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Zukunft der Müllerstraße:
Jetzt Wunschzettel fürs Karstadt schreiben

20. Oktober 2022
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Wäh­rend der Weih­nachts­mann für Wün­sche bekannt­lich offen ist, muss sich bei Kar­stadt noch zei­gen, wes­sen Wün­sche am Ende Rea­li­tät wer­den. Am 1. Dezem­ber soll es eine öffent­li­che Ver­samm­lung geben, bei der über die Zukunft des Waren­hau­ses am Leo­pold­platz gespro­chen wer­den soll. Im Vor­feld gab es am 7. Okto­ber eine Kund­ge­bung, “um die Öffent­lich­keit auf­merk­sam zu machen”. Es geht um Abriss oder Umbau oder Leerstand. 

Kommt das Aus für Kar­stadt am Leo­pold­platz? Foto: Weddingweiser

Das Wort “Kiez­ge­spräch” steht auf einem Wim­pel, der neben dem Mode­ra­tor der Kund­ge­bung am 7. Okto­ber auf­ge­stellt ist. Die Stadt­teil­ver­tre­tung “Mensch Mül­ler” hat­te die Ver­an­stal­tung auf dem Leo­pold­platz orga­ni­siert. Rund 50 Inter­es­sier­te kamen zusam­men. Wich­tigs­tes Anlie­gen, die Wed­din­ger auf das The­ma Kar­stadt auf­merk­sam zu machen. Da pas­siert nun was und ihr soll­tet euch ein­brin­gen und das jetzt, so der O‑Ton. Zwei­te wich­ti­ge Infor­ma­ti­on war, dass es am 1. Dezem­ber eine offi­zi­el­le Ver­samm­lung für Anwoh­ner und Inter­es­sier­te geben wird. Die Plä­ne des Eigen­tü­mers sol­len dann vor­ge­stellt wer­den. Ort und Uhr­zeit der Ver­samm­lung am ers­ten Tag des letz­ten Monats im Jahr ste­hen noch nicht fest. Doch an die­sem Ter­min wer­den Infor­ma­tio­nen zur Zukunft des Kar­stadt-Hau­ses einer brei­ten Öffent­lich­keit zugäng­lich. Das wird ver­mut­lich ein Pflicht­ter­min für ech­te Wed­din­ger. Droht dem Kar­stadt Leer­stand? Abriss? Ist Umbau bei lau­fen­dem Ver­kauf möglich?

Wünsche während der Kundgebung am 7. Oktober

Für die Gewerk­schaft Ver­di geht es um die 200 Mit­ar­bei­ter in allen Geschäf­ten am Stand­ort, davon 82 im Waren­haus und 38 in der Lebens­mit­tel­ab­tei­lung. Die Beschäf­tig­ten haben bereits betriebs­be­ding­te Kün­di­gun­gen erhal­ten. “War­um?”, fragt ein Gewerk­schaf­ter. Er will für einen “bür­ger­ge­rech­ten Umbau” strei­ten. Das heißt, statt mehr­jäh­ri­ge voll­stän­di­ge Schlie­ßung, will er Tei­l­öff­nun­gen wäh­rend der Zeit der Bau­ar­bei­ten. Sein Argu­ment: Käu­fer­strö­me, die auf­grund von Schlie­ßun­gen ein­mal abge­ris­sen sind, keh­ren nicht ohne wei­te­res zurück.

Für die Bezirks­ver­ord­ne­te Mar­tha Klee­dör­fer von der Par­tei Die Lin­ke sind drei Punk­te wich­tig: die Nah­ver­sor­gung muss sicher gestellt sein, die Mit­ar­bei­ter ange­stellt blei­ben und Anwoh­ner betei­ligt wer­den. Für die Zukunft wünscht sie sich in dem Gebäu­de neben Ver­kaufs­räu­men eine Kita, einen Dro­gen­kon­sum­raum, bezahl­ba­re Mie­ten für Klein­ge­wer­be und “eine Dach­ter­ras­se für alle”.

Stadt­rat Ephra­im Gothe sieht den Bezirk in einer star­ken Ver­hand­lungs­po­si­ti­on. Er spricht von einem begin­nen­den “Aus­hand­lungs­pro­zess”. In die­sem besit­ze der Bezirk den Hebel “Pla­nungs­recht, das ein Waren­haus” vor­schreibt. Offen­bar will Gothe sich eine Ände­rung des Pla­nungs­recht teu­er abkau­fen las­sen. Plä­ne des Eigen­tü­mers, das Kauf­haus durch Büros zu erset­zen, wür­den auf kei­nen Fall geneh­migt wer­den, so Gothe. Dass er bereit ist, ein klei­ne­res Waren­haus zuzu­las­sen, sag­te er nicht direkt. Aber er ver­wies dar­auf, dass ein Wohn­an­teil mög­lich sei. “Die lan­des­ei­ge­ne Ges­obau und WBM besit­zen Häu­ser direkt an der Gren­ze zum Kar­stadt-Grund­stück”, so Ephra­im Gothe über mög­li­chen bezahl­ba­ren Wohn­raum. Arzt­pra­xen kön­ne er sich vor­stel­len ange­sichts hoher Mie­ten von 25 Euro je Qua­drat­me­ter, die das Fach­arzt­zen­trum Med­ico­leo zah­len müs­se. Da kön­ne ein preis­wer­ter Aus­weich­stand­ort gut tun. Und er, Ephra­im Gothe, habe den Wunsch nach einem Senio­ren­ca­fé und nach Bera­tungs­stel­len gehört.

Wünsche des Eigentümers

Im Som­mer haben die Eigen­tü­mer im Aus­schuss für Stadt­ent­wick­lung ihre Plä­ne vor­ge­stellt. Auf dem Wunsch­zet­tel der Eigen­tü­mer steht aber nicht ein rei­nes Waren­haus. Den Inves­to­ren schwebt “klein­tei­li­ge Nut­zung des Erd­ge­schos­ses, Woh­nen, Stär­kung des loka­len Ein­zel­han­dels” vor. Gleich­zei­tig heißt es: “Bei­trag zur lang­fris­ti­gen Siche­rung des Waren­haus­be­trie­bes …” – nur eben nicht mehr aus­schließ­lich. Das ent­schei­den­de Stich­wort in der Prä­sen­ta­ti­on lau­tet “städ­te­bau­li­che Para­me­ter” für einen Wett­be­werb. Gewünscht ist das gro­ße Gan­ze, der umfas­sen­de Umbau, Abriss nicht aus­ge­schlos­sen. Jeden­falls geht es nicht um eine Repa­ra­tur der Fassade. 

Signa macht Mietvertrag mit Signa

Der aktu­el­le Miet­ver­trag für das Waren­haus Kar­stadt endet am 31. Janu­ar 2024, auch wenn eine Opti­on für eine Ver­län­ge­rung des Miet­ver­tra­ges um wei­te­re zehn Jah­re besteht. In der Prä­sen­ta­ti­on mit dem Stand August ist notiert, dass eine Schlie­ßung von Janu­ar 2024 bis 2027 vor­ge­se­hen ist. Was pas­siert in den drei Jah­ren zwi­schen dem Ablauf des Miet­ver­tra­ges und dem Bau­start? Sind Zwi­schen­nut­zun­gen mög­lich? Ist es rea­lis­tisch, dass das Bau­recht bis Janu­ar 2024 geschaf­fen ist und die Bag­ger im Febru­ar anrol­len kön­nen? Und wenn ja, kann jeweils ein Teil des Ver­kaufs wei­ter­ge­hen? Die­se und ande­re Fra­gen kön­nen Gäs­te der Info­ver­an­stal­tung am 1. Dezem­ber stellen.

Einer­seits gehört das Waren­haus als Ein­zel­händ­ler seit 2019 aus­schließ­lich der Signa (Signa Depart­ment Store Group). Das Gebäu­de aber gehört zu je 50 Pro­zent der Ver­si­che­rungs­kam­mer Bay­ern und der Si­gna De­ve­lop­ment Se­lec­ti­on. Zumin­dest ein Stück weit macht also Signa einen Miet­ver­trag mit Signa – oder nicht. Hin­ter dem Signa-Kon­zern steht René Ben­ko. Wiki­pe­dia notiert über ihn: “Es gab und gibt zahl­rei­che Kon­tro­ver­sen zum beruf­li­chen Auf­stieg sei­ner Person.”

Das Kar­stadt­gründ­stück ist 9.500 Qua­drat­me­ter groß, umfasst 29.000 Qua­drat­me­ter Geschoss­flä­che, davon 20.000 für den Ein­zel­han­del. Das Waren­haus bau­te der Archi­tekt Hel­mut Krieg­mann 1978.

Andrei Schnell

Meine Feinde besitzen ein Stück der Wahrheit, das mir fehlt.

8 Comments

  1. Ich bin sehr trau­rig wenn Kar­stadt schlie­ßen muss. Aus vie­len Grün­den kau­fe ich nicht im Inter­net ein, Ver­pa­ckung, Lie­fer­we­ge, anfas­sen, ist wich­tig für mich wenn ich Klei­dung kau­fe, die vie­len Rück­sen­dun­gen, Klei­dung die unter men­schen­un­wür­di­gen Ver­hält­nis­sen gefer­tigt wer­den, bil­lig-bil­li­ger-weg­wer­fen, nicht nach­hal­tig, schlecht bezahl­te Lieferfahrer.….im Win­ter muss ich nicht von einem Laden in den ande­ren lau­fen, bekom­me einen guten Kaf­fee und was zu essen. Ich weiß .…ich bin alt.…

  2. Der Immo­bi­li­en­markt und sei­ne Prei­se sind der Feind der Stadt und ihrer durch­schnitt­li­chen und unter­durch­schnitt­li­chen Ver­die­ner. Gucken wir nur auf den welt­weit bekann­tes­ten Immo­bi­li­en­händ­ler: Donald Trump. Geschäfts­mo­del­le, die wäh­rend der “sozia­len Markt­wirt­schaft” Bestand hat­ten, rech­nen sich heu­te nicht mehr: sie­he real,-, Kar­stadt, Zei­chen­cen­ter Ebe­l­ing. – Einst kam ich aus Nach­bar­be­zir­ken ange­reist, um im Wed­ding ein­zu­kau­fen. Heu­te ver­drän­gen Büros und ande­re Kapi­tal­an­la­gen die Men­schen und ihre Bedürfnisse.

  3. Nach mei­nem Kennt­nis­stand ist auch das gegen­über­lie­gen­de Gebäu­de (ehe­ma­li­ge Shell-Tan­ke, Haki­ki, „Casi­no“) mit im Topf! Gibt es hier­über wei­te­re Informationen?

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