Warum Neubau keinen Jubel auslöst
Jetzt geht‘s also richtig los! Die landeseigene Wohnungsgesellschaft Gesobau errichtet an der Uferstraße und der Bornemannstraße 180 Wohnungen. Das wäre angesichts des angespannten Wohnungsmarktes auch im Wedding eigentlich ein Grund zur Freude. Immerhin verspricht die Gesobau, dass ein Drittel ihrer Neubauwohnungen durch die Wohnungsförderung des Landes Berlin für durchschnittlich 6,50 Euro pro Quadratmeter vermietet werden sollen.
Doch so richtig will sich Jubel nicht einstellen.
Auch und vor allem deshalb nicht, weil in den sogenannten Uferhöfen gerade mal 57 Wohnungen auf die genannte Art und Weise gefördert werden. Nun war ich in Mathematik nie eine große Leuchte. Aber dass 57 Wohnungen nicht einem Drittel der zu bauenden 180 Wohnungen entsprechen, kann sogar ich erkennen. Das macht mich stutzig und auch etwas ratlos. Denn wenn schon bei diesem ersten Neubau-Projekt nicht gehalten wird, was versprochen ist, warum sollten sich die landeseigenen Wohnungsgesellschaften dann in Zukunft an die Senatsvorgaben halten, für bezahlbaren Wohnraum und damit auch für den Erhalt der berühmten Berliner Mischung zu sorgen?
Mittes Bezirksbürgermeister, Dr. Christian Hanke, hatte wahrscheinlich keine Lust, nachzurechnen. Stattdessen gab er seiner Freude darüber Ausdruck, dass insbesondere die Ortsteile Gesundbrunnen, Wedding und Moabit „von Studenten und jungen Familien entdeckt“ werden. Bleibt nur die Frage, wer da den Wedding entdeckt. Studenten und junge Familien, die nicht mehr als jene 6,50 Euro Miete pro Quadratmeter zahlen können, werden es jedenfalls nicht sein.
Autor: Ulf Teichert
Die Kolumne erscheint ebenfalls jeden Samstag im Berliner Abendblatt.
[…] Der Kommentar zum Bauvorhaben […]
1⁄3 von 180 wären 60 Wohnungen. Da sind die 57 ja gar nicht so weit entfernt. Außerdem muß die Mischung sich im Wedding und auch gerade im Gesundbrunnen erst mal her stellen. Die par Studenten, die man hier in letzter Zeit sieht machen bei weitem noch keine Gentrifizierung.
Wie bitte? Die “paar Studenten”? Ich wohne in einem Haus in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Neubauprojekten – in den letzen sechs Jahren wurde hier die gesamte Bewohnerschaft gegen solche Studenten und Nachfolger ausgetauscht, ich bin mit meiner Frau als letzter Mieter von den alten noch da. Zahlenverhältnis aktuell daher: 15 Studenten, 5 Mittelschichtler und nur noch wir zwei “Eingeborene”. Denn auch das zeigt unsere Erfahrung: Wenn einmal erst die Studenten drin waren, gehen die Wohnungen anschließend garantiert nicht mehr an Geringverdiener, sondern nur noch an “aufwertende Klientel”. Und aus meinen Nachbarhäusern, die fast alle in der Hand von Genossenschaften sind, weiß ich Ähnliches. Also, vielleicht bitte erst mal Augen auf machen und sich ein bißchen erkundigen, bevor man solche Beschwichtigungsformeln rauströtet, ja?
Die Absicht, Wohnraum zu einem Drittel für 6,50€ anzubieten gilt laut der verlinkten Pressemitteilung für die Gesamtplanung bis 2026, nicht für jedes einzelne Projekt. Und vor wem genau fürchten Sie sich denn nun, Herr Teichert? Marodierenden Besserverdienern?