Drei Gutachten kann die Gemeinschaft der Mieter in der Koloniestraße 10 vorweisen und mit ihnen um den Erhalt ihres Hofes kämpfen. Eines davon belegt, dass in dem Hinterhof die sehr seltene Mopsfledermaus geortet wurde. Ein Investor will Garagen in dem historischen Parallelhof abreißen, um Platz für ein Apartmenthaus zu schaffen. Das geht nun aus Naturschutzgründen nicht so einfach. Die Mieter wollen, dass eine Genossenschaft das Wohnhaus und die Remisen kauft. Sie haben sich zum Kulturhof Koloniestraße 10 zusammengeschlossen. Zwei Genossenschaften kämen für den Kauf in Frage. Doch die können nur kaufen, wenn der Investor seine eigenen Pläne begräbt.
Natur mitten in der Stadt
Der Kulturhof hofft, dass er das tut, wenn der Abriss der Garagen unmöglich ist. Verhindern kann den Abriss zum Beispiel die professionelle Fledermausbeobachtung mit vier automatischen BatCordern vom 29. September. Die Fledermausrekorder nahmen Rufe von sechs verschiedenen Arten auf, darunter die Zwergfledermaus und die seltene Mückenfledermaus. Bedroht sind alle diese Fledermausarten, doch die Mopsfledermaus ist zudem eine sogenannte Verantwortungsart. Das sind laut Wikipedia „Tier- und Pflanzenarten, für deren Erhalt und Schutz Deutschland eine besondere Verantwortung trägt“. Erstellt hat die Untersuchung die Agentur K&S Umweltgutachten.
Ein weiteres Fachgutachten zum Vogelbestand weist 14 besonders geschützte Vogelarten nach. „Darunter drei Meisenarten, aber auch Buntspecht, Stieglitz, Eichelhäher und Amseln“, sagen die Mieter. Beim Bau des benachbarten Apartmenthauses Viva „sind viele Vögel zu uns umgezogen“. Deshalb hat der Kulturhof selbst ein Gutachten zu Ausgleichsmaßnahmen angefertigt. „Unser Hof kann als Kompensationsmaßnahme für den benachbarten Neubau verstanden werden.“ Als nächstes will der Kulturhof Insekten erfassen, „nachweislich halten sich hier Erdhummeln, Solitärbienen, die Blauflügelbiene und die Pelzbiene bei uns auf“.In dem Hinterhof befanden sich früher 40 Gewerbe von Tanzschule bis Atelier. Dass heute seltene Vögel im Hof der Koloniestraße 10 nisten, könnte auch daran liegen, dass der Hof 1995 mit Senatsmitteln von Landschaftsplaner Ralf Steeg begrünt wurde. 90.000 DM wandte Berlin dafür auf. Deshalb stehen heute an den Mauern Spalierobstbäume und verschiedene Kletterpflanzen. Eine Pergola mit Weinreben überspannt den Hof. Eine Brandwand und Fassaden sind mit Kletterpflanzen bewachsen.
Auch der Kulturhof e.V. in Gründung hat Bebauungspläne, die das Architekturbüro arch.id bereits im Dezember 2018 vorstellte. Dabei handelt es sich um eine „Win-Win-Lösung“ mit „einer attraktiven Nachverdichtung und Aufwertung des Grundstückes bei gleichzeitigem Erhalt der vorhandenen urbanen Struktur“. Und das ohne Verdrängung.
Der Kampf um die Koloniestraße 10 wird seit längerem geführt . Schon zweimal haben die Mieter in letzter Sekunde den Abriss verhindert und Bauarbeiter und Baumaschinen aufgehalten.
Der Text stammt aus der Weddinger Allgemeinen Zeitung, der gedruckten Zeitung für den Wedding. Geschrieben wurde er von Andrei Schnell. Wir danken dem RAZ-Verlag.
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