisers.
Den Plänen des Senats entgegen steht die Tatsache, dass die Brücken sich “nicht mehr im Anlagevermögen der Deutschen Bahn AG” befinden, wie ein Pressesprecher der Bahn bestätigt.
Die Idee, Abstellgleise für die S‑Bahn zu errichten, zielt auf den Teil des Parks auf dem Nordbahnhof, der zurzeit mit einem hohen, grünen Gitterzaun abgetrennt ist. Diese Fläche gehört der Deutschen Bahn und nicht zu den 5,5 Hektarn, die das Land Berlin am 13. Mai 2009 bei der Eröffnung als „naturnahen-urbanen Park“ beschrieb.
Andrei Schnell beobachtet, wie der Senat dazwischenfunkt..
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