Wenn es etwas im Wedding häufiger gibt als Döner-Buden und Handy-Läden, dann sind es Friseure. Gefühlt macht jede Woche an irgendeiner Ecke des Bezirks ein neuer Haarkünstler einen Laden auf – oder wieder zu. Das Erstaunliche ist auch, dass das Angebot der meist türkischen oder arabischen Figaros vor allem an Männer gerichtet ist. Von Männern für Männer. Immer ohne Termin. Es geht da meistens zu wie im Taubenschlag. Viele Kunden scheinen einfach ihre gesamte Freizeit im Salon zu verbringen. Ob sie sich auch jedes Mal die Haare und den Bart stutzen lassen?
Auch die schiere Menge an Barbieren in unserem Stadtteil ist überwältigend. Bei solch einer Konkurrenz ist es schon ein Zeichen für Qualität, wenn sich ein Friseurgeschäft länger als ein paar Jahre hält. Schon seit 2014 gibt es den Friseur „King of Cut“ in der Kameruner Straße. Ali’s Salon muss etwas Besonders haben, denn seine Internetseite zeigt, dass er einen richtigen Fankreis hat, der weit über die Bezirksgrenzen hinausgeht. Auch der ein oder andere Rapper oder Fußballprofi hat sich dort schon die Haare schneiden lassen, wie man im Online-Gästebuch erfährt.
Das macht mich neugierig. Mal wieder Zeit, einen Schritt in die arabische Männerwelt zu tun. Ich habe Glück. An einem Samstagmorgen um 9 Uhr ist nichts los. Ich bin der einzige Kunde und werde direkt von Asmer bedient. Die dezente Beschallung bestand aus arabischen Gebeten und Gesängen. Genug Zeit für einen entspannten Plausch nach dem hervorragenden Haarschnitt mit Verwöhnprogramm. „Hast du einen Bruder?“, fragt mich Asmer. Ja, habe ich, aber nicht in Berlin. „Ah, dann hast du wohl einen Doppelgänger, der sich regelmäßig hier den Bart stutzen lässt.“ Da werde ich wohl öfter vorbeikommen müssen, denn den würde ich gern mal kennenlernen – man weiß nie, wofür man einen Doppelgänger mal brauchen kann.
Stolz zeigt Asmer mir den Salon – es ist ja noch kein anderer Kunde da. Den Lockdown 2020 hat das Team rund um Ali genutzt, um den Laden komplett zu renovieren. Außerdem war dort ein Corona-Testzentrum untergebracht. Nicht alles hat sich geändert, die Wand auf der einen Seite mit dem charakteristischen King of Cut-Berlin-Graffiti ist geblieben. Ansonsten beherrscht Holzoptik mit herrlich nostalgisch daherkommenden Barbier-Stühlen aus braunem Leder die Szenerie. Doch der Clou ist der ausgebaute Keller, den man direkt aus dem Laden mit einer Holztreppe erreicht: Denn dort unten befinden sich weitere drei Plätze, quasi ein Separé für Kenner. Es sieht im Grunde genauso aus wie im oberen Salon, aber ein bisschen etwas Obskures hat der Kellerraum durchaus.
Ach ja, falls es an Bargeld fehlt: Der Geldautomat ist in die Schaufensterscheibe integriert. So ist dann doch jeder orientalische Barbiersalon einzigartig. Was aber überall ähnlich ist: Der Kunde ist König. Jedenfalls bei “King of Cut”.
Hallo
….Das Erstaunliche ist auch, dass das Angebot der meist türkischen oder arabischen Figaros vor allem an Männer gerichtet ist
Weshalb das so ist , ist nicht schwer zu erraten … oder
Zum Glück laufe ich ständig mit 3‑Tage-Bart und Glatze durch den Wedding
Grüße