Ich wünsche mir ein Straßenbahngleis! Um neben den Schienen in der wilden Wiese spazieren zu gehen, um bei Linienunterbrechungen im Gleisbett picknicken zu können, um mit dem kleinen Weddinger Züge zu zählen. Aber vor allem: hätte ich ein Straßenbahngleis, könnte ich es begrünen. Ich könnte, den Mauerpfeffer, den ich beim Langen Tag der StadtNatur am Sonntag (19.6.) geschenkt bekommen habe, wie geheißen, zerrupfen und mit den nachwachsenden Pflanzen meine eigene grüne Oase anlegen. Es würde wachsen und sprießen und schon im übernächsten Jahr könnte ich selbst zu Gleisführungen einladen.
Weil ich aber kein Straßenbahngleis mein Eigen nenne, habe ich mir am Sonntag in der Osloer Straße „Die wilde Seite der BVG“ angeschaut. Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) hat, was ich mir wünsche: Straßenbahnschienen, viele Straßenbahnschienen. Tourenführerin Hendrikje Schreiter, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Humboldt-Universität (Institut für Agrar- und Stadtökologische Projekte) nahm mich und fünf weitere Stadterkunder mit auf einen sehr informativen Spaziergang entlang der 1995 eingerichteten begrünten Teststrecke zwischen U‑Bahnhof Osloer Straße und Eckernförder Platz.
Neu ist die Idee der grünen Gleise nicht. So erfuhr ich, dass es schon seit der Erfindung der elektrifizierten Straßenbahn 1881 erste Gleisbegrünungen gab. In den 1990er-Jahren kam das Thema mit einem gewachsenen Umweltbewusstsein aber erst richtig auf die Tagesordnung. Bis dahin gab es fast nur Schottergleise. „Heute gibt es in Deutschland insgesamt 565 Kilometer begrünte Gleise“, erklärte uns Hendrikje Schreiter. In Berlin sind 60 Kilometer mit verschiedenen Pflanzen bewachsen, was zusammen einer Grünfläche von 15 Hektar entspricht. Berlin gehört damit im Deutschlandvergleich zu den Spitzenreitern.
Aber warum lässt die BVG ihre Gleise begrünen? Frank Dreyer von der BVG erklärte uns die Vorteile gegenüber dem konventionellen Gleis. „Schottergleise müssen von Begrünung frei gehalten werden, weil sie sonst Schaden nehmen“, erläuterte er. Deshalb wird das Grün teilweise mit viel Aufwand und mit Chemie bekämpft. Grüne Gleise seien pflegeleichter und damit auch ökonomisch, ökologischer und einfach hübscher. „Die begrünten Gleise mindern auch den Lärm, den eine Straßenbahn macht, lässt das Regenwasser nicht einfach versickern und bindet den Feinstaub aus der Luft“, ergänzt Hendrikje Schreiter die Gründe, die fürs grüne Gleis sprechen.
Der Gleisabschnitt, den wir uns anschauten, war mit Mauerpfeffer (Sedum) bepflanzt. Mit diesen widerstandsfähigen Pflanzen sind zehn Prozent der begrünten Gleise in Berlin bepflanzt. „Die Pflanzen eignen sich nur für Standorte, an denen nicht über die Gleise gelaufen wird. Mehrmaliges Drauftreten verträgt das Sedum nicht“, sagt Hendrikje Schreiter. Für alle anderen Gleisabschnitte benutzt die BVG Rasen – demnächst wird auf einem weiteren Teilstück der M13, nämlich am Virchow-Klinikum, ein weiterer Rasenabschnitt hinzukommen. Der Rasen macht die Gleise ebenfalls grün – muss jedoch zwei bis drei Mal im Jahr bei laufendem Betrieb gemäht werden.
Bis zum Eckernförder Platz sind wir leider nicht gekommen mit unserer Führung „Die wilde Seite der BVG“. So war es eigentlich geplant gewesen. Es gab einfach so viel Interessantes zu sagen und zu erfahren über die kleinen Pflänzchen, die im Gleisbett wachsen … Doch das macht nichts! Nächstes Jahr gibt es ja wieder einen Langen Tag der StadtNatur, organisiert von der Stiftung Naturschutz Berlin. Und da entdecken wir einfach den Rest der Strecke in der Osloer Straße. Oder gleich den Rest des grünen Berlin.
Text und Fotos: Dominique Hensel
[…] bis zum U‑Bahnhof Seestraße und zum Virchow-Klinikum fuhren dann ausschließlich Busse. Manches Straßenbahngleis war regelrecht zugewachsen. Richtung Osten mussten die Busse natürlich auch die Umleitung über die Jülicher Straße und […]
Ihr machten den Lesern Angst. Nächstes Jahr wieder Gleisführung. Wie lange soll denn die Sperrung der M13 und 50 dauern?