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Kundgebung für Soziokultur und gegen Abriss

11. Oktober 2018
Diesterweg
Das ehe­ma­li­ge Schul­haus des Dies­ter­weg-Gym­na­si­ums. Foto: Weddingweiser

Die einen sind von der Archi­tek­tur des ehe­ma­li­gen Dies­ter­weg-Gym­na­si­ums in der Swi­ne­mün­der Stra­ße begeis­tert, die ande­ren wol­len das oran­ge­far­be­ne Ufo im Brun­nen­vier­tel so schnell wie mög­lich abrei­ßen. Zum Bei­spiel Stadt­rat Cars­ten Spal­lek (CDU), der wegen Was­ser­ein­bruch von einem “Total­scha­den” spricht. Die Initia­ti­ve ps wed­ding ruft nun für den 14. Okto­ber zu einer Kund­ge­bung auf. Sie sehen in einem Abriss einen “poli­ti­schen Total­scha­den”. Hier erklä­ren sie warum:

Kommt zur Kund­ge­bung! Sonn­tag 14. Okto­ber 14 Uhr. Dem ehe­ma­li­gen Dies­ter­weg-Gym­na­si­um droht der Abriss.

Abriss wäre politischer Totalschaden

Demonstration
Demons­tra­ti­on gegen Abriss am 14. Okto­ber. Gra­fik: ps wedding

Die Initia­ti­ve ps wed­ding plant seit 6 Jah­ren in Abstim­mung mit Bezirk und Senat, das für das Brun­nen­vier­tel zen­tra­le Gebäu­de zu erhal­ten und umzu­nut­zen. Hier sol­len Räu­me für sozia­le und kul­tu­rel­le Nut­zun­gen und bezahl­ba­rer Wohn­raum ent­ste­hen. Das Bezirks­amt bricht nun mit der abge­stimm­ten Pla­nung und ver­sucht, an allen poli­ti­schen Gre­mi­en vor­bei, den Abriss des Gebäu­des durchzusetzen.

Wir hal­ten das Vor­ge­hen des Bezirks­amts für einen poli­ti­schen Total­scha­den. Seit Jah­ren setzt sich die Initia­ti­ve ps wed­ding dafür ein, das für Ber­lin ein­zig­ar­ti­ge und seit 2011 leer­ste­hen­de Schul­ge­bäu­de zu sanie­ren, umzu­nut­zen und bau­lich zu ergän­zen. Ps wed­ding ist eine gemein­wohl­ori­en­tier­te Initia­ti­ve aus der Nach­bar­schaft für die Nach­bar­schaft. In enger Zusam­men­ar­beit mit loka­len Akteu­ren haben wir ein Kon­zept ent­wi­ckelt, das dem loka­len Bedarf nach bezahl­ba­rem Wohn­raum und Räu­men für sozia­le und kul­tu­rel­le Nut­zun­gen im ansons­ten mono­funk­tio­na­len Wohn­ge­biet ent­spricht. Zur Umset­zung unse­res Vor­ha­bens koope­rie­ren wir seit 2015 mit der lan­des­ei­ge­nen Woh­nungs­bau­ge­sell­schaft Dege­wo und mehr als 30 wei­te­ren Partnern.

Undemokratisches Vorgehen

Unser Kon­zept wur­de mit allen poli­ti­schen Gre­mi­en auf Bezirks- und Senats­ebe­ne abge­stimmt und ist von die­sen mehr­fach bestä­tigt wor­den. Es ist die pla­ne­ri­sche Grund­la­ge des Auf­stel­lungs­be­schluss des Bezirks­amts für einen Bebaung­plan, des­sen erklär­tes Ziel dar­in besteht, „ein gemein­nüt­zi­ges und mul­ti­funk­tio­na­les Nach­bar­schafts­pro­jekt im Brun­nen­vier­tel zu eta­blie­ren, das den bau­li­chen Bestand des ehe­ma­li­gen Dies­ter­weg-Gym­na­si­ums zur Grund­la­ge nimmt, ihn modi­fi­ziert und wei­ter entwickelt.“

Bezirks­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lung (BVV), Stadt­ent­wick­lungs­aus­schuss und Bezirks­amt spra­chen sich mehr­fach für die Umset­zung unse­res Vor­ha­bens als Pilot- und Modell­pro­jekt aus. Ps wed­ding wird von zahl­rei­chen Mit­glie­dern des Abge­ord­ne­tena­hau­ses eben­so unter­stützt wie von Wohngs­bau­se­na­to­rin Karin Lomp­scher (Lin­ke). Im Juni 2018 bestä­tigt Finanz­se­na­tor Mat­thi­as Kol­latz (SPD) schrift­lich, dass das Grund­stück mit vor­ge­schal­te­ter Anhand­ga­be an ps wed­ding in Erb­bau­recht ver­ge­ben wer­den soll.

Koalitionsziel Gutes Regieren beschädigt

Ein oranges Treppenhaus verbindet die drei Etagen. Foto: Christian Kloss, urbanophil
Ein oran­ges Trep­pen­haus ver­bin­det die drei Eta­gen der ehe­ma­li­gen Schu­le. Foto: Chris­ti­an Kloss, urbanophil

Nun hat das Bezirks­amt Mit­te aus aktu­el­lem Anlass – Was­ser­rohr­bruch und fol­gen­de Überschwemmung
der Kel­ler­räu­me – den Stand­ort und das Gebäu­de neu bewer­tet und im Allein­gang beschlos­sen, sich des Hau­ses sowie der Pla­nun­gen und Beschlüs­se der letz­ten Jah­re im Eil­ver­fah­ren zu ent­le­di­gen. Im Gespräch ist die erneu­te Nut­zung als Schulstandort.

Wir hal­ten die­ses intrans­pa­ren­te auf Tabu­la rasa aus­ge­leg­te Ver­hal­ten des Bezirks­amts für eine fata­le Ver­let­zung demo­kra­ti­scher Grund­sät­ze. Ange­sichts der Bedarfs­la­ge im Quar­tier, der lang­wie­ri­gen Abstim­mun­gen zwi­schen Bezirk und Senat, der lan­ge pro­pa­gier­ten Ziel­set­zung bezahl­ba­ren Woh­nungs­baus und der Errich­tung eines Nach­bar­schafts­zen­trums, der Arbeit von ps wed­ding und der Erwar­tun­gen und Hoff­nun­gen im Quar­tier ist die­ses Vor­ge­hen völ­lig inakzeptabel.

Ein sol­ches Vor­ge­hen wider­spricht in jeder Bezie­hung dem von der Koali­ti­on for­mu­lier­ten Anspruch des guten Regie­rens. Wenn es der Poli­tik nicht gelingt, ein ver­läss­li­cher Part­ner zu sein, und sich zivil­ge­sell­schaft­li­che, nach­bar­schaft­li­che Akteu­re und Initia­ti­ven nicht auf Abspra­chen mit der Poli­tik ver­las­sen kön­nen, ist das ein fata­les Signal, das auch Aus­wir­kun­gen auf ver­gleich­ba­re Vor­ha­ben in der Stadt hat und die Glaub­wür­dig­keit von R2G grund­le­gend beschä­digt. Zivil­ge­sell­schaft­li­che Initia­ti­ven müs­sen von Poli­tik und Ver­wal­tung end­lich als gleich­be­rech­tig­te Part­ner und legi­ti­me Akteu­re aner­kannt und auch so behan­delt wer­den. Die Stadt gehört nicht der Poli­tik oder der Ver­wal­tung, die Stadt gehört uns allen!

Autor ist die Initia­ti­ve ps wed­ding, die statt Abriss ein sozio­kul­tu­rel­les Zen­trum und kos­ten­güns­ti­gen Wohn­raum schaf­fen könnte.

 

Andrei Schnell

Meine Feinde besitzen ein Stück der Wahrheit, das mir fehlt.

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