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Von Friseuren und Barbieren im Wedding:
Im Herrensalon

24. März 2022
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Wenn es etwas im Wed­ding häu­fi­ger gibt als Döner-Buden und Han­dy-Läden, dann sind es Fri­seu­re. Gefühlt macht jede Woche an irgend­ei­ner Ecke des Bezirks ein neu­er Haar­künst­ler einen Laden auf – oder wie­der zu. Das Erstaun­li­che ist auch, dass das Ange­bot der meist tür­ki­schen oder ara­bi­schen Figa­ros vor allem an Män­ner gerich­tet ist. Von Män­nern für Män­ner. Immer ohne Ter­min. Es geht da meis­tens zu wie im Tau­ben­schlag. Vie­le Kun­den schei­nen ein­fach ihre gesam­te Frei­zeit im Salon zu ver­brin­gen. Ob sie sich auch jedes Mal die Haa­re und den Bart stut­zen lassen? 

Auch die schie­re Men­ge an Bar­bie­ren in unse­rem Stadt­teil ist über­wäl­ti­gend. Bei solch einer Kon­kur­renz ist es schon ein Zei­chen für Qua­li­tät, wenn sich ein Fri­seur­ge­schäft län­ger als ein paar Jah­re hält. Schon seit 2014 gibt es den Fri­seur „King of Cut“ in der Kame­ru­ner Stra­ße. Ali’s Salon muss etwas Beson­ders haben, denn sei­ne Inter­net­sei­te zeigt, dass er einen rich­ti­gen Fan­kreis hat, der weit über die Bezirks­gren­zen hin­aus­geht. Auch der ein oder ande­re Rap­per oder Fuß­ball­pro­fi hat sich dort schon die Haa­re schnei­den las­sen, wie man im Online-Gäs­te­buch erfährt. 

Asmer vor dem Salon – mit inte­grier­tem Geldautomaten

Das macht mich neu­gie­rig. Mal wie­der Zeit, einen Schritt in die ara­bi­sche Män­ner­welt zu tun. Ich habe Glück. An einem Sams­tag­mor­gen um 9 Uhr ist nichts los. Ich bin der ein­zi­ge Kun­de und wer­de direkt von Asmer bedient. Die dezen­te Beschal­lung bestand aus ara­bi­schen Gebe­ten und Gesän­gen. Genug Zeit für einen ent­spann­ten Plausch nach dem her­vor­ra­gen­den Haar­schnitt mit Ver­wöhn­pro­gramm. „Hast du einen Bru­der?“, fragt mich Asmer. Ja, habe ich, aber nicht in Ber­lin. „Ah, dann hast du wohl einen Dop­pel­gän­ger, der sich regel­mä­ßig hier den Bart stut­zen lässt.“ Da wer­de ich wohl öfter vor­bei­kom­men müs­sen, denn den wür­de ich gern mal ken­nen­ler­nen – man weiß nie, wofür man einen Dop­pel­gän­ger mal brau­chen kann.


Stolz zeigt Asmer mir den Salon – es ist ja noch kein ande­rer Kun­de da. Den Lock­down 2020 hat das Team rund um Ali genutzt, um den Laden kom­plett zu reno­vie­ren. Außer­dem war dort ein Coro­na-Test­zen­trum unter­ge­bracht. Nicht alles hat sich geän­dert, die Wand auf der einen Sei­te mit dem cha­rak­te­ris­ti­schen King of Cut-Ber­lin-Graf­fi­ti ist geblie­ben. Ansons­ten beherrscht Holz­op­tik mit herr­lich nost­al­gisch daher­kom­men­den Bar­bier-Stüh­len aus brau­nem Leder die Sze­ne­rie. Doch der Clou ist der aus­ge­bau­te Kel­ler, den man direkt aus dem Laden mit einer Holz­trep­pe erreicht: Denn dort unten befin­den sich wei­te­re drei Plät­ze, qua­si ein Sepa­ré für Ken­ner. Es sieht im Grun­de genau­so aus wie im obe­ren Salon, aber ein biss­chen etwas Obsku­res hat der Kel­ler­raum durchaus. 

Ach ja, falls es an Bar­geld fehlt: Der Geld­au­to­mat ist in die Schau­fens­ter­schei­be inte­griert. So ist dann doch jeder ori­en­ta­li­sche Bar­bier­sa­lon ein­zig­ar­tig. Was aber über­all ähn­lich ist: Der Kun­de ist König. Jeden­falls bei “King of Cut”. 

Ein voll­kom­men lega­ler Keller-Salon

Joachim Faust

hat 2011 den Blog gegründet. Heute leitet er das Projekt Weddingweiser. Mag die Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen gleichermaßen.

1 Comment

  1. Hal­lo

    ….Das Erstaun­li­che ist auch, dass das Ange­bot der meist tür­ki­schen oder ara­bi­schen Figa­ros vor allem an Män­ner gerich­tet ist

    Wes­halb das so ist , ist nicht schwer zu erra­ten … oder
    Zum Glück lau­fe ich stän­dig mit 3‑Ta­ge-Bart und Glat­ze durch den Wedding

    Grü­ße

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